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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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verhandeln?«
    »Das liegt mir nicht.«
    »Pech für dich … Du hättest nicht allein kommen dürfen!«
    »Sei ohne Sorge, ich habe eine Verbündete.«
    Am Eingang des Vorratshauses tauchte Lotos auf. Die zierliche und hübsche Nubierin, mit nackten Brüsten und nur mit einem kurzen Schurz aus Papyrus bekleidet, hielt einen Weidenkorb in der Hand, der mit einem ledernen Deckel verschlossen war.
    Die Herrin Cherit mußte lachen.
    »Eine wahrhaft gewichtige Verbündete!« höhnte sie.
    »Sag deinen Handlangern, sie sollen verschwinden«, forderte Setaou sie ruhig auf.
    »Nehmt euch der beiden da an!« befahl Cherit ihren Männern barsch.
    Lotos stellte ihren Korb auf den Boden und öffnete ihn. Ihm entwanden sich vier sehr erregte Puffottern, die an den 181

    zweierlei Blautönen und der grünen Färbung, die ihren Hals zierten, unschwer zu erkennen waren. Mit furchterregendem Zischen preßten sie die Luft aus ihren Lungen.
    Da sprangen die Lagerarbeiter über die aufgestapelten Stoffe und stürzten Hals über Kopf hinaus.
    Die Schlangen umzingelten die Herrin Cherit, die einer Ohnmacht nahe war.
    »Du tätest besser daran, endlich zu reden«, riet ihr Setaou.
    »Das Gift dieser Tiere ist sehr wirksam. Du stirbst vielleicht nicht daran, aber die Schäden, die es in deinem Leib anrichtet, lassen sich nicht mehr heilen.«
    »Ich gestehe alles«, gelobte die kleine dunkelhaarige Frau.
    »Wer ist auf den Gedanken verfallen, die für die Tempel bestimmten Güter beiseite zu schaffen?«
    »Das war … mein Mann.«
    »Bist du dir da ganz sicher?«
    »Mein Mann … und ich.«
    »Wie lange währt euer unerlaubter Handel schon?«
    »Etwas mehr als zwei Jahre. Wenn es dieses Fest der Erneuerung nicht gäbe, hätte man nichts von uns gewollt, und alles wäre weitergegangen …«
    »Ihr mußtet Schreiber bestechen.«
    »Das war nicht nötig. Mein Mann fälschte die Verzeichnisse, und wir setzten die Waren in mehr oder minder großen Posten ab. Was ich verkaufte, war reichlich vorhanden.«
    »Wer war der Käufer?«
    »Ein Schiffsführer.«
    »Sein Name?«
    »Den kenne ich nicht.«
    »Beschreibe ihn.«
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    »Groß, bärtig, braune Augen, eine Narbe auf dem linken Unterarm.«
    »Bezahlt er dich?«
    »Ja, mit edlen Steinen und ein wenig Gold.«
    »Wann soll der nächste Handel stattfinden?«
    »Übermorgen.«
    »Na schön«, schloß Setaou erfreut, »dann werden wir das Vergnügen haben, ihn zu treffen.«

    Nach einem Tag ohne Zwischenfälle machte der Lastkahn fest.
    Er beförderte Krüge aus gebrannter Tonerde, die dank eines Berufsgeheimnisses der Töpfer von Mittelägypten Wasser ein ganzes Jahr lang trinkbar und kühl hielten. Diese Krüge waren allerdings leer, denn sie sollten dazu dienen, die von der Herrin Cherit erworbenen Waren zu verbergen.
    Der Kapitän hatte seine gesamte Laufbahn in der Handelsschiffahrt zugebracht, und seine Amtsbrüder sahen ihn als vortrefflichen Fachmann an. Kein einziger schwerer Unfall, einhellige Anerkennung bei seinen Mannschaften, geringstmögliche Verspätung bei seinen Lieferungen … Aber seine Geliebten waren kostspielig, und die Ausgaben stiegen viel schneller als seine Entlohnung. Nach einigen Vorbehalten hatte er sich deshalb genötigt gesehen, in den ihm angetragenen Handel einzuwilligen: die Beförderung gestohlener Waren. Die dabei erzielten Zulagen gestatteten ihm, das aufwendige Leben zu führen, nach dem er lechzte.
    Die Herrin Cherit arbeitete ebenso gewissenhaft wie er. Die Fracht würde wie gewöhnlich bereitstehen, und es sollte nicht lange dauern, sie vom Vorratshaus zum Lastkahn zu schaffen.
    Eine alltägliche Tätigkeit, die niemanden in Erstaunen versetzte, dies um so weniger, als die Aufschriften auf den hölzernen Truhen und den Körben besagten, daß sie 183

    Nahrungsmittel enthielten.
    Davor mußte der Schiffsführer allerdings noch eine erbitterte Schlacht schlagen. Zum einen wurde Cherit immer habgieriger, und zum anderen wollte der Händler, der ihm die Waren abnahm, immer weniger dafür bezahlen. Er stellte sich auf eine lange Auseinandersetzung ein, aber letzten Endes waren sie gezwungen, zu einer Übereinkunft zu gelangen.
    Der Schiffsführer begab sich zu Cherits Haus. Wie vereinbart stand sie auf dem Dach und winkte ihm zu. Demnach würde alles seinen gewohnten Verlauf nehmen.
    Er ging durch den Garten und betrat den Empfangsraum mit den zwei blau gestrichenen Säulen.
    Leichtfüßig kam die Herrin Cherit die Treppe herunter. Doch hinter ihr tauchte eine

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