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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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wird.«
    »Du irrst.«
    »Hat er dir auch nur ein einziges, noch so kleines Stückchen Macht zugestanden?«
    Die junge Frau schwieg.
    »In Ramses’ Augen bist du überhaupt nicht vorhanden. Du bist nur eine Hethiterin, die Geisel dieses Friedens, den er letzten Endes brechen wird, um einen Feind zu vernichten, der bis dahin seine Kampfkraft eingebüßt hat. Ramses ist arglistig und grausam. Er hat eine mit aller Spitzfindigkeit ausgeklügelte Falle gestellt, in die ihm Hattuschili prompt gegangen ist. Und du, du bist von deinem eigenen Vater geopfert worden! Vergnüge dich, bis du davon trunken bist, Maat-Flor, genieße die Zeit, denn die Jugend geht schnell vorüber, viel schneller, als du es dir vorstellst.«
    Die Königin kehrte Uriteschup den Rücken zu.
    l »Bist du fertig?«
    »Denke nach über das, was ich dir gesagt habe, dann wirst du feststellen, wie wahr meine Worte sind. Wenn du mich wiedersehen möchtest, laß es mich auf eine Weise wissen, daß Serramanna nichts davon merkt.«
    »Welchen Grund sollte ich haben, dich wiedersehen zu wollen?«
    »Du liebst dein Land ebenso wie ich. Und du findest dich 264

    weder mit einer Niederlage noch mit einer Demütigung ab.«
    Maat-Hor zögerte lange, ehe sie sich wieder umdrehte.
    Da spielte nur noch ein leichter Wind mit dem linnenen Vorhang, von Uriteschup keine Spur mehr. War er nur ein Dämon der Nacht oder leibhaftig hier gewesen, um ihr die Wirklichkeit in Erinnerung zu rufen?

    Die sechs Männer sangen lauthals und traten im Takt dazu in einem großen Trog Trauben ein. Voller Hingabe zerstampften sie mit nackten Füßen die reifen Früchte, die einen vortrefflichen Wein ergeben würden. Von den aus dem Trog aufsteigenden Dämpfen halb benommen, hielten sie sich an einem Gestänge fest. Am eifrigsten war Serramanna bei der Sache, der seinen Gefährten den Rhythmus vorgab.
    »Da ist jemand, der zu dir möchte«, meldete ihm ein Weinbauer.
    »Macht weiter«, befahl der Sarde seinen Männern, »und werdet nicht schlapp!«
    Der Soldat, der ihn sprechen wollte, gehörte den Wüstenjägern an. Er hatte ein zerfurchtes, kantiges Gesicht und trennte sich nie von seinem Bogen, seinen Pfeilen und seinem kurzen Schwert.
    »Ich komme, um dir Bericht zu erstatten«, sagte er zu Serramanna. »Seit Monaten durchstreifen unsere Spähtrupps die Libysche Wüste auf der Suche nach Malfi und den Aufständischen, deren Führung er angeblich übernommen hat.«
    »Habt ihr sie endlich aufgespürt?«
    »Leider nicht. Diese Wüste ist riesengroß, wir können bloß die an Ägypten angrenzenden Gebiete überprüfen. Weiter vorzudringen wäre zu gewagt. Die Beduinen beobachten uns heimlich und warnen Malfi, wenn wir in seine Nähe geraten.
    Für uns ist er wie ein Schatten, der sich nicht fassen läßt.«
    265

    Serramanna war enttäuscht und verärgert. Niemand zweifelte an den Fähigkeiten der Wüstenjäger. Ihr Mißerfolg bewies nur, welch gefährlicher Gegner Malfi war.
    »Steht schon fest, ob er mehrere Stämme miteinander verbündet hat?«
    »Ich bin davon nicht überzeugt«, antwortete der Soldat.
    »Vielleicht handelt es sich wie bei vielen anderen Dingen nur um ein Gerücht.«
    »Hat Malfi sich gerühmt, einen eisernen Dolch zu besitzen?«
    »Davon habe ich nichts gehört.«
    »Laß die Späher weiterhin wachsam sein und benachrichtige beim geringsten Zwischenfall den Palast.«
    »Wie du möchtest … Aber was haben wir denn von den Libyern zu befürchten?«
    »Wir sind sicher, daß Malfi versucht, auf die eine oder andere Art Schaden anzurichten. Außerdem wird er einer Bluttat verdächtigt.«

    Ameni warf nie Geschriebenes weg. Im Laufe der Jahre hatte sich in seinem Amtssitz in Pi-Ramses, in drei nebeneinanderliegenden Räumen, ein ganzes Archiv an Papyrusrollen und hölzernen Schreibtafeln angesammelt. Seine Untergebenen hatten ihm zwar schon mehrfach geraten, sich unwichtig gewordener Schriftstücke zu entledigen, doch Ameni wollte so viele mitunter nützliche Auskünfte wie möglich zur Verfügung haben, ohne sie erst bei verschiedenen Abteilungen der Verwaltung einholen zu müssen, denn deren Langsamkeit brachte ihn bisweilen zur Verzweiflung.
    Der Oberste Schreiber des Königs arbeitete schnell. Seiner Meinung nach wurde jedes Problem um so größer, je länger man dessen Lösung hinausschob. Und zumeist war es am besten, sich nur auf sich selbst zu verlassen und von vornherein 266

    nicht mit zahlreichen Verbindungen zu rechnen, die nur flugs abrissen, sobald sich

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