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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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was Moaradrid aus dem Süden mitgebracht hat. Weißt du, die Gesellschaft der Riesen ist ganz einfach aufgebaut. Man könnte sie als Wahlmonarchie bezeichnen. Sie wählen ein Oberhaupt, und der betreffende Riese ist dann für den ganzen Stamm verantwortlich. Da alle Riesen mehr oder weniger gleichgestellt sind, sie kaum miteinander streiten und normalerweise nichts Ungewöhnliches unternehmen, ist es keine sehr schwere Aufgabe, ihr Oberhaupt zu sein, obwohl sie natürlich sehr ernst genommen wird.
    Jedenfalls, die Riesen halten nicht viel von Allüren und dergleichen, aber ihr Anführer hat einen Stab, gewissermaßen als Statussymbol. Dabei handelt es sich einfach nur um ein Stück Holz, das im Lauf der Jahrhunderte vermutlich mehrmals ausgetauscht wurde. Wichtig ist der Stein am Ende dieses Stabs. Einfach ausgedrückt: Wer diesen Stein hat, ist der Anführer, das Oberhaupt, und zwar Zeit seines Lebens. Man gehorcht ihm ohne Widerrede.«
    »Das gestreifte Ding ist also der … Anführer-Stein der Riesen? Und Moaradrid hat ihn gestohlen.« Das erschien mir sehr komisch, aus Gründen, die ich nicht erklären konnte.
    »Und dann hast du ihm den Stein gestohlen.«
    »Und er ist hinter mir her, weil er den Stein zurückhaben will.« Plötzlich passte alles zusammen. Und dann musste ich lachen, ich konnte nicht anders. »Deshalb hast du uns also als Köder verwendet. Moaradrid wird mir kreuz und quer durchs Castoval folgen, solange es auch dauern mag, denn wenn er den Stein nicht zurückbekommt, hat er es bald mit einem Haufen sehr ungemütlich werdender Riesen zu tun.« Ich schüttelte verwundert den Kopf. »Und das alles wegen eines Steins. Ich wäre bereit gewesen, ihn zurückzugeben. Er hätte mich nur darum bitten müssen.«
    »Es ist gut für das Castoval und das ganze Land, dass du ihm den Stein nicht zurückgegeben hast. Andernfalls säße Moaradrid vielleicht schon im königlichen Palast.«
    »Und ich würde in einem Bett schlafen, anstatt mitten im Nichts auf einem Baumstamm zu sitzen und mit dir zu reden. Klingt als Alternative nicht unbedingt schlecht.« Bevor mir Estrada sagen konnte, was sie von meinen Prioritäten hielt, fügte ich hinzu: »Aber das alles erklärt nicht, warum ich nach Altapasaeda gehen muss, damit man mir dort den Kopf abhackt.«
    »Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Als Bürgermeisterin verfüge ich über diplomatische Privilegien, und Prinz Panchetto würde es nicht einmal jetzt wagen, sie zu missachten. Solange du zu meinem Gefolge gehörst, bist du sicher. Ich habe meine eigenen Gründe, nach Altapasaeda zu reisen, aber soweit es den Plan betrifft: Unser dortiger Aufenthalt wird Moaradrid Gelegenheit geben, zu uns aufzuschließen.«
    »Und das ist gut?«
    »Das ist es, wenn wir ihn in einen Hinterhalt locken wollen. Aber nichts davon kann klappen, solange du nicht in der Stadt bist, denn Moaradrid ist fest davon überzeugt, dass du den Stein hast. Du siehst also, Easie: Ich muss dich schützen, um das Castoval zu retten.«
    »Ich verstehe.«
    Was ich nicht sagte, war dies: Du gehst bei all dem davon aus, dass du mich schützen kannst. Marina Estrada, Bürgermeisterin eines Ortes, der sich vermutlich bereits in feindlicher Hand befand, Anführerin einer so kleinen und armseligen Widerstandsbewegung, dass der größte Teil des Castoval überhaupt nichts von ihrer Existenz wusste. Wie konnte der diplomatische Status einer ehemaligen Bürgermeisterin und Anführerin einer gescheiterten Widerstandsbewegung beschaffen sein?
    Die Frage spielte letztendlich keine Rolle, denn ich hatte überhaupt nicht die Absicht, Altapasaeda einen Besuch abzustatten. Der wichtige Punkt, den Estrada offenbar übersah, war der, dass ich mich nicht mehr im Besitz des Steins befand. Vermutlich hatte sie ihn. Wenn das der Fall war, so gab es zwei Möglichkeiten: Sie musste ihn zeigen, um Moaradrid anzulocken, oder ihr Plan schlug fehl und sie geriet in Gefangenschaft – dann würde Moaradrid den Stein auf diese Weise bekommen. Wie auch immer, ich musste es nur etwa eine Woche lang vermeiden, von ihm geschnappt zu werden; dann würde sich sein Interesse an mir in Luft auflösen. Dann war diese verrückte Jagd vorbei.
    Um ganz sicherzugehen, sagte ich mit erzwungener Unschuld: »Es wird nicht klappen. Ich habe den Stein vor Tagen verloren. Ich wusste nicht, dass er wichtig war, und deshalb habe ich kaum einen Gedanken an ihn vergeudet.«
    Estrada hob die Hand und zog am Ausschnitt ihres Unterhemds. Für

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