Im Saal der Toten
finden kann, und ich werde dafür sorgen, dass du für immer den Mund hältst.‹ Dann packte er mich am Arm und schleifte mich durch den Hintereingang hinaus auf die Straße. Dort hat er seine Tasche in eine Mülltonne geworfen, was ich ganz komisch fand.«
»Wie sind Sie ihn losgeworden?«
»Er hat mich zur U-Bahn gebracht und gewartet, bis ich eingestiegen bin. Er hat gesagt, dass ich meine Mutter nie wieder sehen würde, falls ich irgendjemandem außer meinem Freund davon erzähle.«
»Ich bin froh, dass du dich entschlossen hast, es jemandem zu erzählen, Darcy.«
»Es blieb mir nichts anderes übrig. Ich habe in der Nacht so schlimm geblutet, dass mich meine Mutter ins Krankenhaus bringen musste.« Sie lächelte Alan Vandomir an. »Dort hat man dann die Polizei verständigt.«
Ich wandte mich an Vandomir. »Haben Sie Dr. Foster einen Besuch abgestattet?«
»Am Samstagvormittag, durch die Hintertür. Die Tasche lag noch in der Mülltonne. Und Lucky Pierre saß an seinem Schreibtisch.«
»Welche Art Medizin darf er praktizieren?«
»Keine. Deshalb sind wir hier.«
Ich sah die gutgläubige Jugendliche an und fragte mich, was passiert wäre, wenn nicht zufällig jemand an die Tür geklopft hätte. »Erzählen Sie mir bloß nicht, dass er Gärtner oder Friseur ist.«
»Nein. Er ist MTA. Er ist nur dazu befugt, Blut abzunehmen. Von Gynäkologie oder sonstigen medizinischen Sachen hat er nicht die geringste Ahnung. Aber es wird Ihnen nicht gefallen, wo er arbeitet, Alex.«
»Ich trau mich gar nicht zu fragen.«
»Er arbeitet für den Midtown Community Court. Seine Aufgabe ist es, Prostituierte auf Geschlechtskrankheiten zu testen.«
»Der öffentliche Dienst ist eine wunderbare Sache, nicht wahr? Jetzt wird mir der oberste Verwaltungsrichter auf die Pelle rücken, weil ich ihn mit dieser Verhaftung in eine peinliche Lage bringe.«
Seit seiner Gründung vor fast zehn Jahren war der Midtown Community Court, kurz MCC, eine umstrittene Einrichtung. Der Bürgermeister und der Verwaltungsdirektor des Strafgerichts wollten einige Bagatelldelikte aus dem Strafgericht in der Centre Street auslagern und sie in dem Viertel strafrechtlich verfolgen, in dem sie passierten. Für uns in der Bezirksstaatsanwaltschaft machte es kaum einen Unterschied, ob wir diese Fälle – hauptsächlich Prostitution und kleine Drogengeschäfte – bearbeiteten oder nicht. Aber Battaglia hatte sich immer dafür eingesetzt, die Zuständigkeit für jede Straftat, und sei sie noch so geringfügig, zu behalten; folglich würde er sich über diesen Fehltritt seiner Gegner freuen.
»Ich werde die Anklage auf sexuellen Missbrauch und unerlaubte Ausübung des Arztberufes ausstellen. Dann kann Darcy die eidesstattliche Erklärung unterschreiben und für heute gehen.«
Als Mercer um zwei Uhr in mein Büro kam, hatte ich Vandomirs Anklageerhebung fertig und die Anklageschrift im Falle des Serienvergewaltigers John Doe eingereicht. Bis ich die Runde gemacht hatte – von meinem Büro im achten Stock zur Grand Jury im neunten, zum Verwaltungsbeamten des obersten Gerichts im zehnten und dann hinauf zum fünfzehnten, damit der zuständige Richter die Anklage entsiegelte –, war es nach drei Uhr.
Mike Chapman wartete an meinem Schreibtisch auf mich. »Langsam wird die Sache interessant, Coop.«
»Warst du heute Vormittag bei der Autopsie?«
»Ja. Du kannst deinem Kumpel Kroon sagen, dass du dein Versprechen gehalten hast. Wenn Emily Upshaw nicht schon tot war, bevor Dr. Kirschner sie aufgeschnippelt hat, dann ist sie es jetzt mit Sicherheit.«
»War alles so offensichtlich, wie es aussah?«
»Fünf Messerstiche in den Rücken. Hat das Herz, eine Lunge, die Niere und alles andere von Bedeutung erwischt.«
»Wurde sie –«
»Vergewaltigt? Das wissen wir noch nicht. Kein Sperma in der Vagina, aber freu dich nicht zu früh. Sie hatte ein paar blaue Flecken an den Innenseiten der Oberschenkel, so als hätte jemand es zumindest versucht. Euer Täter hat es auch nicht immer zum Abschluss gebracht, oder?«
Mercer und ich sahen uns an und nickten.
»Außerdem hat die Spurensicherung etwas Ungewöhnliches im Badezimmer entdeckt.«
»Was?«
Mike zog ein Polaroidfoto aus seiner Jackentasche. »Seht euch mal das Waschbecken rechts im Bild an. Mit dem Scheuerpulver oben drauf.«
»Ja, und?«
»Emily hatte nicht gerade einen Putzfimmel. Seht euch die schmuddeligen Handtücher und den Rand in der Badewanne an.«
Auf dem Foto konnte man deutlich
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