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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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bevorzugten Wirkungsbereich des Täters, nach außen hin gelbe, dann grüne, blaue und violette Ringe.
    »Sie sagen mir, wo er sich seine Opfer aussucht«, sagte Karras. »Er hat ganz eindeutig einen Bereich, in dem er sich wohl fühlt, und wie wir wissen, stellen die Frauen aus seiner Sicht ein geringes Risiko dar, weil sie allein und manchmal betrunken sind. Seine Handschrift ist offensichtlich – das Messer, die Strumpfhose, seine gewählte Ausdrucksweise, die Art und Weise, wie er sich sein Opfer gefügig macht. Der Computer wertet alle geographischen Daten aus – in welchem Gebiet er sich bewegt, wo er zuschlägt.«
    »Und dann?«
    »Laut Statistik flüchten rechtshändige Kriminelle in der Regel nach links, werfen ihre Waffe jedoch nach rechts weg. Das haben Sie noch nicht bedacht, oder? Wir schauen, was passiert, wenn man von jedem der Tatorte nach links flüchtet. Ich will herausfinden, wo ihn das hinführt.«
    »Oh.« Ich stocherte kleinlaut in meinem Rührei und dem entkoffeinierten Kaffee herum, der inzwischen lauwarm geworden war.
    »Wussten Sie, dass Männer bergab und Frauen bergauf laufen, wenn sie sich verirrt haben?«
    Jetzt konnte ich ihm nicht mehr folgen. »Die Gegend hier ist flach wie eine Flunder, Greg. Wir sind hier nicht in San Francisco.«
    »Der Typ, der dieses Programm vor zehn Jahren entwickelt hat, hat es auf einen Serienvergewaltiger in Vancouver angewandt. Er kreierte exakt die gleiche Karte, wie ich sie entwickeln werde. Er hatte neunundsiebzig Tatorte, und der Computer setzte den roten Punkt exakt dorthin, wo der Täter wohnte. Am nächsten Tag hat man ihn verhaftet.«
    »Neunundsiebzig Vergewaltigungen, bevor der Fall aufgeklärt wurde? Da waren ja nicht mehr viele Stellen in Vancouver übrig, an denen man noch hätte suchen können. Wenn ich noch so viele Verbrechen erlebe, bin ich zu alt zum Feiern.«
    »Wenn wir so lange warten, hat keiner von uns mehr seinen Job«, sagte Mercer. Da vibrierte sein Handy, das auf dem Tisch lag. »Wallace. Hey, Loo, was gibt’s?«
    Es war 4:17 Uhr morgens, und ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Der Lieutenant machte sich zweifellos Sorgen darüber, wie viele Überstunden er Mercer für diese Aktion genehmigen musste.
    Mercer stand auf, ging mit dem Handy zur Tür und kritzelte etwas auf eine Serviette, die ihm eine Bedienung über die Theke reichte. Dann klappte er das Handy zu und winkte uns zu sich, während er die Rechnung bezahlte.
    »Können Sie ein Taxi ins Hotel nehmen, Greg? Alex und ich haben noch zu tun.«
    Mercer drückte die Tür auf. Der kalte Windstoß, der uns auf dem Gehsteig empfing, machte mich wieder munter.
    »83. Straße Ost, zwischen der First und York Avenue. Ein Brownstone-Haus mit einer verschlossenen Haustür. Opfer weiß, Strumpfhose, ein Überfall mit vorgehaltenem Messer.«
    Karras gab die Adresse in seinen PalmPilot ein. »Mannomann, sobald diese Perversen irgendwas gut können, ändern sie ihren Stil nicht mehr.«
    Mercer ignorierte den Profiler. »Dieses Mal gibt es einen Unterschied, Alex. Die Frau ist tot.«

 

11
     
    Mike Chapman erwartete uns in der Eingangstür des kleinen Hauses und versuchte mich zu ärgern, indem er einen alten Sam-Cooke-Song pfiff: »Another Saturday night and I ain’t got nobody …«
    »Hast du nichts Besseres zu tun, Coop?«, fragte er und reichte uns Latexhandschuhe und Überschuhe, damit wir die Wohnung betreten konnten, die Hal Sherman und seine Mannschaft noch auf Spuren untersuchten.
    »Wo geht’s lang?«, fragte Mercer.
    »Zweiter Stock. Eine Etagenwohnung.«
    Ich folgte Mike und Mercer ins Treppenhaus, dessen Geländer und gelb gestrichene Wände mit schwarzem Fingerabdruckpulver überzogen waren.
    »Ist sie noch hier?«, fragte Mercer.
    »Wir haben sie vor einer Viertelstunde rausgeschafft. Ich wollte den Nachbarn am Sonntagmorgen den Anblick eines Leichensacks ersparen.«
    Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock stapelte sich Shermans Ausrüstung. Ich stieg über die Metallkoffer hinweg in den Wohnungsflur.
    Hal kniete auf dem Boden und schoss Fotos von den Flecken auf dem Läufer im Flur. Wahrscheinlich Blutflecken. Ich drückte ihm die Schulter und blieb hinter ihm stehen, bis er fertig war und uns begrüßte.
    »Steht der Todeszeitpunkt schon fest?«, fragte Mercer.
    »Der Gerichtsmediziner glaubt, dass sie erst seit ein paar Stunden tot ist«, sagte Mike. »Ein Freund der Verstorbenen kam um zwei Uhr in die Wohnung. Sie waren verabredet, aber sie kam

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