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Im Reich der Löwin

Im Reich der Löwin

Titel: Im Reich der Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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mit einem abgehackten Stöhnen in das im Schlamm liegende Mädchen unter sich, dessen Haar sich unaufhaltsam mit Schmutz und Blut vollsog. Auch wenn er sich durch die Tat mit den gemeinen Aufständischen auf eine Stufe stellte, war der Druck in seiner Lendengegend zu groß, als dass er widerstehen konnte. Gemeinsam mit einem Dutzend Handwerksburschen hatte er das eisenbeschlagene Tor des zweistöckigen Steinhauses im Herzen der Stadt aufgebrochen und das vornehme Gebäude gestürmt. Die von Mordlust getriebenen Plünderer hatten die Bewohner des Handelskontors ohne viel Federlesens getötet. Erst als sie sich mit Tuchballen und anderer Ware beladen aus dem brennenden Haus hatten retten wollen, war Guillaume der nackte Fuß der jungen Frau aufgefallen, die sich hinter einem Stapel leerer Kisten verkrochen hatte. Mit vor Erregung hämmerndem Herzen hatte er das Mädchen aus seinem Versteck gezerrt und es entgegen allen besseren Vorsätzen in den Hof gestoßen, wo er sich im Schutz des noch intakten Gesindehauses an ihr verging. Zu Anfang hatte sie versucht, sich zu wehren, hatte ihm die langen Fingernägel durch das rußverschmierte Gesicht gezogen und heftig mit den Füßen nach ihm getreten. Doch nachdem er ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzt hatte, war sie unter ihm erschlafft und hatte ihn leise wimmernd gewähren lassen. Als er sich in sie entleert hatte, zog Guillaume sich aus ihr zurück und versetzte hämisch: »Du hast die Wahl.« Er lächelte kalt und ließ die Cotte über seine langsam erschlaffende Männlichkeit fallen. »Entweder hier zu verbrennen oder die Männer auf der Straße um dein Leben zu bitten.« Als sie heftig schluchzend die wunden Knöchel zum Mund führte, setzte er grinsend hinzu: »Den Preis kennst du ja jetzt.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und eilte in die Rauchschwaden davon, die das niederbrennende Elternhaus des Mädchens verursachte.
     
    ****
     
    Derweil Guillaume die Straßen entlanghastete, um William FitzOsbern ausfindig zu machen, trat Herbert Poore, der Bischof von Salisbury, stirnrunzelnd vom Fenster seines Stadtpalastes zurück und warf seinem Kollegen, Hugh of Lincoln, einen sorgenvollen Blick zu. Die klaren grauen Augen waren überschattet vom Entsetzen über die Ausmaße, die der von der Versammlung der Kirchenmänner schweigend geduldete Aufstand angenommen hatte. Das auf seinen Kragen fallende Doppelkinn zitterte kaum wahrnehmbar. »Wenn man hätte ahnen können«, begann er und faltete die rissigen Hände vor der Brust. Aber Hugh of Lincoln fiel ihm mit einer ungeduldigen Geste ins Wort. »Macht Euch nichts vor, Poore«, versetzte er mit einem verächtlichen Unterton in der tiefen Stimme. »Dass es nicht ohne Blutvergießen abgehen würde, muss Euch doch klar gewesen sein.« Nachdem er den hochgewachsenen Lincoln einige Atemzüge lang schweigend gemustert hatte, ließ der Bischof von Salisbury sich mit einem leisen Seufzer auf eine dick gepolsterte Sitztruhe fallen und starrte auf den Saum seines purpurfarbenen Surkots. »Was nützt ein Regierungswechsel, wenn die Stadt bis auf die Grundmauern niederbrennt?«, fragte er schließlich verdrießlich. »Wir hätten der Sache Einhalt gebieten müssen!« Mit ärgerlich gerunzelten Brauen fuhr Hugh ihn an: »Ist es für diese Art von Reue nicht ein bisschen spät?«, knurrte er. »Wenn Ihr nicht durch Zufall das Dokument in seiner Kammer gefunden hättet, hättet Ihr dieser Natter doch vertraut bis zum Jüngsten Tag!« Seine Verachtung für den Schutzbefohlenen des Bischofs von Salisbury war beinahe greifbar. Als Herbert Poore das graue Haupt senkte, setzte er bissig hinzu: »Er hat Euch benutzt! Das ist Euch doch klar?« Seine Stimme war schneidend. »Wenn er es nicht für notwendig erachtet hätte, wäre die Klausel für immer und ewig in der Versenkung verschwunden. Und wir hätten niemals erfahren, wie wir Löwenherz die Unterstützung verweigern können, ohne Hochverrat zu begehen.«
    Müde fuhr sich der Bischof von Salisbury durch das ohnehin bereits zerwühlte Haar und kam nach einigen Augenblicken des Zögerns mühsam auf die Beine. Sein nur schlecht von dem kostbaren Gewand verschleierter Bauch schien den leuchtenden Stoff zerreißen zu wollen, als er tief Atem holte, sich den kurzen Bart strich und mit einem Seufzer beschied: »Es ist eine Kunst, rechtzeitig zu kapitulieren«, orakelte er. »Da diese Barbaren offenbar vorhaben, die Stadt in Schutt und Asche zu legen, ist es nicht schwer, das kleinere

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