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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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mich mühsam und stapfte zu dem Dienstbotenbett.
    »Frobisher, wach auf!«, sagte ich laut. Als dies keine Reaktion zeigte, versetzte ich ihm einen Tritt gegen seinen Allerwertesten; nicht so fest, dass er vor Schmerz aufschreien müsste, aber doch so stark, dass er das Reich der Träume verließ.
    Frobisher stieß einen halb stöhnenden, halb knurrenden Laut aus, wie ein junger Hund, den man aus dem Schlaf riss, und rieb sich die Augen. Auf einmal mochte ich ihn um einiges lieber. Zumindest gehörte er nicht zu den Menschen, die sofort nach dem Aufwachen muntere Bemerkungen machen können und die man deswegen am liebsten umbringen würde, vor allem, wenn man selbst nicht in der Lage gewesen war, ein Auge zuzutun.
    »Frobisher, hat George Harkness wirklich zu dir gesagt, er hätte gehört, dass der gesamte Haushalt von Cumnor den Jahrmarkt besuchen wollte? Dass er ihm deswegen am Sonntag ferngeblieben sei?«
    »Ja, Sir«, gähnte er.
    »Dann würde ich wirklich gerne wissen, woher, denn so, wie hier jeder die Geschichte erzählt, war das eine Laune, die Amy erst am Sonntagmorgen gekommen ist.«

ZWEITES ZWISCHENSPIEL
    I ch hätte es nie für möglich gehalten, doch an manchen Tagen sehne ich mich fast in den Tower zurück.
    Nun, natürlich ist dies nicht ganz die Wahrheit. Als ich zum ersten Mal dorthin gebracht wurde, während der Herrschaft des jungen Königs Edward, hat man mir mit der Folter gedroht, und beim zweiten Mal, unter der verstorbenen Königin Mary, wachten Elizabeth und ich täglich mit der Möglichkeit auf, dass sie hingerichtet werden könnte. Ich war auch noch ein drittes Mal in Haft, immer noch unter Mary. Offiziell, weil sie eine Durchsuchung veranlasst hatte und ketzerische Bücher bei mir gefunden wurden, und in Wirklichkeit, um noch einen Versuch zu machen, ihre jüngere Schwester in Angst und Schrecken zu versetzen. Dieses dritte Mal brachte man mich nicht in den Tower, sondern ins Fleet-Gefängnis. Unter den Wächtern waren einige Protestanten, die sich nur aus Furcht katholisch gaben und sehr freundlich mit Leuten wie mir umgingen. Doch das änderte nicht viel: Ich war kein Gast, ich war eine Gefangene; ich schwebte in der Gefahr, schwer für etwas bestraft zu werden, was ich getan oder auch nicht getan hatte. Und natürlich wünsche ich mir diese fürchterlichen Zeiten nicht zurück. Aber damals hatte ich, im Gegensatz zu heute, zumindest nicht mit all den Hofdamen zu tun, die unaufhörlich über die verstorbene Lady Dudley klatschten und versuchten, von mir zu erfahren, ob man bei der Königin besser fuhr, wenn man sie nicht erwähnte oder wenn man sie betrauerte. Oder sollte man vielleicht der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Vermählung der Königin mit Robin Dudley nun bald möglich sein würde? Die einzige Ausnahme war Lady Mall Sidney, doch mit ihr konnte ich nicht sprechen, ohne Anlass zu neuem Klatsch und Mutmaßungen zu geben: Sie war Robin Dudleys Schwester.
    Nachdem Elizabeth dem Hof Lady Dudleys Tod verkündet hatte, ging das Geschnattere wie erwartet los, aber noch schlimmer waren diejenigen, die sich ungeniert nach dem nächsten ausländischen Botschafter umschauten, um gegen ein Entgelt Auskünfte darüber anzubieten, was ihrer Meinung nach zwischen der Königin und Robin Dudley vor sich ging. Mit dergleichen muss man natürlich immer rechnen, denn diese Art von Gelderwerb war bei Hofe zu allen Zeiten gang und gäbe.
    Aber in einer Zeit, in der ein Skandal die Königin ihren Thron kosten konnte, da durfte man nicht wohlwollend ein Auge zudrücken und sich sagen, es sei gleich, was die Hofdamen den Botschaftern erzählten. Umso mehr, da die Hofschranzen gerade alle Zeit der Welt dazu haben, weil die Königin jede Veranstaltung, die nicht der Staatsführung diente, abgesagt hatte. Wenn man ihr nicht vorwerfen sollte, dass sie Amy Dudleys Tod mit höfischen Festen feierte und sich bereits die Schuhe für ihre eigene Hochzeit eintanzte, hatte sie gar keine andere Wahl.
    »Aber Mrs.Ashley, warum sollte ich kein Boot nach London nehmen? Ich muss doch meinen Schneider aufsuchen, um mir Trauerkleidung für Lady Dudley zu bestellen.« Dergleichen bekam ich Dutzend Male zu hören, noch ehe es Mittag wurde. Gewöhnlich kam dann als Nächstes: »Soll das heißen, dass die Königin keine Trauer für Lady Dudley wünscht? Doch? Nun, dann muss ich wirklich …«
    »Ihr könnt einen Diener in die Stadt schicken, my lady. Um inzwischen Eure persönliche Trauer um Lady Dudley zu zeigen,

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