Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)
Verstand als ein Baby.«
» Warst du deswegen im Krankenhaus?«
» Machst du Witze? Wenn ein Walker mit einer Stichwunde angekommen wäre, hätte der SD ja in Nullkommanichts was gegen uns in der Hand gehabt.«
» Was ist SD ?«
» Sozialdienst. Leute, die kommen und Kinder wegholen«, erklärt Jade. » Die halten nicht viel von Familien wie uns. Ich steh auf der Liste für Kinder mit Gefährdungsrisiko«, fügt sie stolz hinzu. » Wegen Shane. Weil der mal vom Garagendach gefallen ist, als Mum nicht aufgepasst hat, deshalb ist er auch so.«
» Echt?« Bel ist begeistert.
» Eigentlich völliger Blödsinn«, sagt Jade. » Hätte jedem passieren können. Hast du noch was?«
» Mir fehlt ein Zehennagel«, erwidert Bel und schleudert einen Schuh von sich.
Bewundernd begutachtet Jade ihren großen Zeh. » Boah, krass!«
Bel ist ziemlich stolz. Sie war noch zu klein, als es passierte, um irgendeine Erinnerung daran zu haben, doch in Menschenmengen macht der fehlende Nagel sie nervös, weil sie befürchtet, dass irgendwer einen unbedachten Schritt machen könnte – doch eine Walker zu beeindrucken ist schon eine Leistung. Sie fragt sich, ob sie ihr auch die Narbe auf ihrem Schädel zeigen soll, entscheidet sich aber dagegen. Sie weiß, dass man auch zu viel Informationen über sich selbst preisgeben kann. Außerdem war auch diese keinen Krankenhausbesuch wert gewesen.
» Willst du zu den Schaukeln?«
» Klar.« Sie springen vom Karussell und laufen quer über den Rasen. » Die sind jetzt voll Scheiße, diese Schaukeln«, sagt Jade. » Die haben da so Stopper drangemacht, damit man nicht zu hoch kommt. Steph sagt, dass man früher einen Überschlag damit machen konnte.«
» Wer ist Steph?«
Jade verdreht die Augen, als sei dies die dümmste Frage der Welt. » Meine Schwester. Sie wohnt jetzt in Carterton.«
» Wo ist Carterton?«
Erneut schüttelt Jade den Kopf. Dieses Mädchen stellt wirklich jede Menge blödsinniger Fragen. » Kilometerweit weg«, sagt sie. » Aber sie hat einen Ford Cortina. Ihr Freund lässt sie nur nicht ohne ihn fahren, deshalb muss sie mit dem Herkommen immer warten. Sie hat gesagt, dass die Schaukeln an Ringen gehangen hätten, und wenn man geschaukelt und geschaukelt hat, konnte man einen Überschlag machen.«
» Irre. Das war bestimmt toll«, lügt Bel.
» Ja, und dann haben sie Wettkämpfe gemacht. Wer am weitesten kommt, wenn er von ganz oben von der Schaukel springt. Sie sagt, sie wäre bis zum Sandkasten gekommen. Aber dann ist Debbie Francis auf der Wippe gelandet und hat sich die Vorderzähne ausgeschlagen. Da ist dann die Behörde angekommen und hat die Stopper angebracht, damit man bloß noch halbhoch schaukeln kann.«
Sie unterbricht sich, während sie sich eine Schaukel aussucht und auf die gelbe klettert. » Debbie Francis hat es für alle versaut«, verkündet sie.
Bel entscheidet sich für die rote und erklimmt sie. Wirft die Beine nach vorn und beginnt zu schwingen. » Wie viele Geschwister hast du eigentlich?«, fragt sie.
» Sechs«, erwidert Jade wichtigtuerisch. » Shane, Eddie, Tamara, Steph, Darren, Gary.«
» Seid ihr katholisch?«
» Nein«, sagt Jade argwöhnisch, als sei die Frage dazu bestimmt, sie aufs Glatteis führen. » Wir sind Christen. Keiner kann behaupten, wir wären keine. Weihnachten gehen wir immer in die Kirche.«
» Nein, nein«, sagt Bel. » Das hab ich nicht gemeint. Ich meinte … Vergiss es.«
» Ich bin die Jüngste«, erklärt Jade stolz. » Meine Mum sagt, ich bin ihr Nachzügler.«
Bel schaukelt jetzt höher. Auf dem höchsten Punkt kann sie über die Hecke sehen, wo sie ein Grüppchen Teenager bemerkt, das über den Rasen auf sie zukommt. Sie haben ein kleines Mädchen im Schlepptau und halten immer wieder an, um ihm zuzubrüllen, es solle Schritt halten. » Na ja, ich bin ein Bastard«, verkündet sie.
Jade wirft ihr mit gerunzelter Stirn einen strafenden Blick zu. » Wer sagt das?«
Bel zuckt die Achseln. » Jeder. Es ist eine Tatsache.«
» Du solltest keinem erlauben, dich so zu nennen«, meint Jade. » Mein Vater sagt, wenn einem jemand respektlos kommen will, musst man ihm auf der Stelle zeigen, was Respektlosigkeit bedeutet.«
» Nein«, sagt Bel. » Wirklich, ich bin ein Bastard. Ein echter. Meine Mutter hat mich bekommen, ohne dass sie verheiratet war.«
Jade ist empört. » Das ist doch nicht dein Ernst! Weißt du, was du da gerade gesagt hast? Du hast gesagt, deine Mutter wäre eine Schlampe!«
» Hab ich
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