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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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dritten Gemahlin des alten Königs, Jane Seymour. Das machte ihn natürlich auch zum Onkel des neuen Königs, dem kleinen Edward. Niemand hatte Elizabeth oder mir verraten, dass er sofort nach dem Tod König Henrys nichts Besseres zu tun hatte, als beim Regentschaftsrat um ihre Hand oder die ihrer Schwester Mary anzuhalten; das haben wir erst viel später erfahren, und es stellte alles, was folgen sollte, in ein ganz anderes Licht. Der Regentschaftsrat – oder besser gesagt, Thomas Seymours älterer Bruder Edward als dessen Vorsitzender – hielt ganz und gar nichts davon, und lehnte beide Möglichkeiten sofort ab. Daraufhin machte Thomas der Witwe des Königs einen Antrag, und der wurde sofort angenommen. Catherine Parr war ihm schon vor ihrer Ehe mit dem König zugetan gewesen und hatte Henry nur unter sehr großem Druck geheiratet. Bestimmt hatte auch sie nicht gewusst, dass Thomas Seymour zuerst eine ihrer Stieftöchter hatte haben wollen und es ihm gleich gewesen war, welche es sein sollte.
    Mein Mädchen hielt die neue Wendung im Leben ihrer Stiefmutter für eine wahr gewordene Romanze: Die Königinwitwe war ihr die liebste unter ihren Stiefmüttern gewesen, eine kluge, belesene Frau, eine Reformerin, die dem alten König mehr Krankenpflegerin als Ehefrau gewesen war und nun den Mann heiratete, den sie seit ihrer Jugend geliebt hatte. Ein glückliches Ende für alle. Als Catherine Parr mich bat, mit Elizabeth nach Chelsea zu kommen und dort mit ihr und ihrem neuen Gatten zu leben, da sagten wir beide begeistert ja.
    Ich gebe es zu, ich hatte selbst eine Schwäche für den Lord Admiral, obwohl ich verheiratet und nicht mehr jung war. Eine harmlose Schwäche, die ich mit fast allen Frauen des Hofes teilte. Thomas Seymour galt als einer der bestaussehenden Männer im Königreich, und es war nicht ungewöhnlich, für ihn zu schwärmen, so wie man für den König in seiner Jugend oder für die Helden von Ritterepen schwärmte. Wie John Dudley hatte er sich zur See hervorgetan und war zum Admiral gemacht worden, doch anders als Dudley war er unverheiratet, und bei den Turnieren, die der König gelegentlich veranstaltete und bei denen er glänzte, trug er jedes Mal die Farben einer anderen Dame, so dass offenbar keine sein Herz besaß. Ein fleischgewordener Sir Gawain, das war alles, was ich in ihm sah. Genauso, dachte ich, ging es meinem Mädchen, zumal er sich wirklich ins Zeug legte, um sie für sich zu gewinnen; und was war verwerflich daran, er war doch jetzt ihr Stiefvater. Er überraschte sie morgens in der Frühe und veranstaltete Kissenschlachten mit ihr. Er kitzelte sie, bis sie vor Lachen atemlos war. Er veranstaltete Wettrennen mit ihr und seiner Gemahlin. Kurzum, er gab ihr die Kindheit, die sie bei ihrem Vater und den Stiefmüttern, die der König ins Grab brachte, wenn er sich nicht von ihnen scheiden ließ, nie gehabt hatte – das dachte ich. Und ich bewunderte ihn dafür. Bestimmt jeden zweiten Tag sagte ich Elizabeth, was es doch für ein Glück für sie war, solche Stiefeltern gefunden zu haben. Thomas Seymour, da war ich dummes Ding sicher, würde sich um sie kümmern wie um seine eigene Tochter, er würde eine gute Ehe für sie arrangieren, wenn sie alt genug war. Seinem Bruder Edward und dem Rest des Regentschaftsrats traute ich nur zu, einen Mann auszusuchen, der ihnen möglichst wenig Ärger bereitete, und ich kannte mein Mädchen; sie würde mit so einem Schattenmann nie zufrieden sein.
    Eine erste Ahnung, dass etwas nicht stimmte, beschlich mich, als eines der Wettrennen damit endete, dass Thomas Seymour ihr schwarzes Kleid mit seinem Messer in Stücke schnitt, als er sie einfing, so dass sie nur noch in ihrem Hemd dastand. Bild dir nichts ein, sagte ich mir, die Königinwitwe war dabei und hielt sie fest, das war nichts weiter als ein merkwürdiger Scherz … aber im Grunde wusste ich, das kein Mann auf diese Weise mit einem Kind spielte. Nein, das war etwas, das ein Mann mit einer Frau tat, und spätestens an jenem Tag hätte ich aufwachen und schleunigst mit Elizabeth abreisen müssen, ganz gleich, ob zu ihrem Bruder Edward, zu Mary oder zurück nach Hatfield, wo wir immer dann vom alten König hingeschickt worden waren, wenn er Anne Boleyns Tochter nicht um sich sehen wollte. Aber alles, was ich tat, war, Catherine Parr zu bitten, my lord Seymour möge doch etwas weniger übermütig im Umgang mit Elizabeth sein und daran denken, dass sie bald erwachsen sein würde und sich daher

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