Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
auf. »Wie meint Ihr das?«
Der junge Gelehrte erzählte in kurzen Worten von der Scheune, dem dortigen Fund und dem Eingeständnis des Bauern, dass seine Frau Christinas Kleid getragen hatte.
Dann ging alles sehr schnell. Eine Wache lief los, um Verstärkung zu holen, während die anderen das Ehepaar zu Boden warfen und fesselten. Der Bauer und seine Frau leugneten den Mord, sie schworen, unschuldig zu sein. Während er sich ohne Widerstand binden ließ, tobte sie wie wild. Sie trat und schlug um sich, versuchte, den Soldaten zu beißen und zu kratzen. Doch gegen den geübten Mann hatte sie keine Chance. Mit ein paar geschickten Handgriffen hatte er sie überwältigt und fesselte sie. Dass ihr beim Kampf das offenherzige Kleid so weit verrutscht war, dass ihr halber Oberkörper nun entblößt war, ließ ihn nur müde lächeln. Der Hauptmann stand daneben und sicherte mit gezücktem Schwert die Szene.
Inzwischen waren die Nachbarn und diverse Mägde und Knechte aufmerksam geworden. Zahlreiche Gaffer hatten sich eingefunden und reckten die Hälse, um ja nichts zu verpassen. Es wurde getuschelt und getratscht, und die Mutmaßungen schossen ins Unermessliche. Keiner der Zuschauer wusste, was vorgefallen war, aber jeder hatte eine noch sensationellere Erklärung parat. Jetzt kamen weitere Soldaten angerannt und hielten die Leute auf Abstand.
Der Hauptmann wandte sich an Nikolaus. »Bitte entschuldigt, dass ich Euch falsch eingeschätzt habe. Danke für die Hilfe.«
»Ist schon gut. Ihr tut nur Eure Pflicht. Aber darf ich die Gefangenen noch etwas fragen?«
Seidel überlegte kurz und nickte dann.
Nikolaus ging zum Bauern, der noch immer am Boden lag und dem ein grinsender Soldat den Fuß in den Nacken gesetzt hatte.
»Kennt Ihr den Bauern Berger? Der vor ein paar Jahren umgekommen ist?«
So weit es Dunkel überhaupt möglich war, schaute er auf. »Das ist mein Schwager. Der Bruder meiner Frau.«
Das war die Verbindung, die Nikolaus gefehlt hatte! Das war der entscheidende Hinweis!
»Gibt es noch mehr Verwandte?«
»Der zweite Bruder wohnt oben in Laufeld. Und die Schwester hier nebenan.«
Nikolaus schaute sich nach den beiden anderen Frauen um. Sie standen in der Nähe und blickten stumm auf die Szene.
»Die linke«, sagte Bauer Dunkel.
Der Hauptmann hatte die Unterhaltung neugierig verfolgt. Nun erzählte Nikolaus von dem Waldarbeiter Berger mit dem schwarzen Pferd, das höchstwahrscheinlich Wilhelms Pferd gewesen war. Außerdem war Wilhelm in der ehemaligen Scheune des Bauern ermordet worden. Und jener Berger war ein Opfer von Wilhelms unstillbarer Gier nach jungen Frauen geworden.
»Und wo kommt Christina Rüth ins Spiel?«
»Diese drei Frauen sind voller Eifersucht auf Christina. Sie haben sie beschimpft und übel behandelt. Indem sie die Schuld an Wilhelms Tod ihr aufluden, konnten sie sich auch an ihr rächen.«
»Und warum der Mord an Wolfgang Hecken?«
Nikolaus überlegte einen Moment und sagte dann: »Das war die Rache dafür, dass er mit Sicherheit von den Untaten seines Freundes Wilhelm wusste, aber nichts dagegen unternommen hat.«
Hauptmann Seidel nickte nur. Er befahl, dass auch die Schwägerin des Bauern Dunkel und ihr Mann verhaftet werden sollten. Anschließend sollten die Häuser der Gefangenen gründlich durchsucht werden, da immer noch Wilhelms Ring und der pelzbesetzte Umhang fehlten.
Dann machte sich der gesamte Tross auf den Weg zur Burg. Die Menschenmenge folgte im gebührenden Abstand bis zum Burgtor.
Nikolaus war äußerst zufrieden mit sich. Er hatte es tatsächlich geschafft, die Mörder zu finden, trotz der Steine, die ihm der Amtmann Thies und Pater Ruprecht in den Weg gelegt hatten, trotz der Abneigung der Einheimischen und auch ohne die Unterstützung des Müllers. Zum endgültigen Erfolg fehlte nur noch Christinas Freilassung – das konnte nur noch eine Frage der Zeit sein. Dann hätte sie allen Grund, ihm dankbar zu sein.
Die Mörder sind gefasst
Die Verhafteten wurden in den Palas der Niederburg geschafft. Niemand störte sich daran, dass Nikolaus dem Zug folgte. Im Gegenteil, der Hauptmann hatte ihn sogar gebeten mitzukommen, da es ihm immerhin zu verdanken war, dass die wahren Mörder nun dingfest gemacht worden waren.
Schweigend wartete man nun in der Halle auf das Erscheinen des Burgherrn. Die beiden verhafteten Männer hatten sich in ihr Schicksal ergeben und standen mit gesenkten Köpfen neben ihren Bewachern. Ihre Frauen dagegen zerrten immer wieder an
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