Im Saal der Toten
auf ein Schild, das den Eingang zum tropischen Tieflandregenwald markierte.
Scotty marschierte los, Ellen und ich folgten ihm. »Draußen frier ich mir den Arsch ab. Und hier drinnen komm ich mir vor wie im Wohnwagen meiner Schwiegermutter in Lauderdale. Ich glaube, ich bekomme Hitzewallungen.« Er knöpfte sich im Gehen die Jacke auf und lockerte die Krawatte.
Ein Betonweg schlängelte sich durch die dicht gepflanzten Bäume und Büsche. Ohne den asphaltierten Untergrund hätte man meinen können, im brasilianischen Dschungel zu sein. Riesige Blätter und Farnwedel neigten sich bis zu unseren Köpfen herab. Das leise Geriesel des Wassers aus einer Sprinkleranlage war das einzige Geräusch weit und breit.
Scotty wurde ungeduldig. »Zeldin? Ist da jemand?«
Seine Stimme hallte in dem hohen Raum, und aus einer kleinen schilfbedeckten Hütte, die vor uns am Wegesrand stand, war ein schlurfendes Geräusch zu hören.
»Was ist das?«, fragte ich.
Ellen las die Inschrift auf dem großen Hinweisschild mit dem Foto einer dunkelhäutigen Frau, die ein paar Blätter zwischen den Händen zerrieb. »Das Haus einer Heilerin.«
»Ich geb dem Kerl gleich was zu heilen. Mir wird’s langsam zu heiß hier drinnen«, sagte Scotty und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Gibt’s hier drin auch Affen?«
Über uns raschelte es und wir blickten nach oben. Eine dunkelgrüne Hängeleiter aus Metallseilen, die unter dem dichten Blätterwerk kaum zu sehen war, führte einen kahlen Stamm entlang über fünfzig Stufen nach oben zu einem Höhenweg, der die ganze Länge des Raumes einnahm. Auf der Plattform kniete ein Mann in einer Arbeitslatzhose, der sich jetzt aufrichtete und über das Geländer beugte, um die braun gefärbten Blattspitzen abzuzupfen.
»Hey, Kumpel. Haben Sie Zeldin gesehen?«, fragte Scotty.
Der Mann legte den Kopf schief und blinzelte. »No comprende, señor. No lo sé.«
»Wenn ich’s euch sage: Ich komm mir vor wie in Scheiß-Santo Domingo. Gehört der Kerl zur Ausstellung oder arbeitet der wirklich hier? Was glaubt ihr?«
Hinter einer scharfen Rechtskurve verließen wir den Regenwald und kamen in einen Saal, der aussah, als wäre er für ein viktorianisches Anwesen erbaut worden. Die Luftfeuchtigkeit sank merklich, und Hängepflanzen hingen über einem langgestreckten, rechteckig geformten Wasserbecken, in dessen Mitte sich ein stufenförmiger Brunnen mit Wasser speienden nackten Göttinnen befand.
Scotty bückte sich, tauchte sein Taschentuch in die grünliche, schleimige Flüssigkeit und wischte sich damit über die Stirn, bevor ich ihn davon abhalten konnte.
An einer Seite des Raumes führte eine Rampe zwischen flechtenbedeckten Felswänden nach unten in einen dunklen, engen, mehrere hundert Meter langen Tunnel aus hässlichem Wellblech, der die Seitenflügel des Gewächshauses miteinander verband. War dieses unbehagliche Gefühl, das mich überkam, eine Nachwirkung meiner klaustrophobischen Erfahrung am Poe Cottage, oder empfanden meine Begleiter dasselbe wie ich?
Als wir aus dem Tunnel herauskamen, standen wir in einer künstlich angelegten afrikanischen Wüste, die so trocken war wie der Regenwald feucht. Zeldin saß nicht weit entfernt mit dem Rücken zu uns im Rollstuhl.
Scotty blieb oben auf der Rampe stehen und rang nach Luft. Ellen und ich gingen zu Zeldin hinüber, der den Kopf drehte, als er unsere Schritte hörte.
»Ich hoffe, dass Sie mich ohne Probleme gefunden haben.«
Ellen und ich antworteten höflich, um Scottys Beschwerde zuvorzukommen.
»Der Detective meinte, Sie hätten noch ein paar Fragen an mich«, sagte Zeldin in seiner eigentümlich gedehnten Sprechweise. »Schießen Sie los.«
Aus dem angrenzenden Korridor war Lachen zu hören, und ich sah auf. Zwei Teenager in Baggy-Jeans und Kapuzensweatshirts wurden von einem dritten mit einer Gießkanne in der Hand gejagt.
»Ich würde das Gespräch gerne in Ihrem Büro führen«, sagte Ellen.
»Hier sind wir auch ungestört, junge Dame.«
»Die Jungen dort – sind die mit ihrer Schulklasse hier?«
»Um Himmels willen, nein. Nur ein paar Jungs aus dem Viertel, die sich hier nützlich machen.« Zeldin lächelte. »Ich habe ihnen die Fleisch fressenden Pflanzen in der Halle nebenan gezeigt – sie waren sehr beeindruckt.«
»Wer ist Fleisch fressend?«, fragte Scotty, der endlich näher kam und Zeldin die Hand schüttelte.
»Die Venusfliegenfalle, die Kannenpflanze«, sagte Zeldin und rollte in Richtung
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