Im Rausch der Freiheit
Händlern kaufen dürfte.« Er zuckte die Schultern.
Jetzt entschloss sich der junge John Master, das Wort zu ergreifen.
»Aber genau das tun wir ja.« Er wandte sich Kate zu und grinste. »Wir nehmen von den Franzmännern Melasse außerhalb des Hafens und schmuggeln sie an Land. Ist natürlich nicht legal, aber Pa macht das. Ich erledige immer diese Fahrten«, versicherte er mit einigem Stolz.
Der Kaufmann sah seinen Sohn gereizt an.
»Das reicht, John«, sagte er laut. »Was uns jetzt alle interessieren würde«, sagte er und beugte sich zu Eliot, »ist die Meinung meines Cousins bezüglich des morgigen Prozesses.«
Eliot Master schaute auf den Tisch hinunter. Wenn er ehrlich war, verspürte er eine gewisse Erleichterung. Hatte ihm vor der Ankunft in diesem Haus insgeheim vor der Möglichkeit gegraust, seine Tochter könnte sich in ihren gut aussehenden Cousin vergucken, hatte er sich beim Anblick des nunmehr gesäuberten jungen Mannes und bei der Erkenntnis, dass er zweifellos der Erbe eines Vermögens war, welches das seinige bei Weitem überstieg, mit einer unbehaglichen Frage konfrontiert gesehen: Hatte er wirklich das Recht – wie immer er zu diesen New Yorkern und ihren speziellen Geschäften auch stehen mochte –, Kate zu verbieten, falls sie es wünschte, einen so reichen Verwandten zu heiraten? Bislang hatte er mit sich gerungen. Jetzt aber hatte der Junge durch seinen dummen Einwurf sich selbst und seine Familie als das entlarvt, was sie waren: nicht nur Sklavenhändler, sondern auch Schmuggler. Die Herkunft ihres umso viel größeren Vermögens war geklärt. Natürlich würde er ihnen gegenüber höflich bleiben. Aber wenn man Eliot Master fragte, waren sie nichts Besseres als Verbrecher. Seine Pflicht als Vater verlangte somit von ihm lediglich, seiner Tochter die Augen zu öffnen, damit sie diesen jungen Gauner als das sah, was er wirklich war.
Nunmehr beruhigt richtete er seine Gedanken auf den Prozess des Johann Peter Zenger.
So wichtig die morgige Verhandlung für die amerikanischen Kolonien auch war, lag ihre Ursache in England. Politische Ereignisse in London brauchten nie lange, um sich in Boston und New York auszuwirken. Wie Dirk Master zu sagen pflegte: »London beschert uns Gesetze, Kriege und Huren.« Wobei er mit »Huren« allerdings die königlichen Gouverneure meinte.
Wenngleich es löbliche Ausnahmen gab, wie etwa Gouverneur Hunter, kamen die meisten dieser Männer nach Amerika nur, um sich die Taschen zu füllen, und den Kolonisten war das durchaus klar. Und der gegenwärtige Gouverneur war einer von der schlimmsten Sorte. Gouverneur Cosby war käuflich. In kürzester Zeit hatte er sich widerrechtlich größere Summen angeeignet, hatte Jurys und Wahlen manipuliert und Richter entlassen, die ihm nicht gaben, was er wollte. Da die einzige Zeitung der Stadt vom Gouverneur kontrolliert wurde, die New York Gazette, hatten ein paar Kaufleute eine eigene, das New York Weekly Organ, gegründet, um gegen William Cosby zu opponieren und aufzuzeigen, wie er seine Macht missbrauchte. Ein Drucker namens Johann Peter Zenger war damit beauftragt worden, ihre unabhängige Zeitung zu verlegen. Der Gouverneur war indes fest entschlossen, ihr weiteres Erscheinen zu unterbinden. Zu diesem Zweck hatte er Zenger im vergangenen Jahr ins Gefängnis geworfen und wollte ihm jetzt wegen aufwieglerischer Ehrverletzung den Prozess machen.
Eliot Master legte die Finger beider Hände aneinander. Als Anwalt sah er mehrere strittige Punkte. »Meine erste Anmerkung«, begann er, »betrifft die Umstände von Zengers Verhaftung. Nach meinen Informationen ist er kein reicher Mann.«
»Er ist ein armer Einwanderer aus der deutschen Pfalz«, sagte der Kaufmann. »1710 kam er auf der Queen Anne hier an, sein Vater war während der Überfahrt gestorben. Wurde hier zum Drucker ausgebildet, bei William Bradford. Dann hat er sich allerdings auch als talentierter Mann der Feder entpuppt.«
»Und nach seiner Verhaftung hat der Gouverneur veranlasst, dass seine Kaution auf eine solch horrende Summe festgesetzt wurde, die Zenger unmöglich aufbringen konnte? Weswegen er acht Monate lang im Gefängnis schmachten musste?«
»So ist es.«
»Dann haben wir es hier mit einer prinzipiellen Frage zu tun«, sagte der Bostoner Anwalt. »Einer unverhältnismäßigen Kautionsforderung. Das dürfte nicht erlaubt sein. Aber das Hauptproblem«, fuhr er fort, »besteht darin, dass der königliche Gouverneur beleidigt worden
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