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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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können. Es gibt nichts, was du in Oxford für mich tun könntest, das so wichtig wäre. Was my lord betrifft, die beste Gelegenheit, Eindruck auf ihn zu machen, hast du, wenn du Ergebnisse bringst. Ehe my lady nicht in Ehren unter der Erde liegt und seine Reputation wiederhergestellt ist, wird er bestimmt niemanden in seinen Haushalt aufnehmen, das schwöre ich dir. Und danach gewiss nur, wenn er weiß, dass er immer auf dich zählen kann.«
    Frobisher schob sich eine Haarsträhne aus den Augen; Zweifel und Argwohn standen in seinem Gesicht geschrieben.
    »Wenn Ihr mich loswerden wollt«, erwiderte er mit mehr Würde, als ich ihm zugetraut hätte, »sagt es mir geradeheraus, Master Blount. Dann werde ich meine Zeit nicht länger hier verschwenden.«
    Er war mir seit gestern Abend zwar noch ein wenig verdächtiger als vorher, aber ich wollte ihn nicht loswerden, im Gegenteil. Er hatte sich als hilfreich erwiesen, und ich benötigte Hilfe. Ich hob meine Rechte.
    »Bei Gott und allen Heiligen, Frobisher, ich will dich nicht loswerden. Ich stehe zu meinem Wort. Eine Woche ist eine Woche. Ich brauche diese Auskünfte.«
    Das Grinsen kroch in sein Gesicht zurück. »Bei allen Heiligen, Sir? Was für ein papistischer Eid! Vergesst bitte nicht, wir sind doch wieder alle aufrechte Protestanten.«
    »Daran besteht kein Zweifel«, entgegnete ich knapp. »Im Übrigen wäre ich dir dankbar, wenn du mich die kurze Strecke nach Oxford ruderst, denn nach dem Wetter gestern muss man gewiss durch die Straßen waten wie durch einen Schweinetrog. Aber dann kehr hierher zurück und mach, was ich dir aufgetragen habe.«
    Wesentlich besser gelaunt verschwand er in die Küche, um den Latimers Brot, Butter und ein wenig Bier für unser Frühstück zu entlocken. Ich packte meine wenigen Habseligkeiten zusammen. Dann schrieb ich eine kurze Nachricht für Anthony Forster, in der ich darum bat, allen eintreffenden Freunden Amys auszurichten, dass ich in ein, zwei Tagen zurück sein würde und mit ihnen sprechen wollte. Ich unterließ es, Oxford oder Kew zu erwähnen, da Frobisher ihm die Nachricht überbringen würde. Auf dem Papier war noch viel Raum, und ich wusste nur allzu gut, dass so manchem mit gefälschten Ergänzungen der Strick um den Hals gelegt worden war, also fügte ich noch hinzu, Forster möge sich um meinen Diener Frobisher kümmern, und setzte dann schräge Striche darunter, um die Seite gänzlich zu füllen.
    Es war früh genug, um mich nicht unberechtigt hoffen zu lassen, ich könne Cumnor verlassen, ohne jemand anderem als vielleicht ein, zwei Knechten zu begegnen, aber Fortuna entschied sich wieder für ein böses Spiel mit mir. Ich war noch auf dem Innenhof, da lief mir Edith Odingsells über den Weg, adrett angekleidet, als sei es sehr viel später, und mit kein bisschen Müdigkeit in den Augen. Es erinnerte mich daran, was für ein grässliches kleines Mädchen sie gewesen war und immer schon vorlaut, ehe ich mir den Schlaf aus den Augen gerieben hatte.
    »Tom Blount«, sagte sie, ohne sich die Mühe zu machen, ihre Stimme zu senken, »stehlt Ihr Euch heimlich aus dem Haus, jetzt, wo Euch der Boden heiß wird unter den Füßen? Das überrascht mich nicht.«
    Einen Herzschlag lang war ich versucht zu protestieren, aber dann zuckte ich die Achseln. Es war die Sache nicht wert. Wenn ich daran dachte, was ich heute alles erledigen wollte, war es sinnlos, einen Streit mit Edith Odingsells anzufangen.
    »Ihr habt in jedem Punkt recht«, sagte ich daher. »Ich bin ein Feigling und laufe davon, ohne jede Absicht, je nach Cumnor zurückzukehren. Wenn Ihr Euch beeilt, könnt Ihr John Appleyard gewiss wecken, ehe ich zu weit von Cumnor entfernt bin, als dass er mich noch einholen könnte. Ich empfehle kaltes Wasser oder den Klang Eurer bezaubernden Stimme. Gehabt Euch wohl, Edith.«
    Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit hatte ich das Vergnügen, sie sprachlos zu erleben.
    Ich verbeugte mich und schritt weiter, wohl wissend, dass ich den seltenen Moment nicht auskosten konnte, denn wenn man dieser Frau Zeit ließ, so hatte man es sich selbst zuzuschreiben, wenn sie einen dann mit ihrer Zunge in kleine Fetzen riss.
    Ich hatte sie unterschätzt; die Jahre mussten sie gelehrt haben, ihre Fassung noch schneller als früher wiederzugewinnen.
    »Ihr habt zu lange Zeit bei Hofe verbracht«, rief sie mir hinterher. In ihrer Stimme schwang zu meiner Überraschung nicht nur die übliche Feindseligkeit mit, sondern etwas, was sich

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