Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)
ihre Aufregung zu verbergen. Die Chapman-Scheune ist einer der sagenumwobensten Plätze der Dorfjugend, wo selten Erwachsene hinkommen. Sie weiß, dass Darren Walker hier schon manch eine Eroberung gemacht hat, dass schon ältere und erfahrenere Mädchen als sie dort von ihm gegen die staubigen Strohballen gedrückt wurden. Und weil sie dies weiß, reicht schon die bloße Erwähnung des Ortes aus, um einen moschusartigen, salzigen Geschmack in ihrem Mund zu erzeugen. Der Akt selbst, weiß sie, wird kurz und animalisch sein, ohne Liebesbeteuerungen oder das Bemühen, auch ihr Befriedigung zu verschaffen. Doch der Gedanke an Darren Walkers dicken, stämmigen Schwanz in ihr, an das Kratzen von Stroh auf ihrem Hintern und an die Atemlosigkeit, mit der er lieblos auf sie einstößt, lassen sie schwindlig werden vor Lust und ungehalten reagieren auf alles, was sich zwischen sie und die Befriedigung stellt. Sie ist sechzehn Jahre alt, nimmt seit einem Jahr die Pille, und es wird Zeit, dass ihr Leben anfängt.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, presst er sich heftig gegen ihr Becken. Sie schreit auf.
» Was macht ihr da?«
» Halt die Klappe«, erwidern sie gleichzeitig.
» Der Junge da heißt Darren Walker«, verkündet Chloe. » Und Mama hat gesagt, du sollst ihm nicht in die Nähe kommen.«
Sie fahren auseinander, setzen sich Seite an Seite auf die Bank und funkeln sie wütend an.
» Du hast von nichts eine Ahnung, Chloe Francis«, sagt Debbie. » Am besten, du hältst die Klappe, oder es wird dir noch leidtun.«
» Bring mich heim, ich hab Hunger.«
» Kannst du sie nicht loswerden, zum Teufel noch mal«, stöhnt Darren.
» Du weißt, dass das nicht geht.«
» Wie alt ist die eigentlich?«
» Ich bin vier«, sagt Chloe.
» Na ja, zum Teufel noch mal«, wiederholt er.
» Ich hab Durst«, sagt Chloe. » Und ich will mein Mittagessen.«
Darren greift in die Innentasche seiner Jacke und befördert eine einzelne Zigarette heraus. Er steckt sie mit einem Zippofeuerzeug mit Tarndekor an und hockt da, sieht in die Sonne und lässt ein Lid auf- und zuschnellen. » Gib mir auch eine«, sagt Debbie.
» Du bist nicht alt genug zum Rauchen«, gibt er zurück.
» Bin ich wohl«, sagt Debbie. » Schon seit April.«
Darren nimmt einen tiefen, genüsslichen Zug, hält den Rauch wie bei einem Joint lange in der Lunge und stößt eine dichte Rauchwolke aus. » Sechzehn, wie? Also überhaupt nicht mehr minderjährig.«
Debbie weiß nicht, ob sie lachen oder wütend sein soll, und entscheidet sich für irgendetwas dazwischen. Chloe starrt sie von ihrem Sitz auf dem Bordstein aus an und gräbt die Absätze ihrer Sandalen immer wieder ins Gras, um auf diese Weise zwei braune Erdrillen freizulegen. Sie ist ein hübsches Kind – hübsch auf eine rosige, etwas formlose Art, mit Grübchen in den Wangen. Im Augenblick gleicht sie jedoch eher einem verdreckten Kobold, der finster aus einer Hecke hervorlugt. » Das sag ich Mama«, verkündet sie.
» Was willst du ihr denn sagen?«, sagt Debbie. » Wie kommst du darauf, dass sie dir glaubt?«
Herrgott noch mal, denkt sie. Ich bin sechzehn. In zwei Monaten fang ich an zu arbeiten. Das sollte der beste Sommer aller Zeiten sein, stattdessen sitze ich hier als Babysitter fest, weil Mum keine Lust hatte, sie im Bus nach Chipping Norton mitzunehmen. Hätte sie halt nicht noch ein Kind kriegen sollen, wenn sie keinen Bock hat, sich drum zu kümmern.
Darren holt eine kleine Locke hinter ihrem Ohr hervor und wickelt sie um den Finger. Wieder spürt sie den kurzen Rausch schierer Lust.
» Ich will was zu trinken«, sagt Chloe. » Bring mich heim.«
» Wieso gehst du dann nicht einfach heim?«, fragt Darren böse. » Los, geh. Huschhusch.«
Chloe schaut trotzig drein.
» Verdammte Scheiße«, sagt Debbie. » Ich geb dir auch zehn Penny.«
» Du hast gar keine zehn Penny«, meint Chloe skeptisch.
» Kann sein, ich aber«, sagt Darren großspurig. Seine Erektion in der engen Röhrenhose ist schmerzhaft, und er befürchtet, dass er Durchblutungsstörungen bekommt. » Hier. Geh dir ein Mars kaufen.«
» Ich mag aber kein Mars.«
» Mir doch egal«, sagt er und wirft ihr die Münze hin. » Verpiss dich einfach.«
Chloe ist hin und her gerissen. Einerseits will sie heulen, andererseits das Geld nehmen, also tut sie beides. » Das sag ich Mama«, versichert sie ihrer Schwester noch einmal. » Du hast Pisse gesagt.«
» Hab ich nicht«, sagt Debbie. » Sondern er. Los jetzt, und nachdem
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