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Im Reich der Löwin

Im Reich der Löwin

Titel: Im Reich der Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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die Sicherheit seiner Geliebten schlussendlich wichtiger zu sein als ihre ständige Nähe. »Das interessiert mich nun wirklich überhaupt nicht«, warf Richard bissig ein. Aber Aliénor brachte ihn mit einer ärgerlichen Geste zum Schweigen.
    »Lass die junge Dame ebenfalls in dieses Kloster bringen«, riet sie nüchtern. »Damit sie ein wenig Gehorsam und Demut lernt.« Ein schalkhaftes Funkeln trat in ihre Augen. Als Richard zu einem Protest ansetzte, schnitt sie ihm erneut das Wort ab. »Um Ludwig von Blois brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Dessen Unterstützung ist dir sicher.« Sie lächelte wissend. »Die Ehe mit Jeanne war ohnehin nicht das Richtige, um ihn an dich zu binden. Es wird wesentlich wirkungsvoller sein, wenn du ein wenig nett zu ihm bist.« Kaum dämmerte dem englischen König, was diese Worte bedeuteten, starrte er seine Mutter entgeistert an, da diese keine Gelegenheit ungenutzt ließ, ihm wegen seiner Bindung an den Barden Blondel Vorhaltungen zu machen. »Warum machst du ihn nicht mit dem jungen Henry Plantagenet bekannt«, schlug sie beiläufig vor. »Ich denke, das wäre das Beste für alle Parteien.« Damit war die Diskussion für sie beendet. Sie erhob sich mühsam, um sich an der Seite ihres Sohnes in den Grande Salle zu begeben, in dem in Kürze das Abendessen aufgetragen werden würde. Während des Mahls hüllte sich Richard Löwenherz in nachdenkliches Schweigen, beobachtete die unter seinem forschenden Blick errötende Jeanne eindringlich und gab Roland, der wie immer für sein leibliches Wohl sorgte, so knappe Befehle, dass diesem Schlimmes schwante. Auch den jungen Ludwig von Blois betrachtete er mit zusammengekniffenen Augen. Als dieser tatsächlich dem rotblonden Henry Plantagenet ein Lächeln schenkte, das keine Fragen offen ließ, lehnte er sich mit einem anerkennenden Kopfschütteln zurück und ließ einen Bissen Hasenbrust auf der Zunge zergehen.
     
    ****
     
    Keine zwei Stunden später schloss Roland, dessen Oberlippe ein leichter Schweißfilm bedeckte, die Tür zum Gemach seines Herrn. Dann spannte er die Schultermuskeln, um dem entgegenzutreten, was unvermeidlich schien, denn das Verhalten des englischen Löwen war mehr als eindeutig. Nur ein Ahnungsloser hätte die Blicke missdeuten können, mit denen Richard die an diesem Abend besonders atemberaubende Jeanne bedacht hatte. Ehe er niederknien konnte, um seinem Halbbruder die schweren Stiefel von den Füßen zu ziehen, traf ihn eine solch gewaltige Ohrfeige, dass er gegen den kostbaren Wandteppich taumelte. Im Gegensatz zu den Züchtigungen, die er schon vorher von seinem jähzornigen Halbbruder erhalten hatte, lag in diesem Schlag die gesamte Kraft des Hünen. Und bevor Roland sich von dem Schock erholen konnte, wurde er grob auf die Beine gezerrt und auf die breite Bettstatt geschleudert. »Du willst dich mir widersetzen?«, knurrte Löwenherz gefährlich leise und führte die Hand zum Gürtel, in dem ein juwelenbesetzter Dolch stak. »Dann zeig, dass du Manns genug dazu bist.« Ein grausamer Zug legte sich um seinen Mund, als er mit drei langen Schritten an eine Truhe trat, den Deckel aufschlug und eine zweite Waffe hervorzog, die der seinen an Pracht in keinster Weise nachstand. Mit staubtrockenem Gaumen versuchte Roland, die Furcht zu schlucken, die in ihm aufstieg. Aber je mehr er dagegen ankämpfte, desto weiter schien diese sich in seinem Körper auszubreiten. Mit eisiger Kälte legte sich die Klaue der Todesangst um sein Herz, während er sich verzweifelt fragte, wie der König ausgerechnet jetzt herausgefunden haben mochte, dass Jeanne und er seinen Befehl missachtet hatten. Irgendjemand musste sie beobachtet haben!, fuhr es ihm durch den Kopf. Doch bevor er den Gedanken weiterspinnen konnte, grub sich Richards Rechte in den Kragen seines Surkots , und er verlor den Boden unter den Füßen.
    »Da du bereit bist, dich mit mir anzulegen«, zischte Löwenherz, dessen Mund so nahe an Rolands Gesicht war, dass dieser die schwache Maserung der Zähne erkennen konnte, »sollten wir es von Mann zu Mann ausfechten.« Ein furchtbares Glimmen trat in seine Augen, als er grimmig hinzusetzte: »Die Regeln des ritterlichen Zweikampfes sind dir ja bekannt.« Roland schluckte und senkte den Blick zu der Waffe, die Richard ihm hart in die Hand drückte, ehe er ihn von sich schleuderte und den eigenen Dolch zog. Die Waffe gegen den König zu erheben, war Hochverrat! »Gleiche Wahl der Waffen«, spuckte Löwenherz

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