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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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Hast du meine SMS nicht bekommen?«
    » SMS ?«
    » Ich hab dir die ganze Nacht über welche geschickt. Und versucht, dich anzurufen.«
    » Ja? Oh.« Er fischt sein Handy aus der Bettkommode und streckt es ihr hin, damit sie das schwarze Display sehen kann. » Tut mir leid. Ich habe es ausgeschaltet. Ich war müde.«
    Sie verspürt einen kleinen Stich des Ärgers, zwingt ihn nieder. Er hat keine Ahnung, dass etwas nicht stimmt. Das kannst du ihm nicht zum Vorwurf machen.
    » Himmel«, sagt er, » du riechst ein bisschen streng.«
    » Entschuldige«, sagt sie und bricht in Tränen aus.
    Vic schiebt sich zu ihr hinüber und nimmt ihren Nacken zwischen Daumen und Handballen wie ein Masseur. » Hey«, sagt er. » Hey, das habe ich doch nur so dahingesagt, Amber. Schon gut. Kein Problem.«
    Ihre Tränen trocknen so schnell, wie sie gekommen sind. Sie weiß ihre Gefühle zwar gut zu beherrschen, hat aber dennoch nahe am Wasser gebaut. Sie löst sich aus seinem Griff, steht auf, zieht die Hose aus und reibt die Stelle, an der gerade noch seine Hand lag. Fühlt sich schuldig. Hör auf damit. Hör auf, Amber. Es ist nicht sein Fehler. Sei nett.
    Plötzlich hat sie keine Lust mehr, es ihm zu erzählen. Weil sie nicht weiß, welche Reaktion sie sich von ihm erhofft. Nicht weiß, ob sie Mitgefühl ertragen könnte, aber auch nicht, ob sie ertragen könnte, keines zu bekommen. Das letzte Mal, nachdem Amber einen ermordeten Menschen gesehen hatte, behielt sie es tagelang für sich, versteckte sich, heuchelte. Ein Teil von ihr will das bei Vic wieder versuchen: um zu sehen, ob das Ergebnis diesmal anders ausfällt. Dämlicher Gedanke. In Funnland wimmelt es von Polizei, der Park ist geschlossen. Sie könnte es nur so lange für sich behalten, bis er zu seiner Schicht ginge.
    » Es ist etwas passiert«, sagt sie zu ihm. Ihre Stimme klingt ruhig, beherrscht, als würde sie über eine unerwartete Stromrechnung sprechen. Sie hält ihm den Rücken zugewandt, traut ihrem Gesicht nicht.
    Vic beugt sich vor. » Was denn?«
    Amber faltet die Hose zusammen und legt sie auf den Stuhl. » Bei der Arbeit. Heute Nacht. Ich… O Gott, Vic, es ist noch ein Mädchen umgebracht worden. Auf der Arbeit.«
    » Was?«, wiederholt er. » Wo?«
    » Innfinnity.«
    » Innfinnity?« Sie registriert, wie er das Wort hört und begreift, was es bedeutet. Amber ist die Einzige, die nachts ins Spiegellabyrinth geht. Er braucht nicht lange, um zu verstehen, dass sie diejenige ist, die das Mädchen gefunden hat.
    » Süße«, sagt er. » O meine Süße. Du musst solche Angst gehabt haben. Du hättest mich anrufen sollen. Mir Bescheid geben.«
    Sie ist verärgert. Dreht sich um und starrt ihn an. » Hab ich ja. Angerufen und SMS geschickt. Wie ich schon sagte. Die ganze Nacht. Mach’s an, dann siehst du’s.« Sie haben keinen Festnetzanschluss, nur Prepaid-Handys.
    Er nimmt das Gerät und schaltet es ein. » Es tut mir ja so leid, Amber.«
    Sie sitzt auf der Bettkante, während das Handy eine Reihe von Tonsignalen für eingehende Nachrichten von sich gibt. Reibt sich wieder den Nacken. Vic kniet sich hinter sie und schiebt ihre Hand energisch beiseite. Fängt an, ihre Muskeln zu kneten: kräftige Arbeiterhände, die drücken und pressen, starke Finger, die nach oben wandern und ihr Kinn entlangfahren. Erneut hat sie das Bild des geschwollenen Gesichts vor Augen, die blutunterlaufenen, geöffneten Lippen mit den jungen, weißen Zähnen. Sie fröstelt und schließt die Augen. Er presst den Handballen gegen ihre Wirbelsäule, zieht ihn wieder Richtung Schulter. Sie verspürt ein winziges Knacken irgendwo tief drinnen und seufzt vor Erleichterung. Als ich jung war, hatte ich niemanden, der das für mich tat. Ich hielt Rückenschmerzen für normal. Ich danke Gott für Vic. Danke Gott für ihn.
    » Wie war es?«, fragt er. » Wer war sie?«
    » Irgendein armes kleines Ding. Kann nicht älter als zwanzig gewesen sein. Hatte sich zum Ausgehen aufgetakelt. O Gott, Vic, es war schrecklich.«
    » Aber wie? Was ist passiert?«
    Amber seufzt. » Ich weiß nicht. Wenn ich das wüsste, wäre ich entweder Hellseherin oder Polizistin, oder?«
    Seine Hände kommen abrupt zum Stillstand. » Du weißt, was ich meine, Amber.« Er klingt beleidigt.
    » Entschuldige«, sagt sie hastig. » Ich wollte nicht grob sein. Es war nur– eine lange Nacht…«
    Er verzeiht ihr, Gott sei Dank, und die Hände nehmen ihre Tätigkeit wieder auf. Sie haben sich erst gestern noch gestritten, und sie

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