Im Schatten der Giganten: Roman
werden, niemand kommt an den Pferden vorbei.«
Estrada nickte, und wir liefen den Rest der Strecke zur Anlegestelle. Einige Holzstufen führten vom Ufer auf die wacklige Plattform. Ich eilte als Erster hoch und sah zur Stadt. Der Geruch schwitzender Pferde hing schwer in der Luft. Eine Straße führte vom Hafen und einem kleinen, mit Brettern ausgelegten Platz zum Hauptteil der Stadt. Zu beiden Seiten standen Schuppen und Hütten, und zwischen ihnen gab es nichts als Pferde.
Der Anblick verwirrte mich. So viele Pferde konnten sich nicht auf der Fähre befunden haben.
Dann verstand ich.
Einige der Tiere waren beim Eintreffen der Fähre bereits hier gewesen, und auf ihnen saßen Männer, die offenbar von Casta Canto kamen. Die beiden Gruppen hatten sich hier getroffen und blockierten sich gegenseitig, sehr zum Ärger der brüllenden und gestikulierenden Reiter.
Wir konnten von Glück sagen, denn wenn die Pferde von der Fähre nicht gewesen wären, hätten uns Moaradrids Männer innerhalb weniger Sekunden erreicht.
»Lauft!«
Ich beherzigte meinen eigenen Rat und sah nicht zurück, um festzustellen, ob Estrada und Salzleck ihn ebenfalls befolgten. Das von uns ausgewählte Boot war das letzte an der Anlegestelle. Ich dachte daran, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn wir uns versteckt hätten, aber ich wusste nicht, ob wir gesehen worden waren. Selbst wenn die Reiter Estrada und mich nicht bemerkt hatten – es wäre ihnen wohl kaum möglich gewesen, Salzleck zu übersehen. Und es gab noch ein anderes Problem. Je näher wir dem Boot kamen, desto mehr zweifelte ich daran, dass es Salzlecks Gewicht tragen konnte.
Als wir keuchend am Ende des Piers standen, erkannte ich eine weitere Schwierigkeit. Wie sollten wir Salzleck ins Boot schaffen? Ein Blick zurück teilte mir mit, dass Moaradrids Männer sich einen Weg durchs Gewühl gebahnt hatten. Es war ein Dutzend, und sie schienen so beschäftigt zu sein, dass sie uns gar nicht bemerkten. Ich beobachtete, wie sie abstiegen und sich daranmachten, ihre Pferde auf die Fähre zu führen, was den Tieren ganz und gar nicht gefiel – offenbar hielten sie genauso wenig von einer Flussüberquerung wie die Pferde der beiden Händler.
Bisher hatten wir Glück gehabt, doch das würde vermutlich nicht mehr lange vorhalten.
»Du gehst als Erster, Salzleck.«
Wenn er das Boot zum Kentern brachte, dann besser bevor wir eingestiegen waren. Und genau das schien zu geschehen, als Salzleck einen ersten Versuch unternahm, ins Skiff zu klettern – es begann sofort zu schaukeln, und Wasser schwappte über den Rand. Er probierte es erst mit dem einen Fuß aus, dann mit dem anderen, im Stehen und gebückt. Ich sah, wie seine Sorge immer mehr zunahm. Jeder Versuch von ihm führte dazu, dass sich unsere Hoffnung auf Flucht mit mehr Wasser füllte.
Trotz meiner wachsenden Unruhe behielt ich Estradas Worte in Erinnerung. Während ich den großen Kerl beobachtete, tat er mir ein bisschen leid, obwohl er uns mit seiner Schwerfälligkeit in große Gefahr brachte.
Schließlich war es Estrada, die die Geduld verlor. »Verdammt, Salzleck, steig endlich ein!«
Selbst ein wuchtiger Schlag hätte keine heftigere Reaktion bewirken können. Salzleck fiel mit einem Krachen ins Boot, dessen andere Seite bedrohlich weit nach oben kam, bevor sie mit einem lauten Platschen wieder auf der Wasseroberfläche aufschlug. Das Skiff schaukelte noch stärker als zuvor und nahm jedes Mal mehr Wasser auf. Sein Schicksal schien endgültig besiegelt zu sein. Die ganze Zeit über schöpfte Salzleck verzweifelt Wasser, mit gewölbten Händen groß wie ein Eimer. Ich konnte nicht feststellen, ob es half oder ob er alles noch schlimmer machte.
Fast eine Minute dauerte es, bis sich die Lage beruhigte. Salzleck saß patschnass in einer Handbreit Wasser, aber das Boot schwamm noch, und zwar mit der richtigen Seite nach oben. Estrada und ich gingen ebenfalls an Bord. Ich war sicher, dass es jetzt sinken musste, aber irgendwie blieb das Skiff über Wasser, wenn auch nur um Haaresbreite.
Ich wagte es, einen Blick über die Schulter zu werfen. Moaradrids Soldaten befanden sich inzwischen auf der Fähre, die ein Viertel des Weges zum gegenüberliegenden Ufer hinter sich gebracht hatte und mit der für sie typischen Lethargie am Kabel entlangkroch. Die Männer standen vorn, wo die Gefahr geringer war, von einem nervösen Pferd getreten zu werden.
»Ich glaube, sie haben uns nicht gesehen«, sagte ich – und
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