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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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gerade so viel gesagt, dass sie ihn nicht verurteilen werden, doch auch nicht freisprechen. Die ganze Welt wird ihn für schuldig halten, und er kann nie von sich behaupten, er sei für unschuldig erklärt worden, weil ihn nie jemand vor Gericht deswegen angeklagt hat. An jedem Tag seines Lebens werden ihn die Menschen anschauen und denken, dieser Mann hat seine Frau getötet. Robin Dudley wird nicht als Gerechter sterben, sondern als Sünder leben, und in seiner unerfüllten Gier nach Macht und seinem Stolz wird er in Sünde sterben und geradewegs zur Hölle fahren. So ist es gerecht.«
    »Pirto«, sagte ich und versuchte mich, an das Einzige zu klammern, was sie vielleicht aus ihrer furchtbaren Logik herausreißen könnte, »was meinst du damit, dass my lady in der Hölle leiden muss? Willst du damit sagen …«
    »Nichts will ich sagen«, schnitt sie mir das Wort ab. »Sucht ruhig weiter nach den Briefen, Master Blount. Ihr werdet den Rest Eures Lebens suchen, und Ihr werdet sie nie finden.«
    »Pirto, ich …«
    »Das ist Eure Strafe. Zu wissen, dass die Wahrheit in ihnen steht, und sie niemals zu finden. Aber jeden Tag werdet Ihr Euch fragen müssen, ob nicht jemand anderes sie findet. Für den Rest Eures Lebens, hört Ihr? Und verschwendet Eure Zeit nicht damit, mich nach ihnen zu fragen, Master Blount. Ihr könnt bitten, flehen, und ja, Ihr könnt mich auf das Streckbett legen lassen, aber ich werde Euch doch nicht verraten, wo sie sind. Doch ich glaube nicht, dass Ihr das tun werdet. Denn wenn Ihr my ladys Zofe foltern lasst, was denkt Ihr wohl, was die Welt dann von Euch glaubt?«
    Es war sinnlos. Ich ließ sie allein zurück, umgeben von den Kerzen, die für eine Tote brannten.

    Auf dem Weg von der Kapelle zum Haus begegnete mir Claire Latimer, die mir mitteilte, dass die Geschworenen zurückgekehrt seien und mich zu sprechen wünschten. In dem Zustand, in dem ich mich nach dem Gespräch mit Pirto befand, war es mir gleich, ob das bedeutete, dass sie mich nun verdächtigten.
    Ich fand sie in dem Speisezimmer, in dem für sie noch einmal die Gänge aufgetragen wurden, die auch wir schon gegessen hatten.
    »Master Blount.« Der Bürgermeister sah mich prüfend an. »Stimmt es, dass Ihr my lady Dudley habt beerdigen lassen?«
    »Bis zu ihrer endgültigen Beisetzung, ja«, sagte ich tonlos, und erwartete die Frage, ob es mir denn darum gegangen sei, damit etwas zu verbergen.
    »Das war gewiss das Richtige«, meldete sich stattdessen Irsby zu Wort, der Mann aus Cambridge. »Unser Fleisch ist nun einmal vom Verfall bedroht, sobald es die Seele verlassen hat. Außerdem habe ich meine Untersuchung längst abgeschlossen, als wir das letzte Mal hier weilten.«
    »Und zu welchem Schluss«, fragte ich, »seid Ihr gekommen?«
    Irsby blickte zum Bürgermeister, der zustimmend nickte. »Ein Genickbruch«, sagte er in seiner dozierenden Gelehrtenstimme, »ausgelöst durch einen Fall. Doch was den Fall verursacht hat, das wissen wir natürlich nicht.«
    »Natürlich.« Ich atmete tief durch. Was auch immer ich sagte oder nicht sagte, konnte gegen mich und Robin ausgelegt werden; also machte es keinen Unterschied, wenn ich die Frage nach einer der vielen Ungereimtheiten selbst stellte. »Aber gibt es Euch nicht zu denken, dass my ladys Haube und Haar durch diesen Sturz nicht in Unordnung geraten waren?«
    »Master Blount, was plagt Euch?«, fragte der Bürgermeister verwundert und erfasste mit seiner Rechten das Amtssiegel, das er um den Hals trug. »Dergleichen Fragen erwarteten wir von Master Appleyard zu hören, doch nicht von Euch.«
    »Nun, ich …«
    »Selbstverständlich gibt uns das zu denken, Mann!«, donnerte einer der anderen Geschworenen. »Riecht nach einem teuflischen Bubenstück, aber …«
    »Aber vom Teufel wollen wir hier nicht sprechen«, unterbrach Irsby ihn fest. »Die Magd Pirto hat eingestanden, dass sie my lady das Haar gerichtet haben könnte.«
    Das ließ mich inmitten meines Schuldbewusstseins aufhorchen. Wenn Irsby Cecils Mann war, hätte er dann nicht eher alles hervorheben sollen, was nach Mord aussah?
    »Ihr glaubt Pirto also?«, forschte ich.
    »Wir glauben, dass sie vor Kummer außer sich ist«, sagte Irsby ruhig. »Und da scheint sie nicht die Einzige gewesen zu sein, nach den Geschichten, die sie über eure Lady erzählt hat.«
    Mir wurde kalt. »Nämlich?«
    »Die Klagen über Schmerzen in ihrer Brust und die Bitten, dass Gott sie aus ihrem Elend erlösen möge«, sagte der

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