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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Robin vorstellen zu können, sei es, weil er lesen wollte, was ich geschrieben hatte, um es jemand anderem zu berichten.
    »Wenn in den nächsten zwei Stunden kein Bote von my lord hier eintrifft, der einen Brief für mich hat und meinen mitnehmen kann, dann sollte mich das wundern«, sagte ich. »Er wartet ungeduldig auf Nachricht von mir, und er wird sie niemand anderem als seinen vertrauten Dienern übergeben sehen wollen.« Dabei fiel mir etwas ein. »Außerdem gibt es etwas Wichtigeres, das du hier für mich tun kannst«, setzte ich hinzu. »Finde heraus, wer hier im Haushalt lesen und schreiben kann und wer nicht. Wenn möglich, ohne direkt zu fragen. Ich gehe davon aus, dass du selbst dazu in der Lage bist?«
    »Blountester aller Toms, edler Mäzen«, sagte Frobisher, »wenn ich nicht lesen könnte, dann wäre ich nicht in der Lage, die Worte nachzusprechen, die sich manch ein Poet für unsereins ausdenkt, und wenn ich nicht schreiben könnte, dann könnte ich sie nicht ändern, um sicherzugehen, dass man sie auch sprechen kann, ohne sich wie ein Narr anzuhören.«
    »Ein einfaches Ja hätte genügt«, gab ich zurück und fragte mich einmal mehr, was Robin in diesem Künstlergelichter eigentlich sah.

    Ich behielt recht: Medwen brachte mir eine Botschaft und hatte Befehl, sofort mit einer Antwort zurückzureiten, aber nicht nach Windsor. Die Königin hatte Robin befohlen, sich nach Kew zurückzuziehen, wo sie ihm im letzten Jahr ein Haus geschenkt hatte, und dort zu bleiben, bis eine Runde von Geschworenen zu einem Urteil über die Umstände von Amys Tod gekommen war.
    »Wenn my lord ein Haus in Kew hat, warum lebte my lady dann nicht dort, sondern hier?«, fragte Frobisher am Abend. Er hatte sich ohne weiteres befugt gefühlt, sich das kleine Bett für Dienstboten im Zimmer des Ehrengastes zu nehmen, das tagsüber unter das große Bett geschoben wurde und in dem bis heute Pirto genächtigt haben musste.
    »Das Gebäude musste erst wiederhergestellt werden und ist erst in diesem Monat fertig geworden«, erwiderte ich. Der andere Grund war, dass Kew London erheblich näher lag als Cumnor, aber davon sagte ich nichts. Robin schrieb in seinem Brief nichts darüber, ob die Königin ihm weiterhin gewogen war und nur vorsichtig sein wollte, oder ob das der erste Schritt zu einer Verbannung war; natürlich nicht. Er hätte so etwas nie dem Papier anvertraut und mir wahrscheinlich auch nicht mündlich gesagt, es sei denn, die Dinge stünden wirklich schlimm. Was er schrieb, war, dass die Königin, wenn die Geschworenen nicht bis zum sechzehnten zu einem Urteil hinsichtlich der Ursache von Amys Tod gekommen seien, sich »weitere Schritte vorbehalte«, eine Bemerkung, die mich unangenehm an das Schicksal seines Großvaters erinnerte. Wenn Elizabeth nicht die von Liebe entbrannte Frau war, die der Klatsch aus ihr machte, dann konnte es sehr wohl sein, dass sie sich ein Vorbild an ihrem Vater nahm. Eine der sichersten Methoden, wie ein Fürst die Gunst des Volkes erhalten kann, ist die, einen unbeliebten Höfling zu opfern und dem Mann dabei alle Schuld an vorhergehenden Fehlgriffen zu geben. Unser alter König Henry hatte nach diesem Prinzip Kardinal Wolsey geopfert und Staatssekretär Cromwell hinrichten lassen, aber der Erste, der nur um der Beliebtheit des Königs beim Volk willen starb, war Edmund Dudley gewesen, der für Henrys Vater die Steuern erfolgreicher als jeder andere eingetrieben hatte und dafür zutiefst gehasst wurde. »Ich war neun Jahre alt«, hatte John Dudley mehr als einmal bitter in meiner Gegenwart zu seinen Söhnen gesagt, »und ich kann mich erinnern, wie die Menge ihrem guten König zujubelte, als der Kopf meines Vaters fiel. Nichts ist wetterwendischer als Fürstengunst, merkt euch das. Und sorgt dafür, so viele Anhänger zu haben, dass man es sich nicht leisten kann, euch ohne weiteres zu opfern.«
    Robin hatte Anhänger. Aber sie waren entweder nutzlose Scholaren und Dichter oder Leute wie ich und Anthony Forster, die mit ihm standen und fielen. Solche Anhänger hatte sein Vater nicht gemeint. Soweit es den Rest des Landes betraf, hatte Robin nie den Eindruck gemacht, mit weniger als der Hand der Königin zufrieden zu sein, und ein Mann, der sich anschickte, König zu werden, würde nie Freunde haben, sondern nur Bittsteller und Gegner.
    Ich lockerte meinen Kragen, weil mich auf einmal eine Stelle am Hals juckte, und versuchte, mir von der Erwähnung eines festen Datums keine Furcht einjagen

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