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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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unter Einfluss von Dämonen. Zum anderen, weil zu wissen, dass vor Amys Tod ein Vertrauter Cecils in Abingdon gewesen war, nichts an dem änderte, was Pirto in der Kapelle zu mir gesagt hatte. Es machte das, was Robin und ich Amy angetan hatten, nicht besser. Und es machte Amy nicht wieder lebendig.

    Als ich nach Cumnor zurückkehrte, fing mich Edith Odingsells zwischen dem Stall und dem Haus ab. »Ich glaube, ich …«, begann sie, unterbrach sich dann aber selbst. Sie musterte mich prüfend. »Was ist Euch, Tom?«, fragte sie, und es lag nicht eine Spur Feindseligkeit mehr in ihrer Stimme.
    »Eine Frau ist tot«, sagte ich müde. »Darauf läuft doch alles hinaus, oder etwa nicht? Ich wollte es nur nicht wahrhaben, Gott helfe mir. Dabei ist es so einfach. Ich hätte das alles sehr leicht verhindern können, wisst Ihr? Als Robin siebzehn war und alle paar Wochen seiner ganz großen Liebe begegnete. So unreif darf man doch nicht heiraten, und ich war derjenige, der dabei einfach zusah und es eigentlich nur lustig fand. Ich war derjenige, der mit dem alten Robsart die Hochzeitsbedingungen aushandelte. Es wäre so einfach gewesen, unangemessene Forderungen zu stellen und dafür zu sorgen, dass es zu keiner Ehe kam. John Dudley war nicht gegen die Verbindung, aber sie gehörte auch nicht zu seinen Plänen, und er wäre Robsart nicht sehr weit entgegengekommen, nur, um einem seiner Söhne einen Gefallen zu tun und ihn aus Liebe heiraten zu lassen. Er hätte Robin gesagt, er solle sich das Mädchen aus dem Kopf schlagen, und mein Vetter hätte eine Weile Trübsal geblasen und sich dann in eine andere verliebt.«
    »Tom, Ihr …«
    »Und noch in diesem Frühjahr, wisst Ihr, was ich da hätte tun sollen, statt meinen eigenen Launen nachzugeben, als Amy zu mir kam? Ich hätte mich sofort auf den Weg zu Robin machen und ihm sagen sollen, dass es seine Pflicht und Schuldigkeit wäre, sich endlich um die Frau zu kümmern, die er vor Gott zu der seinen gemacht hat. Ich hätte sie nicht nach Cumnor bringen sollen, sondern nach Hampton Court, nach Windsor – es wäre noch nicht zu spät gewesen.«
    »Ist das wirklich Euer Ernst?«, fragte Edith sanfter, als ich jemals für möglich gehalten hätte, doch ich achtete kaum darauf.
    »Ja«, sagte ich, und das war es wirklich.
    »Tom«, begann Edith, und ihre Stimme war nun so leise, dass ich zu ihr treten musste, damit ich sie verstand, »ich glaube, ich weiß, wo Pirto die Briefe versteckt hat. Ihr müsst selbst entscheiden, ob Ihr sie an diesem Ort suchen wollt und was Ihr damit tut, wenn Ihr sie findet.«
    Was ich von den Briefen noch hoffte oder fürchtete, wusste ich nicht zu sagen. Ich wusste nur, dass ich die Wahrheit herausfinden wollte, so oder so.
    »Wo?« fragte ich, und Edith Odingsells sagte es mir.

SECHSTES ZWISCHENSPIEL
    D ie Nordterrasse von Windsor Castle war ein einziger Baugrund, weil Elizabeth den Befehl gegeben hatte, sie überdachen zu lassen. »Ich will bei jedem Wetter an die frische Luft gehen können«, hatte sie gesagt, »ohne dass du mir damit ständig in den Ohren liegst, dass ich mir eine Erkältung einfange.«
    Am Samstagmorgen machte sie ihren Spaziergang zwischen Gerüsten aus Fichtenholz, von mir und zwei weiteren verstohlen hinter vorgehaltener Hand gähnenden Hofdamen begleitet. Die Uhr der Georgskapelle hatte gerade erst sechs geschlagen; daher waren noch keine Arbeiter hier. An anderen Tagen hätte ich mich selbst in mein Bett zurückgewünscht, denn allmählich fühlte ich mich zu alt für solche frühmorgendlichen Ertüchtigungen, aber in der vergangenen Nacht hatte ich ohnehin kaum geschlafen. Die beiden anderen Hofdamen waren junge Mädchen, die mir sofort gehorchten, als ich ihnen bedeutete, etwas zurückzubleiben.
    »Es ist noch nicht Sonntag, Kat«, sagte mein Mädchen zu mir, da sie sofort merkte, dass ich alleine mit ihr sprechen wollte. »Noch zwei Tage, bis es Nachricht aus Cumnor geben muss. Und ist nicht alles zwischen uns gesagt, was es zu Robin und mir zu sagen gibt? Lass uns den Morgen nicht mit einem Streit beginnen.«
    »Es war nicht meine Absicht, über my lord Dudley zu sprechen«, sagte ich; meine Lippen fühlten sich taub an, als ich sie bewegte. »Madam, Ihr habt schon als Kind gerne Spitznamen verteilt. An Eurem Geburtstag vor einer Woche fiel mir auf, dass Ihr my lord Dudley zwar Eure Augen nanntet, doch Sir William Cecil Euren Geist.«
    »Und was weiter?«, fragte sie, ungehalten und neugierig zugleich.
    »Ohne Eure

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