Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)
Hunde umgebracht. Jade, die werden mich umbringen.«
» Bitte«, sagt Kirsty, » du kannst nicht klar denken. Sag mir, wo du bist, dann schick ich dir jemand. Ich ruf die Polizei an, dass sie kommt und dich abholt.«
» Stell dich nicht blöd«, erwidert Amber. » Die Polizisten stammen auch von hier. Wenn du es ihnen sagst, dann… Nein, du musst mich hier rausholen. Ich habe niemanden, den ich sonst fragen kann.«
» Ich kann nicht. Das weißt du. Amber, wenn ich jetzt komme, wenn ich irgendwo in deiner Nähe bin, dann werden sie–«
» Ich bitte dich verdammt noch mal nicht– eine Party für mich zu schmeißen, du blöde Ziege. Bloß… Herrgott noch mal, du hast doch ein Auto, oder? Komm einfach her und hol mich. Bring mich irgendwo anders hin. Egal wohin. Bring mich zu irgendeinem Billighotel an der Autobahn, buch mir ein Zimmer und lass mich da. Scheißegal. Ich überleg mir dann, was ich mache. Aber ich muss hier weg. Verstehst du nicht? Sobald es hell wird, bin ich tot.«
» Nein«, sagt Kirsty. » Nein, ich kann nicht. Das weißt du genau. Sag mir, wo du bist. Ich schicke dir jemanden.«
Am andern Ende der Leitung hört sie einen kleinen, unterdrückten Schrei. Glaubt kurz, es könne schon zu spät sein, bevor sie begreift, dass es ein frustrierter Laut ist. » NEIN !«
» Ich tue alles, was ich kann«, erklärt sie. » Aber das geht nicht. Ich mache es nicht. Es wäre mit uns allen beiden aus, du weißt es.«
» Kirsty«, fleht Amber. » Du darfst mich hier nicht zurücklassen. Du musst mir helfen.«
Sie kämpft darum, fest zu bleiben. Ich darf das nicht tun. Es ist zu viel, sie verlangt zu viel. Es wird herauskommen. Dass ich es war, und dann werden sie erfahren, wer ich bin. Ich kann nicht. Es ist nicht meine Schuld. Ich war nicht diejenige, die sich einen Mann ausgesucht hat, der… Es ist nicht mein Mann, der… » Nein«, sagt sie. » Nein.«
Schweigen. Atmen. Drei Wellen wälzen sich ans Ufer und ziehen sich wieder zurück. » Du musst«, erklärt Amber noch einmal, aber ihr Tonfall hat sich verändert.
Kirsty ist wütend. Wer ist diese Frau, dass sie glaubt, mir sagen zu können, was ich zu tun habe? Sie ist nicht meine Vorgesetzte. Und auch nicht meine Freundin. Sie ist die Ursache von allem, der Grund, warum ich mein ganzes Leben lang mit einer Lüge leben musste. Ich schulde ihr nichts. » Nein«, sagt sie bestimmt.
Ambers Stimme ist hart geworden, emotionslos. Als sie wieder spricht, tut sie es mit kalter Autorität. Jener Autorität, an die Kirsty sich von dem Tag erinnert, als sie Chloe umgebracht haben, als sie die Führung übernahm und Kommandos erteilte. » Doch, du musst«, erklärt sie ihr. » Weil du beteiligt bist, ob du willst oder nicht.«
Die indirekte Drohung macht sie ärgerlich– und defensiv. » Was meinst du damit?«, faucht sie.
» Scheiß auf dich, Kirsty Lindsay. Wenn du mir nicht hilfst, ruf ich sie alle an. Jede einzelne von ihnen. Alle, hast du kapiert? Jede Zeitung, jeden Fernsehsender, jeden, der mir verdammt noch mal einfällt. Und dann werde nicht mehr nur ich es sein. Verstehst du? Begreifst du, was ich dir sage? Wer ich bin, wissen sie schon. Ich hab nichts mehr zu verlieren. Wenn du mir nicht helfen willst, dann schwör ich bei Gott, dass sie auch jede kleinste Kleinigkeit darüber erfahren, wer du bist.«
KAPITEL 41
Martin ist von einem Streit wach geworden. Seine unbequeme Haltung– seit Stunden schläft er sitzend auf dem beengten Fahrersitz des Transporters– lässt ihn kurzzeitig vergessen, wo er sich befindet. Erst der Anblick der gepflegten Vorstadtstraße mit den gepflegten Autos in den gepflegten Einfahrten stellt die Orientierung wieder her. Er schiebt den Schirm seiner Kappe hoch, dreht den Kopf und sieht Kirsty Lindsay neben dem kleinen Renault stehen. Sie hat eine Schultertasche um und die Autoschlüssel in der Hand und befindet sich in heftigem Streit mit ihrem Ehemann. Vorsichtig, um die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken, öffnet er das Fenster einen Spalt und lauscht.
» Ich glaube es einfach nicht«, sagt Jim. Er ist barfuß und hält den Bademantel über seinen Boxershorts zusammen, die er zum Schlafen trägt, seit Sophie aus dem Kleinkindalter raus ist.
Sie öffnet die Autotür und wirft ihre Reisetasche auf den Rücksitz. Sie hat keine Ahnung, ob sie sie überhaupt brauchen wird, aber nach so vielen Jahren jobbedingter Planänderungen sitzt die Gewohnheit so tief, dass sie kaum noch imstande ist, zum Supermarkt zu
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