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Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Titel: Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Verletzungen nicht sofort zum Tode geführt hatten; Wilhelm musste über Stunden verblutet sein. Seine Hose war voller Exkremente – im Sterben hatten seine Körperfunktionen ihren Dienst versagt. Was für eine Demütigung für den jungen Herrn von Manderscheid!
    »Das war nicht nur ein bloßer Mord. Das war Folter«, murmelte Nikolaus. Er war erschüttert über die Grausamkeit, mit der Wilhelm umgebracht worden war. »Wisst Ihr, ob jemand in der Nacht Wilhelm hat schreien hören?«
    Wolfgang zuckte mit den Schultern. »Davon haben wir nichts gehört. Aber wir können uns ja mal umhören.«
    »Gut. Vielleicht finden wir so auch heraus, wo er getötet wurde.«
    Nun untersuchte Nikolaus die Stichwunde in der Brust. Das Herz war genau getroffen worden, aber eigenartigerweise war kein Blut ausgetreten. Also war Wilhelm diese Verletzung erst nach dem Tod zugefügt worden, als sein Herz schon längst nicht mehr in der Lage gewesen war, den Leben spendenden Saft durch die Adern zu pumpen.
    Einer Eingebung folgend, öffnete der junge Gelehrte den Mund des Toten. »Dacht ich´s mir doch!« Triumphierend hielt er zwei kurze rote Fäden in die Höhe, die er zwischen den Zähnen gefunden hatte. »Er war geknebelt.«
    Für Nikolaus war eines klar: Auch wenn Wilhelm wahrlich kein Unschuldslamm gewesen war, so hatte er solch einen grausamen Tod doch nicht verdient. Kein Mensch hatte so etwas verdient! Wer konnte dies nur getan haben?
    »Wo wurde Wilhelm gefunden?«, wollte Nikolaus wissen, während er mit leerem Blick auf den Leichnam starrte. »Ich meine: Lag er im Wald oder auf einer Wiese? War seine Leiche versteckt worden?«
    Hans Hecken antwortete: »Er lag offen auf dem Weg. So als ob man wollte, dass er so schnell wie möglich gefunden wird.«
    »War er gefesselt?«
    »Nein.«
    »Geknebelt?«
    »Auch nicht.«
    »Und all seine wertvollen Sachen fehlten?«
    »Ja.«
    »Wo war Christinas Messer?«
    »Es steckte im Herzen. Ich hab es sofort erkannt.«
    »Woher habt Ihr gewusst, dass es Christinas war?«
    »Sie hatte es als Warnung immer sichtbar im Gürtel stecken. Jeder kannte es. Wir haben ja selbst gesehen, wie sie sich damit gegen Wilhelm verteidigt hat.«
    »Wann war das?«
    »Vor ein paar Wochen auf einem Fest in Obermanderscheid. Wilhelm hat sie geneckt und wollte sie umarmen. Da hat sie das Messer gezückt und auf seinen Schritt gezielt. Es gab viel Gelächter, aber mehr auch nicht.«
    Nikolaus warf einen Blick auf die Hose und den Unterleib des Toten, doch gab es dort weder Stiche noch anderweitige Verletzungen. Er hatte schon von Fällen gehört, wo die geschändete Frau ihren Peiniger genau dort verletzt hatte, um sich zu rächen.
    Er fasste seine Überlegungen zusammen: »Das Messer wurde Wilhelm erst nach seinem Tod ins Herz gestoßen, ganz so, als ob man den Verdacht bewusst auf Christina lenken wollte.«
    In diesem Augenblick erhob sich vor dem Palas ein Geschrei. Nikolaus eilte zur Tür. Eben wurde Christina herbeigeschleppt, ihre Hände waren vorn zusammengebunden, und die wütende Menge trieb sie wenig rücksichtsvoll vor sich her. Immer wieder stolperte sie unter den Stößen und Schlägen. Kaum hatte sie sich wieder aufgerappelt, griffen andere nach ihren Armen oder Haaren und zogen sie hinter sich her. Ihr Kleid war zerrissen. Schreiend beteuerte sie ihre Unschuld, doch niemand achtete darauf.
    Bei ihrem Anblick verkrampfte sich Nikolaus´ Herz. Am liebsten wäre er dazwischengegangen und hätte den Pöbel auseinandergetrieben. Doch was hätte er alleine gegen knapp ein Dutzend bewaffneter und aufgebrachter Gegner schon ausrichten sollen? So musste er sich wohl oder übel beherrschen und auf einen günstigeren Augenblick warten.
    Christina wurde von der Meute an ihm vorbei in den Palas geschoben. Als sie ihn sah, zischte sie ihm ein verächtliches »Verräter« zu. Doch seine Beteuerung, nichts damit zu tun zu haben, hörte sie schon nicht mehr. Nikolaus folgte den Leuten eilig in den Versammlungsraum.
    Dort wurde Christina von zwei kräftigen Burschen an den Armen festgehalten und blickte verzweifelt auf den blutigen Leichnam Wilhelms auf dem Tisch. »Das hab ich nicht getan«, murmelte sie immer wieder vor sich hin. »Das war ich nicht.«
    In diesem Moment trat ein reich gekleideter Mann Mitte dreißig ein. Die Ähnlichkeit mit Ulrich von Manderscheid, dem Kölner Dompropst, war unübersehbar. Dies musste der älteste Sohn des Burgherrn sein, Dietrich II. Ihm folgte seine etwa gleichaltrige Frau Irmgard

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