Im Schatten der Akazie
könnte noch mehr dahinterstecken!
Vielleicht ist sogar Ramses bedroht …«
»Erkläre mir das genauer.«
Ein wenig wirr, aber ohne eine Einzelheit auszulassen, berichtete Setaou, wie Lotos und er den unerlaubten Geschäften der Herrin Cherit ein Ende bereitet hatten.
»Was sind schon Geständnisse eines Banditen wie dieses Kapitäns wert? Der wird auf gut Glück irgendeinen Namen genannt haben.«
»Er kam mir aufrichtig vor«, wandte Setaou ein.
Serramanna war aufs höchste bestürzt.
»Ameni … Das ist der letzte, dem ich je zugetraut hätte, den König und sein Land zu betrügen.«
»Heißt das, mir hättest du das schon zugetraut?«
»Laß mich mit deiner Empfindlichkeit in Frieden! Wir reden von Ameni.«
»Du mußt ermitteln, Serramanna.«
»Ermitteln, ermitteln! Das ist leicht gesagt. Während des Festes der Erneuerung habe ich mich um die Sicherheit von Ramses zu kümmern. Außerdem verriegelt Ameni alles! Falls 190
er Unredlichkeiten begangen hat, dürfen wir ihn nicht warnen, um ihm keine Gelegenheit zu geben, Beweise zu vernichten.
Stell dir einmal vor, wir beschuldigen ihn ohne triftigen Grund!«
Setaou stützte den Kopf auf seine Hände.
»Der Schiffsführer hat Ameni beschuldigt. Lotos und ich sind Zeugen.«
Dem Sarden wurde übel. Daß ein Mann wie Ameni, der Inbegriff der Treue, nur daran gedacht haben sollte, sich zu bereichern, erfüllte ihn mit Abscheu. Auf Menschen war wirklich kein Verlaß! Das schlimmste daran war, daß Ameni womöglich mit Verschwörern im Bunde stand. Diente sein geheimes Vermögen etwa dazu, den Arm der Feinde von Ramses zu bewaffnen?
»Ich bin zwar betrunken«, gab Setaou zu, »aber ich habe dir alles gesagt. Jetzt sind wir drei, die es wissen.«
»Mir wäre es lieber, du hättest mir etwas anderes anvertraut.«
»Wie gedenkst du vorzugehen?«
»Ameni verfügt über eine Dienstwohnung im Palast, aber er schläft fast immer in seiner Amtsstube. Dort müssen wir uns unauffällig umsehen, sobald wir ihn herausgelockt haben …
Falls er da Gold oder kostbare Steine versteckt hat, werden wir sie finden. Wenn er das Haus verläßt, wird er pausenlos überwacht, und wir verschaffen uns Klarheit über alle Personen, die er empfängt. Zwangsläufig muß er mit anderen Mitgliedern seines Netzes in Verbindung stehen. Hoffen wir, daß meinen Männern kein Fehler unterläuft … Falls die Ordnungskräfte des Wesirs von dieser Untersuchung Wind bekommen, kriege ich großen Ärger.«
»Wir müssen an Ramses denken, Serramanna.«
»Was glaubst du wohl, an wen ich denke?«
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SIEBENUNDZWANZIG
N DIESEM MORGEN betete ganz Ägypten für Ramses.
W
A ie würde er nach so langer Regierungszeit die ungeheure Energie verkraften, die von der Gemeinschaft der Götter und Göttinnen ausging? Falls sein Leib nicht mehr imstande war, diesen Ka zu fassen, würde er zerstört wie ein zerbrechliches Gefäß. Dann kehrte das Licht seiner Herrschaft zum himmlischen Licht zurück, und sein einbalsamierter Leichnam würde bestattet. Wurde die Kraft des Königs aber erneuert, strömte das frische Blut auch durch die Adern des Landes.
Aus allen Provinzen des Nordens wie des Südens waren die Standbilder der Gottheiten im Tempel der Erneuerung von Pi-Ramses eingetroffen, wo Kha sie empfangen hatte. Für die Dauer des Festes war der Pharao ihr Gastgeber und hielt sich selbst an einem geheiligten, von der Welt abgeschiedenen Ort auf.
Als Ramses sich im Morgengrauen ankleidete, dachte er an Ameni. Wie unendlich lang mußten seinem Obersten Schreiber diese Tage erscheinen! Während der gesamten Zeit der Zeremonien konnte er den König nicht um Rat fragen und war gezwungen, viele Dinge, die er für dringend hielt, auf später zu verschieben. Nach Amenis Meinung wurde Ägypten nie gut genug verwaltet, und kein Beamter nahm seine Aufgabe so ernst, wie er dies eigentlich sollte.
Die Doppelkrone auf dem Haupt, in einem Gewand aus gefälteltem Leinen über einem golddurchwirkten Schurz und in goldenen Sandalen erschien Ramses am Eingang des Palastes.
Zwei »Söhne des Königs« verneigten sich vor dem Herrscher. Sie trugen lange Perücken, Hemden mit weiten, in kleine Falten gelegten Ärmeln und Schurze, die beinahe bis 192
zum Boden reichten. Jeder hielt einen Stab in der Hand, dessen oberes Ende wie ein Widder geformt war, eine der Verkörperungen Amuns, des verborgenen Gottes.
Langsam schritten die beiden Standartenträger dem Pharao bis zum Tempel der Erneuerung voraus. Vor dem
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