Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
Vom Netzwerk:
aus balinesischem Teakholz und setzt sich neben Amber auf das Chesterfield-Sofa: altes Leder, die abgewetzten Stellen verbirgt handgesponnener Ikat. Auf dem Tisch vor ihnen steht ein fünfarmiger Kerzenleuchter ohne brennende Kerzen, von dessen kunstvollen schmiedeeisernen Armen anmutig Stalaktiten aus geschmolzenem Wachs herabhängen.
    Sie starren einander an. Erneut ist Kirsty betroffen, wie alt Amber aussieht, wie angestrengt. Sie sitzt da und spielt mit der Zigarettenpackung herum, auf die Kirsty ihre Telefonnummer gekritzelt hat, dreht sie unablässig zwischen den Fingern hin und her und mustert Kirsty ausdruckslos. Ich wünschte, sie würde diese verdammte Brille absetzen, denkt Kirsty.
    » Ich bestelle mir einen Kaffee«, sagt sie. » Möchtest du auch was?«
    Amber deutet mit dem Kinn Richtung Theke. » Ich bekomme gleich Tee.«
    Kirsty lässt sich zurücksinken. » Okay.«
    Sie wenden den Blick voneinander ab, um das Schweigen zu kaschieren. Kirsty sieht sich um. Es ist die Art von Lokal, die sie dachte, hinter sich gelassen zu haben, als sie aus London wegging, ein Ort, der in seiner Mischung aus Nostalgie, Folklore und Hippieschick gut nach Brighton gepasst hätte: freigelegtes Mauerwerk, lackierte Holzdielen, Samtvorhänge, Sunburst-Uhren, marokkanische Spiegel und goldfarbene Wandleuchten. Um die insgesamt zwanzig Tische versammelt sich eine Kollektion aus Secondhandsofas und alten Schalensesseln, und überall stehen bunt zusammengewürfelte Becher, Tassen, Teller und Gläser herum. Die Atmosphäre hier ist entspannt und locker, was in dieser Stadt, in der die Menschen ausschließlich auf der Jagd nach dem nächsten Nervenkitzel zu sein scheinen, ungewöhnlich wirkt. Die Künstler haben begonnen, sich in Whitmouth anzusiedeln. Wahrscheinlich ist Whistable ihnen mittlerweile zu teuer. Ein paar Jahre und ein paar Schwulenbars weiter wird auch diese Stadt den Aufstieg zur respektablen Küstenstadt geschafft haben.
    Vorn am beschlagenen Fenster sieht sie den freien Mitarbeiter des Mirror sitzen, der, einen Kaffee und ein mit gegrillter Paprika und Mozzarella belegtes Ciabatta neben dem Ellbogen, wie wild auf seinen Laptop einhackt. Sie selbst muss ihren Artikel um neunzehn Uhr abliefern, und sie hat keine Ahnung, wie sie das schaffen soll. Sie kann sich an kaum ein Wort der Pressekonferenz erinnern. Der Kollege sieht sie nicht, und sie hofft, dass es so bleibt.
    Amber beobachtet sie schweigend und mit heruntergezogenen Mundwinkeln. » Wir sollten das nicht tun«, sagt sie.
    Kirsty dreht sich zu ihr um. » Nein, es ist unvernünftig. Wir sind dumm.«
    » Wenn sie es jemals herausfinden…«
    Kirsty weiß, was sie sagen will. Sie verstoßen gegen ihre Bewährungsauflage, bewusst und eindeutig. Wenn sie jetzt jemand sähe, wäre es das Ende, für sie alle beide. Sie haben die Grenze übertreten, und es lässt sich unmöglich als Zufall darstellen. » Ist ja nur dieses eine Mal, Amber«, sagt sie. » Eine einmalige Sache. Und danach war’s das. Sie werden es nicht herausfinden. Wir haben ja schließlich kein Schild auf dem Rücken oder so was.«
    » Wie oft musst du Bericht erstatten?«, fragt Amber.
    » Einmal im Monat. Oder wenn ich den Wohnort wechsle, was ich aber nie tue. Und wenn ich in Urlaub fahre. Ins Ausland, weißt du.«
    » Wie klappt das? Wie vereinbarst du das mit deiner…« Sie macht eine Geste in Richtung Netbook, Notizbuch und Handy, die Kirsty auf den Tisch gelegt hat.
    » Ich bin Freiberuflerin. Ich kann behaupten, dass ich sonst wo bin, keiner merkt es.«
    » Wie praktisch«, meint Amber.
    » Mhm.« Sie weiß nicht, was sie darauf erwidern soll. » Und du?«
    Amber zuckt die Achseln. » Ich arbeite nachts.«
    » Mhm«, macht Kirsty noch einmal und reckt den Hals, um Ausschau nach einer Kellnerin zu halten.
    » Ich wüsste nicht mal, wie ich an einen Pass komme«, sagt Amber.
    » Das ist nicht so schwierig«, setzt Kirsty an. » Du brauchst deine Geburtsurkunde und deine Namensänderungsurkunde…«
    Dann begreift sie, dass es eine rhetorische Feststellung war, und verstummt. Durch ihre Rolle als Mutter und durch ihre Arbeit ist sie so daran gewöhnt, immer diejenige zu sein, die Auskunft gibt und Ratschläge erteilt, dass sie schon mal vergisst, dass dies nicht immer erwünscht ist. Amber presst die Lippen zusammen und richtet den Blick über Kirstys Schulter hinweg ins Leere.
    » Entschuldige«, sagt Kirsty.
    » Schon gut«, meint Amber. Erneut verfallen sie in Schweigen und studieren die

Weitere Kostenlose Bücher