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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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hätte je gewagt, seine Große königliche Gemahlin zu verstoßen, zumal sie Anteil am Wesen des Pharaos hat? Und da erdreistet sich so ein hethitischer Krieger, ausgerechnet von mir, Ramses, zu fordern, daß ich das Gesetz unserer Vorfahren breche!«
    Zärtlich ergriff Ramses Isets Hände.
    »Du hast für Ägypten gesprochen, wie es einer wahren Königin geziemt, doch jetzt ist es an mir zu handeln.«

    Durch eines der drei hohen Fenster mit steinernem Gitterwerk fiel das Licht der untergehenden Sonne in das geräumige Arbeitszimmer des Königs ein und überzog Sethos’ Statue mit einem goldenen Schimmer. Dank der Magie des Bildhauers und der rituellen Öffnung von Mund und Augen zum Leben erweckt, ging von dem Standbild des Herrschers eine Botschaft aus, die allein sein Sohn empfing und die ihm den rechten Weg wies.
    Kahle Wände, eine ausgebreitete Landkarte des Vorderen Orients auf dem großen Tisch, ein Sessel mit gerader Rückenlehne für den Pharao und Stühle mit Strohgeflecht für seine Besucher, eine Sammlung heiliger Schriften zum Schutz der königlichen Seele und eine Truhe zum Aufbewahren von Papyrusrollen, das war die karge Ausstattung des Raumes, in dem Ramses der Große einsame, für die Zukunft des Landes folgenreiche Entscheidungen traf.
    Der Herrscher hatte Rat eingeholt bei den Weisen aus dem Haus des Lebens in Heliopolis, bei den Oberpriestern der wichtigsten Heiligtümer, bei Ameni, beim Wesir und bei den Vorstehern der höchsten Ämter im Staat, dann hatte er sich in sein Arbeitszimmer eingeschlossen und mit der Seele seines 55

    Vaters Zwiesprache gehalten. Früher hätte er mit Nefertari und Tuja darüber reden können, doch Iset die Schöne kannte ihre Grenzen und war ihm keine Hilfe. Die Last der Einsamkeit wuchs. Schon bald mußte er seine zwei Söhne einer Prüfung unterziehen, um herauszufinden, ob sich der eine oder der andere dazu eignete, das bereits vom ersten Pharao begonnene Werk fortzusetzen.
    Ägypten war stark und zerbrechlich zugleich. Stark, weil das Gesetz der Maat die Unzulänglichkeiten der Menschen überdauerte, und zerbrechlich, weil die Welt in einem Wandel begriffen war, bei dem sie immer größere Zugeständnisse an Tyrannei, Habgier und Eigennutz machte. Die Pharaonen würden gewiß am längsten darum kämpfen, daß die Maat regieren konnte, die Verkörperung der göttlichen Weltordnung, der Gerechtigkeit sowie der Liebe, die alles Leben miteinander verband. Sie, die Pharaonen, wußten nämlich, daß diese Welt ohne Maat nur ein Kampfplatz wäre, auf dem Barbaren sich um ihrer Vorteile willen mit immer gefährlicheren Waffen schlugen und dabei jede Beziehung zu den Göttern zerstörten.
    Der Maat zu ihrer Herrschaft über das Chaos zu verhelfen, über Gewalt, Ungerechtigkeit, Lüge und Haß, das war die Aufgabe des Pharaos, der er in brüderlicher Übereinstimmung mit den unsichtbaren Mächten nachkam. Und was der König der Hethiter von ihm verlangte, stand der Maat entgegen.
    Ein Wachsoldat geleitete Acha herein, der über einem Leinenschurz ein unglaublich edles Hemd mit langen Ärmeln trug.
    »Ich würde nicht gerne an einer Stätte wie dieser arbeiten«, erklärte er Ramses, »die ist wirklich zu schmucklos.«
    »Schon mein Vater mochte keinen üppigen Zierat, und ich mag ihn auch nicht.«
    »Pharao zu sein läßt der Phantasie nicht genügend Raum.
    Wer dich beneidet, ist entweder dumm oder leichtfertig. Hat 56

    Deine Majestät eine Entscheidung getroffen?«
    »Meine Beratungen sind beendet.«
    »Ist es mir gelungen, dich zu überzeugen?«
    »Nein, Acha.«
    Der Vorsteher des Amtes für die Beziehungen zu den Fremdländern betrachtete die Landkarte des Vorderen Orients.
    »Das habe ich befürchtet.«
    »Hattuschilis Forderungen sind beleidigend. Ihnen nachzugeben hieße, das Pharaonentum zu verleugnen.«
    Acha tippte mit dem Zeigefinger auf das Reich der Hethiter.
    »Und sie abzulehnen kommt einer Kriegserklärung gleich, Majestät.«
    »Verurteilst du meinen Entschluß?«
    »Er kennzeichnet den Pharao und Ramses den Großen. Dein Vater hätte keinen anderen gefaßt.«
    »Wolltest du mich in eine Falle locken?«
    »Ich tat nur meine Pflicht als Gesandter, im Sinne des Friedens. Wäre ich Ramses’ Freund, wenn ich ihn nicht auf die Probe stellte?«
    Ein schwaches Lächeln huschte über die Lippen des Königs.
    »Wann erteilt Deine Majestät den Befehl, alle Truppen zu den Waffen zu rufen?«
    »Mein Oberster Gesandter zeigt wenig Zuversicht.«
    »Deine

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