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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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erklärte Puducheba.
    Die Prinzessin kämmte selbst ihr langes Haar, ehe sie es mit einem Duftöl einrieb.
    »Dann soll ich mich also auf meine Abreise vorbereiten.«
    »Hast du Angst?«
    »Im Gegenteil! Ich bin die erste Hethiterin, die sich mit einem Pharao vermählt, und mit welch einem! Mit Ramses dem Großen, dessen Ruhm sogar die Kriegslust der Hethiter 215

    zum Erliegen gebracht hat … Selbst in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir ein so unglaubliches Schicksal nicht vorzustellen gewagt.«
    Puducheba war überrascht.
    »Wir trennen uns für immer, und du wirst dein Land nie mehr wiedersehen. Zerreißt dir das nicht das Herz?«
    »Ich bin eine Frau, und ich werde Ramses heiraten. Ich werde in dem von den Göttern geliebten Land leben, über einen prunkvollen Hof herrschen, in unerhörter Pracht schwelgen, den Zauber eines unvergleichlichen Klimas genießen und ich weiß nicht was noch alles. Aber es genügt mir nicht, mich mit Ramses zu vereinigen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich möchte ihn auch betören. Dem Pharao geht es bisher nicht um mich, sondern nur um das gute Einvernehmen zwischen unseren Ländern und um den Frieden, als ob ich nur ein Satz aus dem Vertrag wäre. Ich werde ihn eines Besseren belehren.«
    »Du läufst Gefahr, enttäuscht zu werden.«
    »Bin ich vielleicht häßlich oder dumm?«
    »Ramses ist kein junger Mann mehr. Vielleicht richtet er nicht einmal seinen Blick auf dich.«
    »Mein Schicksal muß ich selbst in die Hand nehmen, da kann mir niemand helfen. Aber wozu sollte diese Verbannung nützen, wenn ich nicht imstande wäre, Ramses zu erobern?«
    »Deine Heirat mit ihm gewährleistet das Wohlergehen der beiden großen Völker.«
    »Ich werde weder eine Dienerin noch eine Einsiedlerin sein, sondern eine Große königliche Gemahlin. Ramses wird vergessen, woher ich komme, ich werde an seiner Seite herrschen, und jeder Ägypter wird sich vor mir niederwerfen.«
    »Ich wünsche es dir, meine Tochter.«
    216

    »Das will ich, Mutter. Und mein Wille ist nicht schwächer als deiner.«
    Die Sonne kam, obgleich kraftlos, wieder zum Vorschein.
    Der Winter hielt mit seinem Gefolge aus Winden und Kälte Einzug, doch die Straße, die in die ägyptischen Schutzgebiete führte, würde bald benutzbar werden. Puducheba hätte gern Vertraulichkeiten mit ihrer Tochter ausgetauscht, aber war ihr Ramses’ künftige Gemahlin nicht bereits innerhalb der eigenen Wände fremd geworden?

    Raia vermochte sich nicht mehr zu beruhigen.
    Er war mit Uriteschup in einen heftigen Streit geraten, und die beiden Männer hatten sich getrennt, ohne zu einem Einvernehmen zu gelangen. In den Augen des ehemaligen Oberbefehlshabers der hethitischen Armee würde sich die Ankunft der Tochter Hattuschilis zu Ramses’ Schaden nutzen lassen und sollte deshalb nicht vereitelt werden. Raia war hingegen der Meinung, diese Eheschließung zum Wohle der beiden Staaten ersticke die letzten kriegerischen Anwandlungen der Hethiter.
    Mit seinem Verzicht auf Kampf arbeitete Hattuschili Ramses in die Hände. Wenn Raia nur daran dachte, hätte er sich am liebsten seinen kleinen Spitzbart ausgerauft und das buntgestreifte Gewand zerrissen, so sehr ärgerte er sich darüber. Der Haß auf Ramses war sein wichtigster Lebenszweck geworden, und er war bereit, jedes Wagnis einzugehen, um diesen Pharao zu stürzen, dessen Kolossalstatuen in allen großen Tempeln des Landes aufragten.
    Nein, dieser Herrscher durfte nicht weiterhin in allem, was er anpackte, erfolgreich sein!
    Wohlbehagen und Sinnenlust schläferten Uriteschup ein. Er, Raia, hatte hingegen seinen Kampfgeist nicht verloren. Ramses war nur ein Mensch, und nach einer Reihe genau gezielter und 217

    mit Kraft geführter Schläge würde auch er zusammenbrechen.
    Dazu mußte fürs erste die hethitische Prinzessin daran gehindert werden, nach Pi-Ramses zu gelangen.
    Raia nahm sich vor, ohne Uriteschup und seine hethitischen Freunde davon in Kenntnis zu setzen, mit Malfis Hilfe einen Überfall zu planen. Sobald der Anführer der libyschen Stämme erfuhr, daß Ramses’ Sohn Merenptah an der Spitze des ägyptischen Geleittrupps stand, würde er sich alle zehn Finger danach lecken. Welch glanzvoller Streich, gleichzeitig die hethitische Prinzessin, Ramses’ zukünftige Gemahlin, und seinen jüngsten Sohn zu beseitigen!
    Kein Mitglied der Karawane würde überleben, und der Pharao glaubte sicher, eine in ihrem Stolz verletzte, dem Frieden feindlich gesinnte Abteilung der

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