Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Reich des Vampirs

Im Reich des Vampirs

Titel: Im Reich des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
Vom Netzwerk:
betrachtete das blaue Meer, beobachtete die anmutigen alabasterfarbenen Vögel, die Fische aus den Wellen pickten. »Wie alt bist du?«
    Â»Das«, antwortete er, »kann man nur schätzen. In dieser Inkarnation lebe ich seit hundertzweiundvierzigtausend Jahren. Bist du im Bilde über die Inkarnationen?«
    Â»Ihr trinkt aus dem Kelch.«
    Er nickte.
    Wie lange dauert es wohl, bis man wahnsinnig wird?, überlegte ich. Meine kurzen zweiundzwanzig Jahre hatten mich schon gehörig auf die Probe gestellt. Vergessen scheint ein großer Trost zu sein. Ich dachte über die Folgen eines Gedächtnisverlustes nach und begriff, warum die Feenwesen den Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszögerten. Wenn sie fünfzig- oder hunderttausend Jahre beobachten, lernen, Allianzen schließen und Feindschaften aufbauen, dann war die Entscheidung, alle Erinnerungen aufzugeben, bestimmt schwierig. Immerhin wusste man danach nicht mehr, wer Feind oder Freund war.
    Aber die Feinde würden ihn noch kennen.
    Ich fragte mich, ob die Feenwesen von ihren Artgenossen gezwungen wurden, aus dem Kelch zu trinken, um sie von dem Schritt in den Irrsinn abzuhalten. Oder aus niederträchtigeren Gründen.
    Und ich fragte mich auch, ob V’lane immer genau wusste, wo ich war und was ich vorhatte, ob er für das Massaker im Haus des greisen Walisers verantwortlich war.
    Â»Hast du das Amulett gestohlen?«
    Er lachte. »Ah, darauf warst du also aus. Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht. Es verstärkt den Willen, MacKayla.«
    Â»Was willst du damit sagen?«
    Â»Ich habe keine Verwendung dafür. Mein Wille muss nicht verstärkt werden. Mein Wille formt die Welten. Das Amulett wurde für eine wie dich geschaffen, für jemanden, der keinen nennenswerten Willen hatte.«
    Â»Nur weil wir die Realität mit unseren Gedanken nicht manipulieren können, heißt das noch lange nicht, dass wir keinen Willen besitzen. Vielleicht formen wir ja doch dieWirklichkeit, nur auf einer anderen Ebene, und du siehst das nicht.«
    Â»Vielleicht. Die Königin hat den Verdacht, dass es so sein könnte.«
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Deshalb hat sie mich geschickt, dir zu helfen. Dann kannst du uns helfen, und gemeinsam sind wir möglicherweise in der Lage, unsere beiden Völker zu retten. Hast du etwas über das Sinsar Dubh erfahren?«
    Ich überlegte einen Moment. Sollte ich es ihm erzählen? Was konnte ich sagen? Vielleicht konnte ich mein Wissen als Druckmittel einsetzen. »Ja.«
    Die Palmen hörten auf zu schwanken, die Wogen erstarrten, die Vögel hielten mitten in der Bewegung inne. Trotz der Sonne fröstelte ich. »Würdest du bitte die Welt wieder instand setzen?« Mir war unheimlich kalt. Plötzlich bewegte sich alles wieder.
    Â»Was hast du erfahren?«
    Â»Kanntest du meine Schwester?«
    Â»Nein.«
    Â»Wie kann das sein? Du wusstest von mir.«
    Â»Wir sind auf dich aufmerksam geworden, weil wir Barrons beobachtet haben. Deine Schwester kannte Barrons nicht, sonst wäre sie uns aufgefallen. Ihre Wege haben sich nie gekreuzt. Jetzt erzähl mir vom Sinsar Dubh .«
    Â»Warum habt ihr Barrons beobachtet?«
    Â»Man muss ein Auge auf Barrons haben. Das Buch, MacKayla.«
    Ich war noch nicht fertig. Das Buch war ein großes Thema und bestimmt mehr Informationen wert. »Kennst du den Lord Master?«
    Â»Wen?«
    Â»Du machst Witze, oder?«
    Â»Nein. Wer ist dieser Lord Master?«
    Â»Er bringt die Unseelie in unsere Welt. Er ist ihr Anführer.«
    V’lane sah mich erstaunt an. Und drückte mit dem Blick das Gefühl aus, das ich hatte. Er und Barrons wussten so viel, dennoch fehlten ihnen entscheidende Informationen. In mancherlei Hinsicht waren sie so schlau und trotzdem waren sie blind für gewisse Dinge.
    Â»Ist er ein Feenwesen?«, wollte V’lane wissen.
    Â»Nein.«
    Das schien er nicht zu glauben. »Wie kann das sein? Die Feenwesen würden niemals einem Menschen gehorchen.«
    Ich hatte nicht behauptet, dass der Lord Master ein Mensch war. Er war mehr als das. Aber dass V’lane das Wort Mensch so verächtlich ausgesprochen hatte – als seien wir eine der niedrigsten Lebensformen –, ärgerte mich so sehr, dass ich mir die Mühe sparte, ihn genauer ins Bild zu setzen. »Du bist derjenige, der angeblich allwissend ist.«
    Â»Ich bin allmächtig, nicht allwissend.

Weitere Kostenlose Bücher