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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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abgelehnt.«
    »Eine gute und lobenswerte Einstellung. Was ist mit dir, Riese?«
    »Essen gut«, antwortete Salzleck scheu.
    »In der Tat. Moaradrid, Ihr gönnt uns doch einen heiteren, unbeschwerten Abend, oder?«
    »Es käme mir nie in den Sinn, Euch einen vergnüglichen Abend zu verderben«, erwiderte Moaradrid.
    Der Prinz klopfte mit den Fingerknöcheln an einen in der Nähe hängenden Gong, und vier Palastwächter erschienen, jeweils zwei aus den nahen Fluren. Wir verbeugten uns, der Prinz nickte, und man geleitete uns in einen Nebenraum. Moaradrid wurde in eine andere Richtung geführt – der einzige Hinweis darauf, dass Panchetto zumindest eine Ahnung von den besonderen Umständen hatte, die zwischen uns herrschten. Es verriet viel über seinen Hof, dass ein ganzer Krieg stattfinden konnte, ohne dass es jemand bemerkte. Vielleicht verriet es auch viel über den Krieg.
    Jemand, der fast ebenso prächtig gekleidet war wie der Prinz, wartete hinter dem Vorhang auf uns. Er verbeugte sich tief und sagte: »Es ist mir eine Ehre, Stimme und Hände des Prinzen Panchetto zu sein.« Er reichte Estrada ein verziertes Medaillon an einer Kette. »Dies weist Euch auf dem Palastgelände als Würdenträgerin aus. Wohin Ihr auch geht, man wird Euch den größten Respekt entgegenbringen. Wenn Ihr irgendeinen Wunsch habt … Nennt ihn, und er wird Euch sofort erfüllt.«
    »Der Prinz ist sehr großzügig«, sagte Estrada, nahm das Medaillon und legte es sich um den Hals.
    Der Mann nickte ernst, als hätte Estrada etwas überaus Kluges gesagt. Er griff in eine Tasche und holte drei Ringe hervor, mit breiten Goldbändern, die das Reiher-Symbol des Hofes von Altapasaeda trugen. »Der Prinz erlaubt euch auch, gewisse Dinge zu erwerben: Lebensmittel, Kleidung, Unterhaltung, Schmuck und andere Güter des täglichen Bedarfs. In der Stadt braucht ihr nur diese Ringe zu zeigen, dann müsst ihr nicht bezahlen.«
    Estrada und ich schoben uns die Ringe auf einen geeigneten Finger. Salzleck hätte seinen nicht einmal am kleinen Finger tragen können und hielt ihn deshalb in der Hand.
    »Zimmer sind für euch vorbereitet«, fuhr der Mann fort. »Der Prinz wünscht euch einen angenehmen Tag und freut sich auf eure Gesellschaft beim Bankett.«
    Er verbeugte sich noch einmal, drehte sich um und verschwand durch den Vorhang hinter dem Thronraum.
    Woraufhin uns die Wächter durch einen weiteren Torbogen hinausführten. Fünf verwirrende Minuten liefen wir durch den Irrgarten des Palastes, bis wir in einen langen Flur mit überdachten Portiken zu beiden Seiten gelangten. Ein komplexes Mosaik aus Bernstein und Lapislazuli kroch die Wände empor zur Decke, wo es prächtige Blumenmuster bildete. Den Boden zierten Rauten aus weißen und grauen Fliesen, und die Vorhänge an jedem Torbogen zeigten ein wundervolles Himmelblau. Kaum hatten wir unsere Zimmer erreicht, ließen uns die Wächter allein; uns blieb nicht einmal Zeit genug, sie zu verabschieden.
    Was mir durchaus in den Kram passte, denn ich wollte mit niemandem reden. Ich fühlte mich seltsam wund, als wäre jede Silbe aus Moaradrids Mund ein Schlag gewesen, und ich war dankbar für die Stille in meinem Zimmer. Ohne großes Interesse sah ich mich um und sank aufs Bett.
    Es war ein wundervolles Bett.
    Es schien etwa so groß zu sein wie Kapitän Anterios Kahn. In jeder anderen Hinsicht stellte es das Gegenteil davon dar, denn es war weich wie Moos und duftete nach Flieder und Patschuli. Außerdem war es nicht durch einen stinkenden Fluss vom Rest der Welt getrennt, sondern durch einen seidenen Baldachin. Ich dachte mir, hier zu sterben hätte bedeutet, dass mein Leben nicht ganz vergeudet war. Ich würde schlafen, bis Moaradrids Mörder zu mir kamen, und damit hatte es sich.
    »Damasco.«
    Estradas Stimme. Ich achtete nicht darauf.
    »Wir müssen reden, Damasco.« Sie klang unsicher, sogar ein wenig besorgt. Das war neu, aber nicht interessant genug, meinen Kopf vom herrlichen Kissen fortzulocken.
    »Damasco!«
    Widerstrebend öffnete ich die Augen. »Hinaus mit dir, Estrada. Wenn ich schon sterben muss, will ich mich vorher wenigstens ausschlafen.«
    Sie setzte sich ans Fußende des Bettes. »Dazu wird es nicht kommen.«
    »Es ist bereits dazu gekommen. Oder willst du etwa leugnen, dass wir in der Klemme stecken? Warum gehst du nicht einfach zu Moaradrid und gibst ihm den verdammten Stein? Dann kann einer von uns vielleicht die Nacht überleben.«
    »Ich weiß, dass es schlimm um uns zu

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