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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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betreten. » Heiliger Himmel!«, sagt er. » Was sind das nur für Idioten, die eine beschissene Pressekonferenz auf die Mittagszeit legen und nicht mal für ein paar beschissene Sandwichs sorgen? Man muss Sandwichs anbieten, wenn man eine gute Kritik bekommen will. Jeder Mensch weiß, dass Journalisten Sandwichs brauchen. Ich wäre besser in die Kneipe gegangen.«
    Stan ist alte Schule. Sehr alte Schule. Er stammt noch aus der Zeit, als Journalismus größtenteils in Bars betrieben wurde, und irgendwie macht er einfach so weiter, als existierte diese Zeit noch. Nach modernen Standards der Fleet Street, der legendären Heimat der britischen Presse, ist er ein Dinosaurier, der seine Recherchen noch immer telefonisch und über persönliche Kontakte durchführt, statt mithilfe von Nachrichtendiensten oder Google. Doch fühlt sich jeder, der ihm begegnet, zu ihm hingezogen, weil er einen daran erinnert, was man an diesem Job ursprünglich einmal anziehend fand.
    Er lässt sich auf einer Mauer nieder, die ein Beet mit Immergrün samt einer Kollektion weggeworfener Kippen und Getränkedosen einfasst. Kirsty grinst und setzt sich neben ihn.
    » Stimmt, das war wirklich eine ziemliche Zeitverschwendung.«
    Ein volltönendes Guinness-Brummen dringt aus seiner Kehle. » Trotzdem«, sagt er. » Immerhin bin ich so um Sleaford rumgekommen.«
    » Du warst in Sleaford?«
    » Allerdings. Schon der Name klingt wie etwas, das einem am Schuh kleben bleibt, oder? Ich musste mich freiwillig für diese Sache hier verpflichten, um die andere loszuwerden. Warum können die nicht mal irgendwo Leute umbringen, wo man gern hingeht? Im Ernst. Wie wär’s zur Abwechslung mal mit dem Meer? Einfach verdammt egoistisch, so nenne ich das.«
    » Kind F und Kind M?«
    Stan nickt. Eine neue Woche, ein neuer Ausbruch von Gewalt unter Schulkindern: Zwei Zwölfjährige, die einen anderen so lange schikanieren, bis dieser von einem Bahnsteig vor einen einfahrenden Zug springt. Das Ganze aufgenommen von einer Überwachungskamera, sodass es keinen Zweifel an der Identität der Schuldigen geben kann.
    » Wenn sie«, sagt Stan, » auf diesem Bahnhof nicht das Personal abgeschafft hätten, hätten sie natürlich auch keine Überwachungskameras gebraucht, und irgendwer hätte es vielleicht verhindern können. Scheiße. In was für einer Welt leben wir eigentlich? Alle kennen den Preis, aber niemand den Wert. Für diese Drecksnazis können sie jede Menge Kohle lockermachen, aber wenn es darum geht, Kinder vor der Schikane irgendwelcher Mistkerle zu schützen, heißt es nur Gott bewahre.
    Sie ist ein wenig schockiert. Sie hielt Stan immer für liberal. Jedenfalls für einen Gerichtsreporter.
    » Ist das dein Ernst?«, sagt sie. » Schikane? Mistkerle?«
    Stan seufzt. » Ja, ich weiß. Aber das ist doch das Problem, oder nicht? Die armen kleinen Scheißer hatten doch keine große Chance, anders zu werden. Das Übliche eben: untaugliche Eltern, abwesende Väter, schon die Großeltern waren asoziale Ärsche. Ich habe die Mutter von Kind F bei ihr daheim besucht und interviewt. Genau wie zu erwarten. Um ein Uhr noch immer im Bett und einen Haufen Kinder, die draußen auf der Straße zwischen ausrangierten Kühlschränken auf den Hinterreifen ihrer Räder rumdüsen. Und weißt du, was sie gesagt hat?«
    Kirsty schüttelt den Kopf.
    Stan verfällt in den typischen Dialekt des Nordens. » Hat übahaupt nix mit mir zu tun. Is voll von der Rolle, der Typ.«
    » Ja, aber…«, setzt sie zaghaft an. Sie weiß nicht, was sie dagegen sagen soll.
    Stan seufzt. » Ich weiß schon. Aber es wäre doch irgendwie nett, wenn sich die Leute nicht immer genau ihrem Stereotyp entsprechend verhielten. Immerhin war die Mutter von Kind F wenigstens ehrlich. Weißt du, was die andere gesagt hat?«
    Er imitiert den hohen, rührseligen Tonfall der Mutter von Kind M. » Ich liebe meine Kinder. Ist mir gleich, was er gemacht hat, ich liebe ihn trotzdem.«
    Kirsty erinnert sich an ihre eigene Mum, an den flüchtigen Blick, den sie im Fernsehen auf sie werfen konnte, bevor jemand ihn eilig ausschaltete: eine Polyester-Tunika mit Blumenmuster, eigens fürs Gericht neu gekauft, das fettige Haar streng aus dem trotzigen Gesicht gekämmt. Gleicher Fall, exakt der gleiche Satz. Und danach Funkstille. Kein Besuch, keine Karte zum Geburtstag. Liebe und Anwesenheit sind nicht dasselbe, wie Kirsty herausfand.
    » Wenn sie ihr Kind geliebt hätte«, sagt er, » hätte sie was dafür getan, um ihm den

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