Im Schatten der Leidenschaft
vorstellen.«
»Ich bin entzückt, Miss Gresham.« Marcus verbeugte sich, seine schwarzen Augen waren voller Vergnügen und auch Bewunderung. Aus irgendeinem Grund schien der Schmutzstreifen ihre Pfirsich-mit-Sahne-farbene Haut noch zu betonen; durch ihren inneren Aufruhr hatten ihre Augen ein unglaublich tiefes Blau angenommen, und ihre zornig bebenden Lippen hoben die Vollendung ihres Mundes noch hervor.
»Oh, Ihre Peitsche, Lord Carrington. Vielen Dank, und es tut mir leid, wenn ich sie Ihnen einfach entrissen habe.« Sie hielt sie ihm hin.
»Keine Ursache«, murmelte er. »Ich hätte Ihnen gern meine Hilfe angeboten, aber die hatten Sie ja offenbar nicht nötig.« Er warf Hugo Lattimer einen amüsierten Blick zu, der ihn mit einem resignierten Kopfschütteln erwiderte.
»Komm her, Mädel. Dein Hut ist verbogen.« Sorgfältig darum bemüht, dem Bündel in ihren Armen auszuweichen, bog Hugo den Strohhut gerade, wodurch Marcus einen besseren Blick auf ihren glänzenden, goldenen Kopf bekam.
Dann nahm Hugo sein Taschentuch heraus, befeuchtete einen Zipfel und wischte damit den Schmutz von ihrer Wange. »Jetzt sei doch bitte noch so gut und sage mir, was du mit dem Bärenjunges anfangen willst. Ich glaube kaum, daß Dante ihn mögen wird ... es ... ganz zu schweigen von Beatrice.«
»Dante?« fragte Marcus fasziniert. »Beatrice?«
»Oh, mein Haushalt ähnelt einem Zirkus«, informierte ihn Hugo. »Bisher haben wir sieben Katzen, einen riesigen, besessen hingebungsvollen Köter, einen einbeinigen Papagei, der die übelsten Flüche kennt, die Sie je gehört haben, und jetzt auch noch einen Bären, wie es scheint... oh, und in der Vergangenheit hatten wir noch eine Schleiereule und einen lange gequälten Klepper, den sie vor einem Rübenverkäufer errettet hat. Sie erfreuen sich alle der phantasievollsten Namen.«
»Sie scheinen eine ausgesprochene Nervenkraft zu besitzen, mein Freund«, kommentierte Marcus.
»Ihr lacht mich aus«, beschwerte sich Chloe und sah von einem zum anderen.
»Um Himmels willen, nein.« Hugo hob die Hände. »Was könnte weniger komisch sein als ein Bär?«
»Er ist doch noch ein Baby«, sagte sie wieder und beugte den Kopf, um das zerraufte Bündel Fell in ihren Armen zu betrachten. Ein paar glänzende Augen sahen sie an, und ein schwarzes Maul schnupperte.
»Aber was willst du damit machen?«
»Ich frage mich, ob ein Bär wohl auch stubenrein werden kann-«
»Nein!« schrie Hugo.
»Glaubst du nicht ?« Sie sah auf und legte mit gerunzelter Stirn den Kopf schief.
»Ich halte es doch für sehr unwahrscheinlich.« Marcus gab seine Unterstützung dem, der sie zu brauchen schien. »Der Stall ist wohl der geeignetste Ort... zumindest bis er ... bis er... groß ist.« Seine Stimme zitterte etwas, als Hugo hörbar stöhnte, und sie stellten sich beide gleichzeitig vor, wie sich ein ausgewachsener Bär in einer Londoner Wohnung ausmachen würde.
»Nun, ich werde mal sehen«, sagte Chloe, »sobald ich überprüft habe, ob er stark verletzt und wie unterernährt er ist. Vielleicht werde ich ihn für eine Weile drinnen behalten müssen.«
»Ich wünschte, daß ich noch nicht weg müßte«, murmelte Marcus, »bis Sie die Angelegenheit geregelt haben, aber unglücklicherweise habe ich eine Verabredung.« Er streckte Hugo noch einmal die Hand hin. »Sie müssen mit bemerkenswerter Beherrschung ausgestattet sein, Lattimer. Ich weiß kaum, ob ich Ihnen eher meine Glückwünsche oder mein Beileid aussprechen soll.«
»Ich weiß beides zu schätzen«, sagte Hugo matt. Er kannte Marcus Devlin kaum, aber seine Reaktion auf die Situation schaffte eine leichte Art von Vertrautheit zwischen ihnen. Doch diese Wirkung schien Chloe auf die meisten Menschen zu haben. »Ich frage mich nur, was der Rest der Gesellschaft dazu sagen wird.«
»Mit ihrer Schönheit«, sagte Marcus so leise, daß Chloe es nicht hörte, »wird sie die Stadt bald vor sich auf den Knie liegen sehen, mein Freund.«
»Ganz zu schweigen von ihren achtzigtausend Pfund«, sagte Hugo ebenso leise, auch wenn Chloe von ihrer neuen Errungenschaft viel zu eingenommen war, um ihrer Unterhaltung zuzuhören.
Marcus spitzte die Lippen zu einem lautlosen Pfeifen. »Sie werden die Verehrer mit Gewalt von Ihrer Tür vertreiben müssen, Lattimer.«
Er wandte sich wieder Chloe zu. »Miss Gresham, ich muß Ihnen ein Kompliment machen, Sie sind wirklich äußerst ungewöhnlich. Ich weiß, daß Lady Carrington sich freuen würde, Sie
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