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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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er.
    Estrada blickte zu den Berggipfeln, die über dem Tal thronten. Irgendwo dort oben lag die Heimat der Riesen. »Ja. Es dauert jetzt nicht mehr lange, Salzleck.«
    Wir stiegen in die Kutsche, und ich wartete, bis die Tür geschlossen war, bevor ich fragte: »Hast du ihm versprochen, ihn nach Hause zu bringen?«
    »Ja, und ich werde mein Versprechen halten. Es wird meine wichtigste Aufgabe sein, sobald dies vorbei ist.«
    Estrada schien es ernst zu meinen. Ich fasste stumm den Entschluss: Ob sie Salzleck eine Rückkehr zu seiner Familie ermöglichte oder nicht, ich würde ihm in jedem Fall helfen. Es war das Mindeste, das ich nach der vergangenen Nacht für ihn tun konnte. Von all den Versprechen, die ich in der letzten Zeit gegeben hatte, verdiente es dies mehr als alle anderen, eingehalten zu werden.
    Andererseits … Nach dem, was ich von Estrada und Alvantes erfahren hatte, konnte ich froh sein, wenn ich bei dieser Sache in der Lage war, mir selbst zu helfen.
    »Du hast Alvantes und einige seiner Männer also dazu gebracht, sich dir anzuschließen. Was sind sie, noch mehr Köder?«
    »Nicht einige. Die ganze Stadtwache von Altapasaeda unterstützt uns. Aber das weiß Moaradrid hoffentlich nicht.«
    »Wie kann er es nicht wissen?«
    »Die Soldaten haben ihre Kasernen in der vergangenen Nacht verlassen, angeführt von Unterhauptmann Gueverro. Moaradrid soll glauben, dass sie von Panchettos Ermordung erfuhren, aus Furcht vor dem Krieg in Panik gerieten und desertierten. Das könnte Moaradrid durchaus für möglich halten, denn dank des Prinzen stehen die Stadtwächter in dem Ruf, Feiglinge zu sein. Und selbst wenn er es nicht glaubt, es dürfte keinen großen Unterschied machen. Er wird es zu eilig haben.«
    »Er weiß nicht, wo wir sind.«
    »Er wird es bald erfahren.«
    Ich begann zu verstehen. Wenn der Hinterhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen sollte, so hatte es keinen Sinn, den Ort einen halben Tag zu früh zu erreichen, mit Moaradrid dicht auf unseren Fersen – dann hätten die anderen nur unsere Leichen gefunden. Alvantes und Estrada mussten eine gewisse Kontrolle haben, wenn Moaradrid uns folgte. Ich begnügte mich damit, dass Estrada es mir zu gegebener Zeit erklären würde, lehnte den Kopf an die Rückwand und schloss die Augen. Der Regen prasselte lauter als vorher und schien die ganze Kutsche durchzuschütteln.
    Als ich die Augen wieder öffnete, sah Estrada mich an.
    »Du solltest wissen, dass ich dir nicht verzeihen kann, Damasco«, sagte sie. »Du bist durch und durch egoistisch und hast dich auf eine abscheuliche Weise verhalten. Selbst wenn die Reue, die du letztens gezeigt hast, ehrlich gemeint sein sollte … Es ändert nichts daran, wie ich dir gegenüber empfinde.«
    »Gut.«
    »Na schön. Ich bin nach Altapasaeda gereist, weil ich Lunto um Hilfe bitten und etwas Zeit gewinnen wollte. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass Moaradrid seine Truppen so schnell bewegen kann, oder dass er sich auf eine so offene Konfrontation mit Panchetto einlassen würde, obwohl seine Reihen geschwächt sind. Er geriet immer mehr in Bedrängnis. Seine Pläne für die Krone wurden bekannt. Ihm muss klar gewesen sein, dass ein Angriff auf Altapasaeda Selbstmord gewesen wäre, aber es bestand die Möglichkeit, dass er es trotzdem versuchen würde. Wenn er den Sieg errungen, den Stein bekommen und obendrein Panchetto gefangen genommen hätte, wäre er vielleicht imstande gewesen, den Thron des Königs ohne weiteres Blutvergießen zu besteigen. Alvantes versprach mir, dass die Stadtwache unsere Sache unterstützen würde, obwohl Panchetto ihm das nie verziehen hätte. Aber dann ergab sich das Problem, wie wir den Treffpunkt erreichen sollten.
    Als wir von deiner Abmachung mit Anterio erfuhren, wollten wir dich zuerst zur Rede stellen. Dann schlug Lunto vor, es zu unserem Vorteil zu nutzen. Wir ließen Moaradrid in dem Glauben, dass du mit dem Stein flussaufwärts fliehen wolltest. Er sollte dir folgen und zum richtigen Zeitpunkt in die Falle tappen. Was wirklich geschehen würde, konnten wir nicht ahnen. Es überraschte uns, dass Panchetto deinen Plan durchschaute und mitkommen wollte, als Alvantes aufbrach, um dich zu verhaften. Wir haben auch nicht damit gerechnet, dass Moaradrid auftauchen würde.«
    Mir fiel etwas ein. »Wenn die Soldaten ihre Kasernen verlassen haben und Panchetto tot ist …«
    »Ja. Inzwischen dürften Moaradrids Truppen in Altapasaeda sein.«
    Ich starrte Estrada an.

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