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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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verlorenem Posten kämpft. Wenn er sich mal festgebissen hat, ist er nicht mehr zu stoppen. Er wird ihr jedes Wort, das sie sagt, so lange im Mund umdrehen, bis es wie eine Lüge klingt. Das macht er etwa einmal im Monat, und danach ist sie meist nur noch ein zitterndes Häufchen Elend. Trotzdem versucht sie jedes Mal, zu widersprechen und ihm zu versichern, er irre sich, und gibt die Hoffnung nicht auf, dass es dieses eine Mal anders ausgeht, so wie sie es als Kind getan hat. Es hat etwas von einem rituellen Tanz, den sie bei Neumond aufführen müssen. Danach wird er sich entschuldigen und um Verzeihung bitten, aber die dazwischenliegenden Tage sind eine eiskalte, bedrohliche Hölle aus anklagenden Blicken und stummer Verurteilung. » Du hast das alles missverstanden, Vic. Ich schwör’s, Vic.«
    » Wenn du mir einfach die Wahrheit sagen würdest, wäre es was anderes«, sagt er und achtet gar nicht auf ihren Einwand. » Das ist es, was ich nicht begreife. Warum du mich immer anlügen musst, wo du doch weißt, dass mich das fertigmacht.«
    Ihr ist klar, dass ihm gerade selbst eine dicke, fette Lüge über die Lippen kommt. Also wirklich, denkt sie, das glaubst du doch selber nicht. Wenn ich ankäme und erklärte: » He, Vic, ich hab beschlossen gegen deinen Willen wieder mit dem Rauchen anzufangen«, würdest du nie sagen: » Ach, okay, Süße, schon in Ordnung, Hauptsache, du sagst es mir.« Du weißt genau, dass ich nur aufgehört habe, weil du mich dazu gebracht hast. Weil deine ständige miese Laune, die spitzen Bemerkungen über meinen Körpergeruch und die Weigerung, mich zu küssen, mich mürbe gemacht haben. Das Dumme ist, dass ich tief in mir drin weiß, dass es dir eigentlich völlig egal ist. Dass das Rauchen mit all dem nicht das Geringste zu tun hatte oder mit der Angst um meine oder deine Gesundheit. Es ging einzig und allein um Kontrolle. Nur darum, mir deinen Willen aufzuzwingen und dich gewinnen zu sehen.
    » Ich lüge nicht«, wiederholt sie. Sie reißt ihm die Schachtel aus der Hand und dreht sie um, um Jades Telefonnummer zu suchen. » Hier. Deshalb hab ich das Ding. Siehst du?«
    Sie bemerkt ihren Fehler in dem Moment, als sie die Worte ausspricht. Fragt sich, ob sie es je lernen wird. Jetzt hat er sie, jetzt kann er schnurstracks zu neuen Beschuldigungen übergehen.
    Er nimmt ihr die Schachtel wieder ab. » Was ist das?«
    » Eine Telefonnummer«, antwortet sie zögernd und wünscht sich, noch einmal zurückspulen zu können. » Du weißt schon, wie Leute eben Telefonnummern auf Zigarettenschachteln schreiben.«
    » Leute?« Ein leichtes Grinsen umspielt seinen Mundwinkel. » Und was für Leute sollen das sein, Amber? Du hast mir nichts erzählt von irgendwelchen Leuten.«
    Heiliger Himmel, denkt sie. Jetzt muss ich lügen.
    Sie weiß, dass sie so schuldig klingt, wie er sie sich fühlen lässt, als sie nach den richtigen Worten sucht. Während sie spricht, dreht er unablässig die Schachtel in seinen Händen.
    » Nur… diese Tussi, die ich früher mal kannte«, sagt sie und sieht, wie sein Blick hochschnellt, um ihren wachsamen Gesichtsausdruck zu deuten. » Wie… du weißt schon… vor Jahren.«
    » Tussi«, meint er.
    Nicht. Geh nicht drauf ein. In dieser Stimmung legt er jede Entschuldigung, jede Erklärung als Widerrede aus. » Ja, Tussi«, erwidert sie möglichst bestimmt, hört jedoch die Verteidigungshaltung in ihrer Stimme. » Aus Liverpool. Sie hat damals zwei Häuser weiter gewohnt.«
    Er sagt nichts.
    » Sie war im Funnland«, fährt sie fort. » Ich bin ihr zufällig über den Weg gelaufen. Vic…«
    Er schüttelt den Kopf, langsam, um seine Fassungslosigkeit zu unterstreichen. » Ja, genau.«
    » Wie bitte?«
    » Okay. Du triffst also zufällig irgendeine Tussi und erzählst mir nichts davon?«
    » Meine Güte, du erzählst mir doch auch nicht jede Kleinigkeit von deinem Tag, oder?«
    » Bei so etwas würde ich es.«
    » Tut mir leid«, sagt sie. » Ich hab’s vergessen. Du machst aus einer Mücke einen Elefanten.«
    Selbstverständlich hat sie es nicht vergessen. Weder den Schock über die Begegnung mit Jade noch den unerfreulichen Versuch, sie loszuwerden. Aber ein Stück Pappe auf dem Grund einer vollgepackten Handtasche? Das allerdings. Das zu vergessen hatte etwas von einer freudschen Fehlleistung. Unbewusst wollte sie sich mit dem Beweisstück für dieses Zusammentreffen nicht auseinandersetzen. Und so hatte sie die Schachtel tatsächlich vergessen, bis sie sie in Vics

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