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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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werden?«
    »Gewiß, Majestät, aber wieviel werden wir bekommen? Die letzten Erträge waren so dürftig, daß uns diese unverzichtbaren Substanzen auszugehen drohen. Und was wird aus der Harmonie des Landes, wenn die Rituale nicht mehr zur Zufriedenheit der Götter abgehalten werden?«

    Kaum war Ramses in die Hauptstadt zurückgekehrt, da tauchte Ameni, die Arme mit Papyrusrollen beladen, im Arbeitszimmer des Königs auf. Jeder fragte sich, woher ein so schwächlich aussehender Schreiber nur die Kraft schöpfte, so schwer zu schleppen.
    »Majestät, du mußt schnellstmöglich eingreifen! Die Steuer auf die Lastkähne ist zu hoch und …«
    Er stockte. Ramses’ ernste Miene hielt ihn davon ab, ihn mit weiteren Einzelheiten zu behelligen.
    »Wie groß sind unsere Vorräte an Weihrauch und Myrrhe?«
    »Das kann ich im Augenblick nicht genau beantworten, ich muß es erst überprüfen … Aber sie sind nicht besorgniserregend.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Weil ich Vorkehrungen getroffen habe. Wenn unsere Bestände deutlich gesunken wären, wüßte ich es.«
    »In der Region um Theben werden sie bald knapp.«
    273

    »Setzen wir die Vorräte aus den Speichern von Pi-Ramses ein, und hoffen wir, daß die nächsten Erträge reichlicher ausfallen.«
    »Betraue andere mit deinen weniger wichtigen Aufgaben, und nimm dich vordringlich dieses Problems an!«

    Eilends beorderte Ameni den Aufseher über die Vorräte der Beiden Weißen Häuser in seine Amtsstube und mit ihm zusammen den Vorsteher des Schatzhauses sowie den Obersten aus dem Haus der Kiefer, dem die Verwaltung der Güter fremdländischer Herkunft unterstellt war. Die drei Würdenträger, allesamt um die Fünfzig, standen in der Blüte ihrer Jahre.
    »Ich mußte eine wichtige Zusammenkunft verlassen«, klagte der Vorsteher des Schatzhauses. »Hoffentlich bemühst du uns nicht ohne triftigen Grund.«
    »Ihr seid alle drei zuständig für unsere Vorräte an Weihrauch und Myrrhe«, rief ihnen Ameni in Erinnerung. »Da mich keiner von euch gewarnt hat, nehme ich an, daß ihr nichts Beunruhigendes zu melden habt.«
    »Ich habe beinahe kein Olibanum mehr«, bekannte der Aufseher über die Beiden Weißen Häuser, »aber bei meinen Amtsbrüdern ist das sicher anders.«
    »Ich habe auch nur noch eine geringe Menge«, gab der Vorsteher des Schatzhauses zu. »Allerdings ist der Punkt, an dem es bedenklich wird, noch nicht ganz erreicht, deshalb hielt ich es nicht für nötig, meine Amtsbrüder davon in Kenntnis zu setzen.«
    »Bei mir sieht es genauso aus«, sagte der Oberste aus dem Haus der Kiefer. »Wären meine Vorräte in den nächsten Monaten noch weniger geworden, dann hätte ich nicht gesäumt, etwas zu unternehmen.«
    274

    Ameni war entsetzt.
    Die drei hohen Beamten hatten die Anordnung zu wörtlich genommen, die Schriftzeichen über deren Sinn erhoben und, wie nur allzu oft, sich untereinander nicht verständigt.
    »Sagt mir genau, wie groß eure Vorräte noch sind.«
    Amenis Berechnungen dauerten nicht lange: Noch vor der nächsten Aussaat würde es in Ägypten kein Körnchen Weihrauch mehr geben, dann waren Myrrhe und Olibanum aus den Arzneikammern und den Tempeln verschwunden.
    Und im ganzen Land würde Unmut gegen Ramses’
    Sorglosigkeit aufkeimen und anwachsen.
    275

    NEUNUNDDREISSIG
    MMER NOCH so schön wie eine Morgenröte im Frühling, b
    I ereitete Neferet, die Oberste Heilkundige, für einen Zahn ihres erlauchten Patienten ein Gemisch aus Pistazienharz, Honig, Kupferspänen und ein wenig Myrrhe zu.
    »Es besteht kein Geschwür«, erklärte sie Ramses, »aber das Zahnfleisch ist empfindlich und neigt zunehmend zu Entzündungen. Deine Majestät möge die Mundspülungen mit einem Absud von Weidenrinden nicht vergessen.«
    »Ich habe längs des Flusses und an den Ufern anderer Gewässer Tausende von Weiden pflanzen lassen; du wirst also schon bald über große Mengen dieser Rinde verfügen.«
    »Danke, Majestät! Ich verordne dir noch eine Paste auf der Grundlage von Zaunrüben, Wacholder, Sykomorenfeigen und Weihrauch, die du kauen solltest. Und weil ich gerade von Weihrauch und Myrrhe spreche, die Schmerzen bemerkenswert gut lindern, möchte ich dich davon in Kenntnis setzen, daß uns diese Mittel bald ausgehen werden.«
    »Ich weiß, Neferet, ich weiß …«
    »Wann erhalten die Heiler und die Chirurgen neue Lieferungen?«
    »So schnell wie möglich.«
    Da sie die Bedrängnis des Herrschers spürte, unterließ Neferet die Frage, die ihr

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