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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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ausgezeichnete Einstellung. Ich bitte noch einmal um Entschuldigung.«
    Ich wich durch die Türöffnung zurück. Der Dicke winkte und verlor dadurch das Handtuch. Ich sah noch, wie er hastig versuchte, seine Weichteile zu bedecken, obwohl es da nicht viel zu sehen gab.
    Dann eilte ich durch den Flur, die Treppe hoch, durch einen vertrauten Korridor … und wäre fast mit Estrada und Salzleck zusammengestoßen. Zwei Palastwächter eskortierten sie.
    »Wo bist du gewesen, Damasco?«, fragte Estrada. »Wir haben auf dich gewartet. Das Bankett hat bereits begonnen.«

17
    Ü ber Panchetto konnte man sagen, was man wollte, aber er verstand es, eine ordentliche Party zu schmeißen.
    Wir waren ein weiteres Mal durch das Labyrinth aus Fluren geführt worden, diesmal zu einem Saal im Südflügel, der selbst nach den Maßstäben des Palastes groß war. Hohe Bögen durchzogen ihn, und offene, sichelförmige Fenster reichten zu einer kuppelförmigen Decke empor, in der blutrotes Glas funkelte. Die Tische waren kniehoch, was der nördlichen Tradition entsprach, und nicht von Sitzbänken umgeben, sondern von zahlreichen bestickten Kissen. Entlang der Arkaden standen Kohlenpfannen, in denen Flammen züngelten, und die gläserne Decke reflektierte diesen flackernden Schein.
    Es wurde bereits für Unterhaltung gesorgt, obwohl es noch an Publikum mangelte. Eine große Kapelle spielte auf einer Bühne, die sich in den Schatten am Ende des Saals erhob. Ihre Musik war sinnlich und komplex, aber auch so subtil und gedämpft, dass man sie kaum bewusst zur Kenntnis nahm. Akrobaten und Jongleure tanzten umher und zeigten mit ausdruckslosen Mienen atemberaubende Kunststücke. Es gab sogar einen der versprochenen tanzenden Bären, obwohl seine Darbietung kaum etwas mit dem Murmeln der Pfeifen und Gitarren zu tun hatte und eher phlegmatisch wirkte. Lieber sah ich mir die Dienstmädchen an, die geschäftig umhereilten und kaum mehr trugen als Halstücher und ein freundliches Lächeln.
    Panchetto hatte keine Kosten und Mühen gescheut. Dieser Saal diente allein dem Wohlbefinden von Körper und Geist, und ich war beeindruckt vom Ausmaß der Opulenz.
    Doch leider konnte ich den ganzen Aufwand nicht genießen. Für mich hätte das Bankett ebenso gut in einer Grube mit tollwütigen Hunden stattfinden können, denn dort stand Moaradrid, flankiert von zwei Leibwächtern, die beide keinen Hehl aus ihren Aufgaben machten. Ebenso klar war, dass der Kriegsherr einen Platz gewählt hatte, von dem aus er alles im Auge behalten konnte. Sein einziges Zugeständnis an die Party bestand darin, dass er keine Rüstung mehr trug, sondern ein schlichtes cremefarbenes Gewand mit breiter violetter Schärpe. Für einen Moment dachte ich, er sei unbewaffnet gekommen, doch dann bemerkte ich den Dolch dort, wo zuvor sein Säbel gewesen war.
    Da noch kaum jemand da war, zeigte Moaradrid seine Verachtung ganz offen. Aber dann trafen immer mehr Gäste ein. Es dauerte nicht lange, bis Moaradrid in dem allgemeinen Durcheinander verschwand, was eine große Erleichterung für mich war; endlich konnte ich an etwas anderes denken als an seinen durchdringenden Blick. Salzleck, Estrada und ich waren bis dahin zusammen geblieben. Ich überlegte, ob ich ein Gespräch beginnen sollte, als Estrada sich plötzlich einen Weg durchs Gedränge bahnte, in Richtung Eingang. Hauptmann Alvantes stand dort, sah sie kommen und nickte ihr zu. Er trug keine Uniform, sondern Hemd und Hose, wirkte darin irgendwie fehl am Platz. Ein Teil von mir wollte, dass Estrada ihn zu unserer Gruppe holte, aber dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Sie blieben in der Nähe des Eingangs stehen und sahen nicht einmal zu uns.
    Ich blickte mich um und hoffte, jemanden zu entdecken, zu dem ich wenigstens Hallo sagen konnte. Abgesehen von Salzleck und vielleicht Estrada hätten mich vermutlich alle Anwesenden gern tot gesehen, und das wurmte mich – ich hatte mit ihnen ebenso viel gemeinsam wie Rattenkot mit Gold. Die neue Kleidung, die mir in meinem Zimmer so elegant erschienen war, genügte jetzt gerade, mich von den Bediensteten zu unterscheiden.
    Meine Verzweiflung wuchs, und ich dachte ernsthaft daran, Salzleck in ein Gespräch zu verwickeln. Ein auf der Bühne erklingender Gong ersparte mir diese Mühe, ein dumpfer Ton, der den ganzen Saal vibrieren ließ. Die Akrobaten und Jongleure verschwanden, zwei Betreuer brachten den Bär hinaus, und die Dienstmädchen führten uns zu unseren Plätzen. Stille breitete

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