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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Gebäudes. Unterhalb des Erdgeschosses befand sich noch ein Stockwerk, das von der Straße aus nicht zu sehen war. Phelps öffnete das Kombinationsschloss und schaltete das Licht ein.
    »Die Verwaltung weiß noch nicht, wie sie dieses Gebäude nutzen wird«, sagte Zeldin. »Ehrlich gesagt halte ich es nach dem Gewächshaus für das architektonische Juwel der gesamten Anlage. Das obere Stockwerk dient als Lagerraum für die Bibliothek des Botanischen Gartens, aber Phelps hat mir geholfen, diesen Bereich für den Rabenverein herzurichten.«
    Eine Hälfte des Kellers war ein offener Raum mit riesigen Sofas und Sesseln, die aussahen, als kämen sie von der Heilsarmee. Die andere Seite war in mehrere kleine Räume abgeteilt und wie eine kleine Bürosuite gestaltet. An den Wänden reihten sich Bücherregale, auf jeder freien Fläche standen Raben in allen Größen und Formen – von ausgestopften Tieren bis hin zu Raben aus Porzellan oder geschnitztem Elfenbein.
    »Halten Sie hier Ihre Treffen ab?«, fragte ich.
    »Selten. Aber hier bewahren wir alle unsere Dokumente und Forschungsarbeiten auf. Manche Mitglieder kommen einfach nur wegen der Atmosphäre gern hierher. Hier können sie es sich bequem machen, in den Wald hinaussehen und ein gutes Buch lesen.«
    »Und die Mitglieder können nach Belieben ein- und ausgehen? Kennen sie alle die Zahlenkombination des Schlosses?«, fragte Mercer.
    »Glücklicherweise wohnt Phelps hier.«
    »Hier, in der Tabakmühle?«, fragte Mike.
    »Nein, nein«, sagte der Parkverwalter. »Haben Sie die Kutscherhäuser gesehen, an denen wir vorbeigefahren sind? In einem davon wohne ich.«
    Mir waren drei Gebäude aufgefallen, kleiner als die Mühle, aber im selben Stil erbaut, mit Holzgiebeln über den Türen und Fenstern.
    »Natürlich ist die Mühle nur während der Öffnungszeiten des Gartens erreichbar«, sagte Zeldin. »Der ganze Park ist eingezäunt. Aber mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage ist der Botanische Garten das ganze Jahr über geöffnet. Und ja, die Mitglieder können nach Belieben ein- und ausgehen.«
    Er rollte in das erste Büroabteil und bat uns, ihm zu folgen. Im Büro zog sich Zeldin an der Tischkante aus dem Rollstuhl und stützte sich auf den Tisch, während er aus einem Aktenschrank die Papiere herausholte, um die wir ihn gebeten hatten.
    Mercer und Mike starrten ihn an. Ich wusste, dass sie herausfinden wollten, wie viel Kraft und Beweglichkeit er in den Beinen hatte, um beurteilen zu können, ob er vielleicht bei den jüngsten Verbrechen eine Rolle gespielt hatte. Aber Zeldin sank wieder in den Stuhl, bevor wir uns einen genaueren Eindruck von seiner Beweglichkeit verschaffen konnten.
    »Hier sind die Unterlagen, die Sie sehen wollten, Detective. Eine Kopie unserer Mitgliederliste. Sie können sie behalten. Ich verlasse mich darauf, dass Sie die Mitglieder pfleglich behandeln.«
    Mike breitete die Papiere auf dem Schreibtisch aus, und wir beugten uns über sie. Die Liste war nach Städten geordnet. Baltimore, Boston, Philadelphia, Richmond – die meisten Mitglieder stammten aus Orten, an denen sich auch Poe längere Zeit aufgehalten hatte. Der Rest wohnte in New York City. Zu meiner Enttäuschung kannte ich bis auf Zeldin keinen Namen.
    Mike blätterte zur letzten Seite, die mit den Initialen PNG überschrieben war. Wir starrten auf einen Namen, der uns förmlich ins Gesicht sprang. »Wer sind diese Leute hier?«, fragte Mike.
    » PNG? Personae non gratae, Mr Chapman. Nicht jeder im Verein kennt unsere Geschichte so gut wie ich. Einige Leute versuchen vielleicht, sich erneut zu bewerben, wenn Oldtimer wie ich nicht mehr am Leben sind. Damit wollen wir sichergehen, dass gewisse Leute nie in unsere Reihen aufgenommen werden.«
    Mike setzte sich auf den Schreibtischstuhl. »Warum steht Noah Tormey auf dieser Liste?«

 

29
     
    »Ich habe Noah Tormey vor fünfundzwanzig Jahren kennen gelernt«, sagte Zeldin. »Vielleicht ist es auch schon etwas länger her. Ein recht intelligenter junger Mann. Er sah sich als Gelehrten, obwohl ich wahrscheinlich nicht so großzügig wäre. Er unterrichtete damals im Anglistischen Seminar der New York University und wollte sich für eine Doktorarbeit ein paar Bücher von mir leihen, die nicht mehr lieferbar waren.«
    »Hat er Sie hier, im Botanischen Garten, besucht?«
    »Große Güte, nein. Damals war ich nur ein einfacher Bibliothekar. Aber ich war in literarischen Kreisen für meine Poe-Sammlung bekannt – seine Werke, aber auch

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