Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
verschwanden blitzschnell hinter den Häusern, die sich an der kleinen Straße zum Stadttor befanden.
»Wer war das denn? Wo wollen die zu so später Stunde noch hin? Als wäre der Teufel hinter denen her.«
Nikolaus schüttelte ungläubig den Kopf. Gerade wollte er sich wieder hinlegen, als er plötzlich leises Rufen hörte. War das ein Käuzchen? Oder war da gar jemand in Gefahr? Er dachte an seinen grässlichen Traum und an sein Unvermögen, Christina beizustehen. Was wäre, wenn gerade jetzt jemand seine Hilfe benötigte und er aus Angst, zu versagen, nicht half? Könnte er damit leben? Jetzt, wo er schon einmal wach war und so schnell bestimmt nicht wieder einschlafen konnte, könnte er genauso gut einen kleinen Spaziergang machen, um sich zu vergewissern, ob etwas passiert war.
Schnell war er bereit und eilte zur Hintertür hinaus. Er nahm den Weg zum Stadttor, das trotz der nächtlichen Stunde noch sperrangelweit offen stand. Weit und breit war keine Wache zu sehen. Eigenartig. Welche Richtung hatten die beiden Reiter genommen? Geradeaus zwischen den vereinzelten Höfen die leicht ansteigende Straße hoch oder links nach Niedermanderscheid? Und schon war Nikolaus auf dem Weg ins Tal.
Vorsichtig schlich er über die dunkle Straße, die vom fahlen Halbmond nur spärlich beleuchtet wurde. Immer wieder stolperte er oder trat in eine Kuhle. Doch mit der Zeit gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und sein Schritt wurde sicherer. Am Rand des Tals blickte er auf den Burgkomplex von Niedermanderscheid hinab. Nur einige Lichter waren zu sehen, von denen sich eins ab und zu bewegte: Wächter auf ihrem Rundgang. Auch am Tor gab es noch ein helles Fenster.
Vorsichtig, um nicht abzustürzen, schlich Nikolaus den Weg am Hang hinab. Kurz vor der Kehre der Straße hörte er das Gerumpel eines Fuhrwerks.
»Wer fährt denn mitten in der Nacht mit seinem Wagen hier durch die Gegend?«, murmelte er vor sich hin. »Der muss ja noch verrückter sein als ich. Kommen die von oben oder von unten?«
Er horchte angestrengt in die Nacht. Die Geräusche näherten sich aus dem Tal. Schnell schlich sich Nikolaus zwischen einigen Brombeerbüschen hindurch. Genau wie im Traum hing er plötzlich fest und kam keinen Schritt voran. Er musste aber noch weiter um die Sträucher herum, denn ein kurzer Blick des Wagenlenkers, und Nikolaus wäre entdeckt. Heftig riss er an den Brombeerranken, um loszukommen, ohne Rücksicht auf die Dornen, die sich in seine Hände bohrten.
»Da habe ich mir ja einen wunderbaren Mist eingebrockt.«
Schon erkannte er Schatten, die sich kurz unterhalb der Kehre auf der Straße bewegten. Mit einem letzten beherzten Schwung hatte sich Nikolaus befreit und duckte sich hinter die Büsche. Noch einen Augenblick später, und einer der Reiter hätte ihn entdeckt.
Reiter? Ja, das Fuhrwerk wurde tatsächlich von zwei Reitern begleitet, einer vorneweg, der andere bildete die Nachhut. Waren das die beiden Männer, die er vorhin über den Markplatz hatte jagen sehen? Möglich.
Die Huftritte der Reittiere klangen irgendwie dumpf und hohl, nicht so hart, wie man es von Hufeisen auf einem steinigen Weg kannte. Nikolaus strengte sich an, um etwas zu erkennen. Die Hufe waren mit irgendetwas umwickelt, mit Bast oder Leder. Hier wollte jemand so wenig Lärm wie möglich machen. Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu!
Dann kam der vierspännige Ochsenkarren. Die beiden Treiber sagten kein einziges Wort, sondern führten die Tiere nur mit einem Stock. Tagsüber hätten die Männer sicherlich wie üblich geflucht und geschimpft. Eigenartigerweise war auf dem Fuhrwerk nichts zu erkennen, nach dem Schwanken zu urteilen musste es jedoch schwer beladen sein. Was war so wertvoll, dass man das Risiko in Kauf nahm, es an den Wachen der Burg vorbeizuschmuggeln?
Der zweite Reiter trug einen eigenartig geformten Hut. In der Dunkelheit konnte Nikolaus nur einen verschwommenen Schatten gegen den fahlen Sternenhimmel erkennen, aber die Kopfbedeckung schien dreieckig zu sein. Einer dieser neuartigen Hüte, die er schon bei einigen reichen Händlern in Köln gesehen hatte.
Als der Wagen in der Kehre kräftig durchgeschüttelt wurde, fiel etwas dumpf polternd herunter. Sofort stürzten die beiden Treiber nach hinten und warfen irgendwelche Gegenstände wieder auf die Ladefläche. Nikolaus konnte nicht erkennen, was es war, aber es klang nach Steinbrocken.
»Die sind ja noch närrischer als ich«, brummte er vor sich hin. »Solch
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