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Im Reich des Vampirs

Im Reich des Vampirs

Titel: Im Reich des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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die Sidhe -Seher nicht mehr. Eine einst hochangesehene Klasse wurde obsolet. All jene, die in der Gesellschaft geschätzt wurden, verloren sozusagen über Nacht ihre Aufgaben und Ziele. Mit der Zeit ging das Sidhe-Wissen verloren. Die Talente lagen brach. Und was den Verbleib der Übriggebliebenen betrifft – sehen Sie sich genau um. Beobachten Sie die Menschen auf der Straße. Wenn Ihnen ein Feenwesen begegnet, wenden Sie den Blick ab und schauen Sie sich die anderen Leute an. Einige Sidhe- Seher wissen, was sie sind. Andere sind in Behandlung und bekommen Medikamente wegen psychischer Störungen. Wiederum andere verraten sich bei der ersten Begegnung mit einem Feenwesen und werden dafür getötet. So habe ich herausgefunden, was Sie sind. Ich habe beobachtet, wie Sie die Schatten anstarren.«
    Psychische Störungen? Ich stellte mir vor, ich hätte die Monster, die mir in den vergangenen Wochen begegnet waren, schon als Kind gesehen, keine Erklärung für sie gehabtund festgestellt, dass niemand sonst sie sehen kann. Ich hätte meiner Mutter davon erzählt. Sie wäre entsetzt gewesen und hätte mich sofort zu einem Psychologen gebracht. Und wenn ich dem Psychologen die Wahrheit gesagt hätte? Medikamente – jede Menge. So was ging ganz schnell. Wie viele Sidhe -Seher liefen da draußen herum und waren so gleichgültig durch Beruhigungsmittel geworden, dass sie sich überhaupt nicht mehr darum kümmerten, was in der Welt vor sich ging? »Diese Grand Mistress hatte also das Sagen?«
    Barrons nickte.
    Â»Gibt es heute noch so eine Grand Mistress?«
    Â»Man sollte vermuten, dass das Geschlecht, in dem es seit Jahrtausenden Sidhe -Seher gab, das Wissen bewahrt hat.«
    Eine ausweichende Antwort, die ich nicht akzeptierte. »Was soll das heißen? Wissen Sie, ob es eine gibt, oder nicht? Und wenn ja, wo ist sie?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Falls es eine geben sollte, dann ist ihre Identität absolut geheim.«
    Â»Dann wissen Sie also doch nicht alles. Erstaunlich.«
    Er bedachte mich mit einem schwachen Lächeln. »Erledigen Sie Ihre Aufgabe, Miss Lane. Sie mögen noch schändlich jung sein, die Nacht ist es nicht mehr.«

    Meine »Aufgabe« beschränkte sich darauf, durch die Kirche zu laufen und die Grabreihen auf dem Friedhof sowie die Mausoleen abzuschreiten und meine Antennen, von denen ich bis vor Kurzem nichts gewusst hatte, auszufahren, um Dinge aufzuspüren, die mir bis vor wenigen Wochen noch gänzlich fremd gewesen waren.
    Die unmarkierten Grabstellen hinter der Kirche hob ich mir bis zuletzt auf. Ich war bis zu den Zähnen bewaffnetmit Taschenlampen, obwohl ich wusste, dass sich hier keine Schatten herumtrieben. Dort, wo sich die Schatten niedergelassen hatten, gab es keine zirpenden Grillen, kein Gras, das sich im Wind wiegte, und kein Laub an den Bäumen.
    Ich hatte mich darauf gefasst gemacht, dass mein nächtlicher Spaziergang auf dem Friedhof gruselig sein würde. Mit der besänftigenden, friedvollen Wirkung, die die stille Welt der Toten auf mich ausübte, hatte ich ganz bestimmt nicht gerechnet. Der natürliche Tod war Teil des Lebens. Nur der unnatürliche Tod – wie der von Alina – widersprach der Ordnung und verlangte Vergeltung – eine Maßnahme, mit der das kosmische Gleichgewicht wiederhergestellt werden konnte. Im Vorbeigehen las ich die Grabinschriften, die nicht von Wind und Wetter zerstört waren – die meisten waren innig und warmherzig. Erstaunlich viele Achtzig-, sogar Hundertjährige waren hier begraben. Das Leben in Irland war früher einfach, gut und ungewöhnlich lang gewesen, insbesondere das der Männer.
    Barrons wartete im Wagen. Ich sah seine Silhouette, als er in sein Handy sprach.
    Ein machtvolles Feenobjekt aufzufinden ist ein Talent, das nicht alle Sidhe -Seher haben. Laut Barrons kommt es sogar äußerst selten vor. Alina hatte diese Gabe auch – deshalb hatte der Lord Master sie benutzt.
    Man darf nicht glauben, dass ich die Ähnlichkeit zwischen uns nicht erkenne: meine Schwester und der Lord Master, Barrons und ich. Der Unterschied ist: Ich glaube nicht, dass Barrons vorhat, die Menschheit zu vernichten. Zwar hat er meiner Ansicht nach nicht viel für die Menschen übrig, aber ich denke nicht, dass er den Wunsch verspürt, uns alle auszulöschen. Ein weiterer Unterschied ist, dass er nie

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