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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hat, und seine Korrespondenz gleich als Erstes in Beschlag genommen wird. Ganz gleich, ob er steigt oder fällt, Forster, alter Freund, mein plötzliches Verschwinden würdest du nicht überleben.«
    »Lady Norris ist eingetroffen, und es ist bald Mittag«, sagte Forster abrupt. »Du solltest wirklich zum Mahl erscheinen, Blount. Du und meine Schwägerin. Ich glaube, wir sollten alle auf meinen neuen Erben anstoßen.«
    Damit setzte er sich wieder in Bewegung. Er kam nun direkt auf mich zu …
    … und ging an mir und auch an Edith Odingsells Tür vorbei. Erst als er und seine Leute alle verschwunden waren, wusste ich, dass er auf mein Angebot eingegangen war.

    Lady Norris war mit dem Geleit eingetroffen, das ihrem Stand entsprach, was bedeutete, dass der Hof von Cumnor Place vor Maultieren und Pferden zu bersten schien, und sie alle mussten natürlich versorgt werden. In diesem Durcheinander war es leicht, Frobisher mit einem ausgeruhten Maultier nach Abingdon zu schicken. Ich lieferte ihm eine kurze Beschreibung des Rechtsgelehrten Herbert Maudlin, seines wahrscheinlichen Aufenthaltsortes und gab ihm eine Botschaft mit.
    »Wenn du das erledigt hast«, sagte ich, »würde ich an deiner Stelle versuchen, nach London zurückzukehren, ganz gleich, ob mit dem Schiff oder über die Straße, aber ohne weitere Übernachtungen beim ehrlichen Ned oder hier in Cumnor.«
    »Das kann ich nicht, Sir«, sagte er leise. »Nicht, ehe ich nicht weiß, wie Lady Dudley zu Tode gekommen ist.«
    »Ich dachte, Katherine Ashley bezahlt dich nicht und du hast dich nur aus hehrem Pflichtgefühl und der Hoffnung auf Patronage an meine Fersen geheftet.«
    »Master Blount, ich bin zutiefst gekränkt, dass Ihr mich immer noch nicht besser versteht.« Er schüttelte den Kopf und schaute aufseufzend zum Himmel. »Ich bin ein Künstler. Und als solcher muss ich das Ende eines jeden Stücks kennen, in dem ich eine Rolle spiele. Ich kann es nicht vorher verlassen. Und wann, frage ich Euch, werde ich je wieder die Gelegenheit haben, Teil einer solchen Geschichte zu sein?«

Kapitel 16
    Samstag, 14. September 1560
    L ady Norris trug den gleichen Vornamen wie meine Gemahlin. Ich versuchte, nicht an Margery zu denken, während ich ihr die Radieschen reichte, die wie üblich auf dem Tisch standen, ehe das Gastmahl serviert wurde. Zum Glück hatte sie wenigstens keinerlei äußere Ähnlichkeit mit ihr. Dennoch erschien sie mir wie ein lebender Mahnruf, denn sie sah mich streng an und sagte: »Bei Hofe machen die schlimmsten Gerüchte die Runde. My lord Dudley hat immer noch keine Erlaubnis, Kew zu verlassen. Was habt Ihr hier eigentlich die ganze Woche getan?«
    »Mein Bestes«, gab ich ein wenig kurz angebunden zurück. Ich kannte sie kaum; die Freundschaft zwischen den Norris und den Dudleys war, wie ich erwähnte, jüngeren Datums, genau wie der gute Stand der Norris bei Hofe. Unter der verstorbenen Mary waren sie so sehr in Ungnade gewesen, dass sie Glück hatten, nicht all ihre Güter losgeworden zu sein. Amy hatte nicht unrecht damit gehabt, dass Harry Norris und seine Gattin nun vor allem deswegen bei Hofe und in Gunst waren, weil die Königin alle Söhne und Töchter der fünf Männer protegierte, die seinerzeit mit ihrer Mutter hingerichtet worden waren. Das ging mich nichts an, doch Lady Norris sprach, als sei sie durch Geburt Teil dieser Familie, und das war sie nicht.
    »Dann tut mehr«, gab sie zurück. »Wisst Ihr überhaupt, was der spanische Botschafter derzeit ganz vertraulich jedem erzählt, der ihm zuhört?«
    »Was?«, fragte ich, die Ohren gespitzt. Wenn es das war, was ich vermutete, dann war ich zumindest ein Dilemma los und musste mich nicht ständig fragen, ob ich Robin von Cecils angeblichen Äußerungen gegenüber dem Gesandten erzählen sollte. Mittlerweile war mir nämlich zu allem anderen auch noch der Gedanke gekommen, dass sich Cecil schlicht und einfach auf de Quadras schlechte Englischkenntnisse berufen und behaupten konnte, der spanische Botschafter habe ihn gründlich missverstanden.
    »Was die junge Königin der Schotten und Franzosen gesagt haben soll, als sie von my lady Dudleys Tod erfuhr«, entgegnete Lady Norris. »Mary Stuart soll sich vor ihrem versammelten Hofstaat aufgebaut und verkündet haben: Die Königin von England wird ihren Stallmeister heiraten, der seine Frau getötet hat, um Platz in seinem Bett für sie zu schaffen. Das denkt im Ausland derzeit jeder, und ich will nicht wissen, wie viele in

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