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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Kitty Howard, genau wie Anne Boleyn hingerichtet wurde, da war mein Mädchen acht Jahre alt und vergaß ganz gewiss nichts, aber wieder bestand sie darauf, nie mehr von Kitty zu sprechen. Den Lord Admiral ebenfalls in diese Reihe einzuordnen schien mir der falsche Weg zu sein, um seinen Geist zu bannen, gemessen daran, wie Elizabeth zwar nie von Kitty gesprochen hatte, doch sich jedes Mal, wenn wir nach Hampton Court beordert wurden, weigerte, die Galerie zu betreten, wo sie Kitty zum letzten Mal lebend gesehen hatte. Also entgegnete ich:
    »Er mag sich letztendlich als unwürdig erwiesen haben, doch Ihr braucht Euch nicht zu schämen, wenn Ihr um ihn trauert, mein Kind. Weint Euch nur bei mir aus.«
    »Um ihn trauern? «, stieß sie hervor. »Ich bin froh, dass er tot ist. Ich habe ihn gehasst! «
    Erschrocken schlug ich meine Hand vor den Mund.
    »Kein Mensch hat mich je gefragt, ob ich einverstanden war mit dem, was er tat«, sagte sie bitter. »Er sagte, ich schulde ihm Gehorsam, da er doch mein Stiefvater sei, und er wolle mich nur etwas besser auf die Ehe vorbereiten.«
    Und da, in diesem schrecklichen Moment, begriff ich endlich, was ich so lange hätte sehen sollen. »Kind!«, stieß ich leise hervor. Ich weiß nicht, ob sie es hörte; sie sprach einfach weiter.
    »Wenn ich versucht habe, mit dir über ihn zu sprechen, dann hast du mir immer noch sein Loblied gesungen und gemeint, wie dankbar ich ihm doch sein müsste. Er fand das ungeheuer komisch. Er sagte, natürlich würden alle jungen Mädchen sich zieren, aber im Grunde wollten es doch alle, kein Weib würde nein meinen, wenn sie nein sagt. Wenn das die Ehe ist, dann will ich nichts mehr davon wissen, nie.«
    Ich versuchte, sie zu unterbrechen, streckte eine Hand nach ihr aus, aber sie schlug sie fort.
    »Mein Herr Stiefvater hätte immer so weitergemacht, wenn ich nicht dafür gesorgt hätte, dass die Königinwitwe uns erwischte. Dass sie ihn dabei sah, wie er mir sein lebendes Zepter in die Hand drückte. So hat er es genannt: sein lebendes Zepter. Da musste sie mich fortschicken, und es hat endlich aufgehört!«
    Gut zehn Jahre ist das jetzt her, und wir haben in der Tat nie mehr darüber gesprochen. Aber seitdem ist kein Tag mehr vergangen, an dem ich nicht gebetet habe, Gott der Herr und Elizabeth mögen mir meinen Fehler verzeihen. Ich habe spät geheiratet und hatte nie eigene Kinder. Sie ist das Kind meines Herzens.

    Ich saß in der Kapelle von Windsor zwischen den jungen Damen, die gehorsam die Lippen bewegten, um für Amy Dudley zu beten, und dachte daran, dass ich damals besser daran getan hätte, Thomas Seymour Gift in den Becher zu mischen, als er und die Königinwitwe uns zu sich einluden. Ich dachte daran, dass vielleicht das Beste, worum ich beten konnte, ein baldiges Ableben von Robin Dudley sein mochte. Wenn Robin Dudley seine Frau umgebracht hatte, dann war er nicht besser als der Lord Admiral und eine noch größere Gefahr, denn ihm vertraut mein Mädchen, und ihn, das weiß ich, auch wenn sie es nie ausgesprochen hat, ihn liebt sie wirklich.
    Robin Dudley hatte sich immer einer eisernen Gesundheit erfreut. Wenn ihn nicht gerade ein Unfall ereilte, würde er gewiss noch Jahrzehnte leben. Ein Unfall, dachte ich – und erschrak, als ich merkte, wohin meine Gedanken mich führten. Nein, sagte ich mir wieder und wieder, nein. Mord ist eine Todsünde. Nein!
    Aber ich erinnerte mich auch, wie die Äbtissin des Klosters, in das mich mein Vater in lange vergangenen Tagen gesteckt hatte, uns lehrte, dass Krieg dem Herrn ein Greuel sei, es sei denn, er würde um einer gerechten Sache willen geführt. Ich erinnerte mich daran, wie viel Unheil hätte vermieden werden können, wenn jemand Thomas Seymour in seiner Wiege erwürgt hätte.
    Als ich betete, wusste ich nicht mehr, ob es für die Errettung meines Mädchens aus allen Gefahren war, für Robin Dudleys Tod oder für meine eigene Seele.

Kapitel 7
    Mittwoch, 11. September 1560
    E s regnete. An manchen Morgen finde ich es trübselig, zu diesem eintönigen Rauschen aufzuwachen, aber nach einer schlaflosen Nacht war frischer, kühler Regen genau das Richtige für mich. Ich ließ Hemd, Wams und Kragen zurück und ging mit bloßem Oberkörper hinaus in den Garten, um ihn auf meiner Haut zu spüren. Margery hätte gesagt, dass ich für solche Narreteien inzwischen zu alt war, und mir prophezeit, dass ich das Ergebnis schon sehr bald in meinen Knochen spüren würde. Wahrscheinlich hätte sie

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