Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
Vom Netzwerk:
wurde. Ist es ein Geist längst vergangener Zeiten oder gar ein Relikt aus der Gruft von Edgar Allan Poe?‹ Was zum Teufel soll das, Alex?«
    »Könnte ich den Artikel lesen, bevor –«
    »Pat McKinney hat mich gerade angerufen. Er meint, Sie wüssten darüber Bescheid. Er sagt, Sie hätten Diamond diese Story zugespielt.«
    McKinney, der stellvertretende Leiter der Prozessabteilung, war ein schrecklich kleinkarierter Vorgesetzter, dem es große Freude zu bereiten schien, meine Arbeit zu torpedieren. Seine Frau hatte ihn eine Woche vor Weihnachten wegen seiner langjährigen Affäre mit einer Kollegin vor die Tür gesetzt, seitdem schlug er wie wild um sich, so als würde sein Leid dadurch geringer, dass er anderen das Leben zur Hölle machte.
    »Ich weiß darüber Bescheid, und ich hätte Ihnen davon erzählen sollen. Ich weiß auch, von wem Diamond den Tipp bekommen hat, aber er war nicht von mir. Es tut mir Leid – ich war gestern so mit der Grand Jury beschäftigt, außerdem hätte ich nicht gedacht, dass sich die Presse dafür interessiert. Jedenfalls nicht, bevor die Polizei herausgefunden hat, wer sie ist und wie sie ums Leben kam.«
    Reue konnte Battaglia milde stimmen, jedoch musste man sie meist mehrmals bekunden, bevor er locker ließ.
    »Was hat es mit dem Skelett auf sich? Ich will alles wissen.«
    Ich gab ihm die wenigen Informationen, die ich hatte; er stellte mir rund ein Dutzend Fragen, auf die ich keine Antworten wusste.
    Für den Rest des Tages hatte ich mir ein Entspannungsprogramm vorgenommen. Ich zog meine Ballettklamotten an, schlüpfte in eine Aufwärmhose und meine gefütterten Stiefel, um durch den Central Park zu meiner samstagvormittäglichen Ballettstunde zu laufen. Zwei Stunden lang streckte und dehnte ich mich und machte Übungen an der Stange, um die Verspannungen zu lösen, die sich im Laufe der Woche angesammelt hatten.
    Dann ging ich zu Fuß zu meinem Friseursalon, wo ich mich von Elsa und Nana mit einem Haarschnitt und blonden Strähnchen verwöhnen ließ.
    Auf dem Nachhauseweg holte ich mir bei Grace’s Marketplace zum Abendessen ein Zitronenhühnchen und gedünsteten Brokkoli. Mercer wollte mich gemeinsam mit dem Profiler um Mitternacht abholen und bis vier Uhr morgens die Runde drehen, also legte ich mich am frühen Abend kurz hin und machte danach mein Essen in der Mikrowelle warm, bevor wir zu unserer Profiling-Expedition aufbrachen.
    Als der Portier über den Summer verkündete, dass Mercer auf mich warte, zog ich zu meinen Jeans einen schwarzen Anorak an und ging nach unten.
    Mercer hielt mir die Tür eines zerbeulten alten Chevy Malibu auf, dessen abblätternder Lack mal ein kräftiges Marineblau gewesen war, und ich rutschte auf den Rücksitz. »Wo hast du denn die Karre her?«
    »Sie gehört dem Nachbarssohn. Fällt nicht so auf wie ein Streifenwagen oder ein Taxi. Alex, darf ich dir Greg Karras vorstellen?«
    Wir schüttelten uns über die Sitzlehne die Hand. »Freut mich, Sie kennen zu lernen. Danke, dass Sie gekommen sind. Wie gehen wir vor?«
    »Der Kerl macht Ihnen ja ganz schön zu schaffen. Ich habe mir die alten Polizeiberichte angesehen, und Mercer sagt, dass er ungefähr um diese Uhrzeit zuschlägt, richtig?«
    »Ja, nie früher.«
    »Ich würde gerne alle Tatorte abfahren, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie er sich an seine Opfer heranpirscht und welche Fluchtwege ihm zur Verfügung stehen.«
    Mercer und ich hatten die Tatorte für Karras auf einer Karte eingezeichnet. Wir beschlossen, uns von Norden nach Süden vorzuarbeiten und fuhren zu der ruhigen Straße, die Schauplatz eines der ersten Überfälle gewesen war. Mercer parkte am Straßenrand und zeigte auf einen Hauseingang zehn Meter vor uns. »Dort links, die Stufen mit dem gusseisernen Geländer.«
    Karras stieg aus und ging bis zur Straßenecke. Ein Pärchen schlenderte eng umschlungen die Straße hinunter und blieb unter einer Laterne stehen, um sich zu küssen. Der Mann blickte über die Schulter zu Karras. Es gab weit und breit keinen Baum, hinter dem sich der Täter hätte verstecken können.
    »Sieh dir das an, Mercer.« Ich zeigte auf eine Frau, die sich unserem Auto von hinten näherte. »Wenn sie nicht aufpasst, sitzt sie am Montag in meinem Büro.«
    Die untersetzte junge Frau machte einen angetrunkenen Eindruck. Sie war etwas wackelig auf den Beinen, führte Selbstgespräche und fischte in ihrer Handtasche umständlich nach ihrem Schlüssel. Sie stand mit dem Rücken zu uns zwischen

Weitere Kostenlose Bücher