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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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Büsche.
    Erneut klopfte mir Salzleck auf die Schulter, diesmal mit solchem Nachdruck, dass ich es bis ins Schlüsselbein fühlte.
    » Leid tut .«
    »Du willst dich entschuldigen? Salzleck, dies ist nun wirklich nicht deine Schuld.«
    Er streckte den Arm aus, und ich blickte daran entlang. Salzleck zeigte auf Estrada, die am anderen Ende der Lichtung auf und ab ging. Ob sie noch immer weinte, ließ sich nicht feststellen.
    »Leid tut.«
    »Du möchtest, dass ich mich entschuldige? Von wegen. Hast du nicht gehört? Sie wollte, dass wir Moaradrid in irgendeine Falle locken.«
    Salzleck seufzte laut und verzog verärgert das Gesicht. Die Hand, die zur anderen Seite der Lichtung gezeigt hatte, kam wie ein großer fleischiger Vogel herangeflogen und packte meinen Mantel. Einen Moment später baumelte ich in der Luft, gut und gern zwei Schritte über dem Boden.
    »Was soll das? Lass mich runter!«
    Ich zappelte wütend, bis mir klar wurde, dass ich dadurch in meinem Mantel zu ersticken drohte. Daraufhin gab ich auf.
    »Wenn du mich runterlässt, können wir diese ganze Sache vergessen«, sagte ich durch die Kapuze, die mir inzwischen übers Gesicht hing.
    Doch Salzleck plante offenbar etwas anderes. Ich hörte seine schweren Schritte und spürte, wie ich hin und her schwang. Mit einem Ruck, der meine Genitalien kurz dorthin zu bringen schien, wo normalerweise die Nieren stecken, fand ich mich auf festem Boden wieder. Rasch zog ich die Kapuze zurück und starrte ins Gesicht einer verwirrten Estrada.
    Hinter mir wiederholte Salzleck: » Leid tut .«
    »Also gut, verdammt. Hör mal, vielleicht war es falsch, dir die ganze Schuld zu geben. Vielleicht wusstest du nicht, was für eine abscheuliche Kakerlake Mounteban ist. Ich meine, es stecken bestimmt gute Absichten hinter diesem absurden Versuch, das Castoval zu befreien.«
    Ein kleines Lächeln verscheuchte einen Teil des Ärgers aus Estradas Gesicht. »Das ist die schlimmste Entschuldigung, die ich jemals gehört habe.«
    »Wirklich? Für mich war sie ziemlich gut. Kannst du es besser?«
    Estrada sah mich verwundert an.
    »Deine Entschuldigung. Ich würde sie gern hören. Und Salzleck ebenfalls, glaube ich.«
    Sie blickte zu ihm hoch. Entweder hatte ich recht, oder er war dem Gespräch nicht gefolgt. Jedenfalls widersprach er mir nicht.
    »Vielleicht hast du recht.« Estrada hüstelte und schaute kurz auf ihre Füße. Ich hätte schwören können, dass sich ihre Wangen ein wenig röteten. »Vielleicht hätte ich euch beiden von Anfang an trauen sollen. Und es ist möglich, dass mein Vertrauen in Castilio … nicht ganz gerechtfertigt war und … na ja …«
    »Und du hättest uns nicht als Köder benutzen sollen, ohne uns etwas davon zu sagen?«
    »Ja, das auch.«
    »Entschuldigung akzeptiert.« Ich spuckte in die Hand und streckte sie ihr entgegen.
    Diesmal war Estradas Lächeln größer. »Lass es nicht darauf ankommen, Damasco.«
    Als wir die Situation mit kühlerem Kopf einschätzten, gelangten wir beide zu dem Schluss: Ein lauter Streit war nicht unbedingt die beste Methode, unsere Präsenz geheim zu halten. Wir konnten von Glück sagen, dass Moaradrids Soldaten nicht über uns hergefallen waren. Mit unserer stark geschrumpften Gruppe – nur Estrada und ich und ein Riese, der nichts von Gewalt hielt – hätten wir bei einem Kampf kaum Chancen gehabt. So ungern ich es auch zugab: Ohne Mounteban und seine Kumpane sah es für uns ziemlich finster aus.
    Estrada, die offenbar gar nicht fähig war aufzugeben, nannte schnell die positiven Aspekte. Mounteban hatte uns mehr als genug Vorräte zurückgelassen; und er hatte ihr am vergangenen Tag erklärt, wo wir uns in Bezug auf unser nächstes Ziel befanden, dem Fährhafen von Casta Canto. Er lag zwei Reisestunden südwestlich von uns und sollte von der Kuppe des nächsten Hügels aus zu sehen sein. »Wenn wir ein schnelles Boot finden, sind wir eine Weile sicher.«
    Fast hätte ich gefragt, ob sie mit »finden« vielleicht »stehlen« meinte; vermutlich hatte sie in Hinsicht auf dieses Thema schon genug Spott von Mounteban geerntet. Außerdem war das nicht unsere Hauptsorge. Die sah so aus: Ein Boot, das schnell genug war, um uns die Flucht zu gestatten, konnte vermutlich nicht Salzlecks Gewicht tragen. Ich fragte mich, ob Estrada bereit war, den Riesen zurückzulassen, wenn es notwendig werden sollte.
    Und was das betraf … Wäre ich bereit gewesen, sie beide zurückzulassen, wenn sich eine Gelegenheit ergab?
    Aber

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