Im Schatten der Königin: Roman
verantwortlich gemacht werden konnte: bei Besessenheit durch Dämonen oder den Teufel selbst. Und der Teufel war in Abingdon gesehen worden, vor Jahren und erst vor kurzem wieder, und das nicht nur von Felton. Natürlich musste Besessenheit von mehr als einem Gelehrten bezeugt werden.
»Und Ihr meint wirklich, dass Anthony Forster dafür bezahlen wird?«, fragte Maudlin. »Ich glaube nämlich nicht, dass Arthur Heatherton umsonst aus York hierherkommt, oder Cyrus Vaughn, und die beiden sind die Experten auf diesem Gebiet.«
»Oh ja«, sagte ich. »Wenn Ihr ihm vorher sagt, dass Ihr gedenkt, sonst eine gewisse Barbara Cross als Zeugin für Feltons Unschuld einzuberufen und alle übrigen Mitglieder ihrer Familie. Schließlich war sie der letzte bekannte Fall von Besessenheit. Aber Ihr solltet es bald tun, ehe Alice Forster aus Suffolk zurückkehrt. Sie erwartet ein Kind, und werdende Väter sind unberechenbar.«
Forster würde in den Geldbeutel langen und den törichten Knecht vor dem Galgen retten; ich muss ehrlich gestehen, dass die Aussicht mich nicht nur befriedigte, weil ich Felton für unschuldig hielt. Ob Forster nun derjenige war, der George Harkness wirklich hatte umbringen lassen, oder jemand anderer, wusste ich allerdings noch immer nicht. Auch an diesem Nachmittag in Abingdon sollte ich es nicht herausfinden. Immerhin erzählten mir Maudlin und Frobisher etwas, was vielleicht nichts, vielleicht aber auch alles bedeuten konnte.
»Wie es scheint, ist Master Maudlin nicht der erste Gelehrte, den Felton in den letzten zehn Tagen gesehen hat«, sagte Frobisher. »Nein, wie Felton uns erzählte, hat es hier einen Schreiberling gegeben, einen unscheinbaren Kerl, der Harkness dafür bezahlen wollte, den Leibwächter und Führer für ihn zu spielen.«
»Ein Mann aus Cambrigde«, sagte Maudlin voller Verachtung.
»Und wo wollte er hin?«, fragte ich erstaunt. Das einzige Ziel, das ein Gelehrter aus Cambridge in dieser Gegend haben konnte, war Oxford, und die kurze Strecke dorthin war nicht für Straßenräuber berüchtigt.
»Nach Oxford. Felton hat es Harkness übelgenommen, dass dieser sich das schnell verdiente Geld selbst unter den Nagel riss, statt ein gutes Wort für ihn einzulegen.«
»Woher wissen wir, dass der Mann tatsächlich aus Cambridge kam?«, wollte ich wissen.
»Nun«, erklärte Frobisher, »um Harkness seine mangelnde Kameradschaft heimzuzahlen, hatte Felton dem Schreiberling gesagt, dass es zwischen Abingdon und Oxford in den letzten zwanzig Jahren keine Überfälle mehr gegeben habe. Ah, aber Oxford selbst steckt voller Räuber, hat der Fremde daraufhin gesagt und gelacht. Zumindest für uns, die wir in Cambridge studiert haben. « Er ahmte einen eingebildeten Schreiberling so gekonnt nach, dass ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
»Cambridge«, schnaubte Maudlin verächtlich und belehrte mich wie alle anderen Oxfordianer vor ihm, dass wahre Gelehrsamkeit nur in Oxford zu finden sei und keinesfalls an »jenem anderen Ort«.
»Hat Felton Euch eine Beschreibung dieses Mannes aus Cambridge gegeben?«, fragte ich, und Maudlin nickte. Ich erwartete halbwegs, dass die Beschreibung auf Irsby zutraf, doch stattdessen sagte Maudlin: »Es ist doch eigentümlich, was das menschliche Gedächtnis sich merkt. Felton sagte, der Mann sei mit Sommersprossen übersät gewesen, und als ich zu ihm sagte, dass dem doch bei den meisten Menschen im Sommer so sei, da entgegnete er mir: Gewiss, bei unsereins, wir sind ja immer draußen, aber nicht bei Gelehrten wie Euch, die ständig in den Stuben hocken und feine weiße Hände haben, die nie einen Pflug anrühren würden. Dieser Kerl hatte sogar Ringe an seinen Händen, fast wie ein Edelmann, mit einem roten Stein, obwohl er sonst nur einen einfachen Wollmantel trug und Leinen, keinen Samt. Aber Finger hatte er wie ein Getreidedrescher, gar nicht wie ein Federfuchser.«
»Ringe und kräftige Hände«, wiederholte ich und dachte an Cecils Schreiber.
»Ganz recht«, gab Maudlin zurück. »Und da wirft man uns in Oxford Protzerei vor, aber das kann ich Euch sagen, Rubine trägt bei uns keiner.«
Damit war es immerhin wahrscheinlich, dass Cecils Sekretär durch Abingdon gekommen war. Ich hätte erleichtert sein sollen, doch bei mir stellte sich keine Befriedigung ein. Zum einen, weil ich selbst gerade dafür gesorgt hatte, dass Feltons Aussagen wertlos waren; wenn man ihm Besessenheit attestierte, dann war alles, was er von sich gab, auch nur Gerede
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