Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
weil sie einen jungen Feingeist liebte. So, meine Liebe, sind die Elfen, dich ich kannte. Und so sind die, die du kanntest. Lügner, Betrüger! Nicht so, wie man es der Welt und vor allen Dingen den Menschen weismachen will.«
»Aber nicht alle sind so.«
Murgon stieß sich ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Das mag sein ...«
»Ich kenne viele, die edel sind und gut.«
»Und warum haben sie dir dann die Wahrheit nicht gesagt?«
»Man nennt uns das Schöne Volk!«, begehrte sie auf.
»Und was bedeutet das? Man rennt einem Mythos hinterher.«
»Und alle die schönen Bauten, die Lieder und Gedichte, unsere Liebe zur Natur und ....«
»Alles das verging, als ich das Artefakt fand. Da wurde aus den Edlen das Dunkle.«
»Ich liebte einen, der wunderschön ist und ein Feingeist, wie du es einst warst.«
»Dann hättest du ihm die richtigen Fragen stellen sollen. Hast du es getan?«
Tränen schossen Katraana in die Augen. Elfen weinten nicht oder selten. Was geschah mit ihr? Warum war er so streng zu ihr?
»Du bist eine Kämpferin, aber du weißt nichts von der Welt da draußen. Du dachtest, du kommst nach Unterwelt und tötest einfach so deinen eigenen Vater!« Seine Stimme wurde lauter und auf seiner Robe sammelten sich Funken, die wild tanzten.
Sie warf sich auf dem Stuhl zurück, die Handflächen noch immer auf der Tischplatte. »Das stimmt nicht!«
»Und warum bist du dann hier?« Seine Augen schossen winzige Blitze, sein weißes Haar loderte.
»Ich wollte Murgon töten. Ich hoffte, Gwenael würde nicht darüber sprechen. Ich war mir der Gefahr bewusst. Und sehr erstaunt, dass man mich nicht direkt nach dem Übergang erwartete.«
»Obwohl du die Gefahr kanntest, hast du es getan? Das ist purer Wahnsinn!«
»Ich – ich – konnte nicht anders!«
»JA! GENAU! Weil die da oben dich manipuliert haben. Du wärest auch von einer Klippe gesprungen, wenn sie es von dir gefordert hätten. DAS SIND ELFEN!« Seine Stimme nahm einen grollenden Unterton an und seine Aura wurde dunkelblau und schimmerte.
»Aber – aber ich wusste doch nicht, wer du wirklich bist. Ich wäre niemals hierher gekommen, um dich – MEINEN VATER! – zu töten! Niemals!«
Da war sie wieder, die Lust, sich in der kleinen Höhle zu verkriechen, auch wenn sie dort von bösen Geistern gepeinigt wurde. Das alles war besser, als diese Situation. Einfach weglaufen. Sich verstecken.
»Was würdest du tun, wären deine Lehrer jetzt hier bei dir?«
Besonders Liotùn, den sie stets bewundert hatte – ja, was würde sie mit ihm tun.
Sie sprang auf, griff nach dem Schwert und nun geschah etwas, dass alles verändern sollte.
Der Dämon fraß sich aus ihrem Inneren, explodierte und legte eine schwarze Aura um Katraana. Funken züngelten über ihr Schwert, ihr Körper wurde von unsichtbaren Händen empor gehoben, sie schwebte einen Fuß über dem Stein. Ihre Haare loderten und ihre Beinbemalungen verrenkten sich, veränderten ihre Form und fügten sich zu etwas völlig Neuem.
In diesem Moment, das wusste sie, hätte sie Murgon mit einem Wimpernschlag töten können, doch sie wollte es nicht – noch nicht!
Stattdessen spannte sie jeden Muskel, atmete tief ein und als sie den Atem wieder ausstieß, spuckte sie Feuer wie ein Drache. Noch nie hatte sie eine derartige Körperlichkeit verspürt, eine wahnsinnige Mischung aus tiefster Lust und dem Willen zu Grausamkeit. Zwei Giganten, die miteinander rangen, und dann, wenn sie sich verknoteten, Katraana durchschüttelten, bis sie die Arme sinken ließ und Bälle aus purer Energie von ihren Fingern tropften. Sie öffnete den Mund zu einem Schrei und wusste, dass die Mauern zusammenstürzen würden, wenn sie ihn ausstieß, also unterließ sie es.
MACHT!
Das war reine MACHT!
Das war etwas Neues, etwas Existenzielles, etwas, dass sie hier begrüßt und in sie geschlichen hatte.
»WEIL ICH LUST DAZU HATTE!«, stieß sie aus. Ja, sie hatte die Dämonen getötet. »WEIL ICH SPASS DARAN HATTE!«
Das war die Wahrheit und sie würde ab sofort keine Schwäche mehr zeigen. Sie war Katraana, sie war die Tochter von Feiniel Murgon, Lord von Unterwelt. Hier waren sich Blut und Blut begegnet. Und er hatte es geahnt. Hatte gewusst, was mit ihr geschehen war, seitdem ihre Füße Unterwelt berührt hatten. Oder war es schon im Sarg geschehen, in ihren Visionen, in denen sie mit dem Wind, dem Regen, den Maden und dem Baum gesprochen hatte? War sie wiedergeboren worden, als sie sich wie im Mutterleib
Weitere Kostenlose Bücher