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Im Reich der Löwin

Im Reich der Löwin

Titel: Im Reich der Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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einem wütenden Schnauben wollte er seinem immer noch am Boden liegenden Hengst einen ungeduldigen Tritt in den Bauch versetzen. Aber ein Blick auf die vor Schmerz geblähten Nüstern genügte, um zu erkennen, dass das Tier nie wieder aufstehen würde. Der in einem bizarren Winkel vom Körper des Fuchses abstehende rechte Vorderlauf war kurz über dem Fesselgelenk gebrochen. Was zur Folge hatte, dass es wirkte, als sei der Huf halb abgetrennt. Die weit aufgerissenen Augen des Hengstes rollten wild hin und her, während von seinem Maul blutiger Schaum in den Schnee troff. Ohne viel Federlesens zog Mercadier das breite Schwert, holte aus und trieb es dem Tier direkt ins Herz. Mit einem letzen Blick auf den nun regungslos im Schnee liegenden Hengst wischte er die Waffe an seinem Umhang ab, stieß einen weiteren derben Fluch aus und machte sich auf den Weg zu dem vor ihm liegenden Rittergut, um sich ein Ersatztier zu besorgen.
    Zu der Schande der missglückten Jagd kam mit jedem Schritt die Demütigung hinzu, wie ein Bauer zu Fuß gehen zu müssen. Als er endlich die hohen Tore des Gutes erreicht hatte, kochte er beinahe über vor Zorn. Kaum wurde ihm bei schwindendem Abstand klar, dass die aus der Ferne intakt wirkenden Gebäude halb verfallen und unbewohnt waren, wollte er gerade wieder kehrtmachen, als ihn eine Bewegung aus dem Augenwinkel nach links blicken ließ. Dort verschwand in ebendiesem Augenblick ein dunkelblauer Rock in einer Scheune, deren Dachstuhl schon vor langer Zeit ein Raub der Flammen geworden war. Erneut vom Jagdfieber gepackt, zog der Normanne mit einem erwartungsvollen Lächeln ein weiteres Mal die Waffe und eilte über den vernachlässigten Hof. Dann trat er mit einem mächtigen Tritt die windschiefe Tür aus den Angeln und blickte sich forschend in dem nach altem Schafdung stinkenden, zwielichtigen Inneren des Gebäudes um. Neben verrostetem Gerät und den kläglichen Überresten eines Heubodens boten halb vermoderte Weinfässer die einzige Möglichkeit, sich zu verstecken. Während sein Herz vor Vorfreude bis zum Hals hämmerte, durchmaß der Ritter mit wenigen langen Schritten den Raum, stieß einige der Fässer zur Seite und baute sich über dem in einer Ecke zusammengekauerten Mädchen auf, dessen strähniges blondes Haar unter einer schmutzigen Haube hervorlugte. Ein warmes Gefühl der Vorfreude breitete sich in ihm aus, als die Bauerntochter ihn furchtsam anstarrte und anfing, leise zu weinen.
    »Was treibst du hier?«, herrschte Mercadier sie an, grub die Pranke in ihr Haar und zog sie grob auf die Beine. Bei dem Zittern, das durch ihren mageren Körper lief, spürte er Erregung durch seine Adern pulsieren, und bevor sie etwas erwidern konnte, schlug er ihr hart ins Gesicht. »Antworte, wenn du gefragt wirst!« Schluchzend zog sein Opfer die knochigen Schultern hoch, um sich vor dem nächsten Hieb zu schützen. Die ohnehin scharfen Falten um den Mund des Normannen vertieften sich, als er den schmalen Mund zu einem grausamen Lächeln verzog. Dann stieß er das Mädchen so heftig von sich, dass es zu Boden taumelte, und kniete sich mit gezücktem Dolch neben sie. »Es gibt Mittel, dich zum Reden zu bringen«, drohte er und presste Daumen und Zeigefinger in ihre Wangen, um sie dazu zu zwingen, den Mund zu öffnen. Als der Schmerz unerträglich wurde, stieß die Leibeigene einen heiseren Laut aus. Ehe sie den Mund wieder schließen konnte, hatte Mercadier ihre Zunge ergriffen und sie so weit herausgezogen, dass das Mädchen anfing zu würgen. »Vielleicht brauchst du einen Vorgeschmack auf das, was ich mit dir machen werde, wenn du nicht antwortest«, zischte er und fuhr mit der Klinge seines Messers quer über die Zunge, die augenblicklich aufklaffte. Der Schrei des Mädchens war so markerschütternd, dass ein räudiger Kater mit steil aufgerichtetem Schwanz das Weite suchte. »Du denkst, das tut weh?«, fragte Mercadier und ließ sein Opfer los, um die Hand unter ihre Röcke zu schieben. Mit einem brutalen Griff fuhr er ihr zwischen die Beine und zog kurz darauf die Finger wieder zurück.
    »Weißt du, wie wundervoll Angst stinkt?«, fragte er höhnisch und hob erneut die Waffe, um sein Werk fortzusetzen. Bevor er ihr jedoch ein weiteres Mal die Zunge aus dem Mund reißen konnte, wurde er von Hundegebell und Hufgetrappel unterbrochen, das von den eingefallenen Mauern des Gutes widerhallte. Kurz darauf wurde die Tür der Scheune von William Marshal aufgestoßen, der die Szene sofort

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