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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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in ihrem Kaffee, während Amber durch ihre alberne Sonnenbrille die Velourstapete studiert. Vor dem Schaufenster erblickt Kirsty eine Gestalt: der Rattenmann von vorhin. Er lehnt sich gegen die Scheibe, schirmt mit dem Arm die Augen ab und späht herein. Komischer kleiner Kerl. Könnte wetten, der ist hier so etwas wie der Plagegeist. Sie wendet den Blick ab.
    » Weißt du, was ich glaube?«, fragt Amber.
    Kirsty will es eigentlich nicht wissen. Aber sie schuldet es ihr. » Nein«, sagt sie.
    » Ich glaube, du hast Exmouth und die Therapie und eine Ausbildung bekommen, weil du das auf Abwege geratene Kind warst«, erklärt sie. Fordert sie heraus, ihr zu widersprechen. » Am Ende war es das.«
    » Amber, ich habe dafür arbeiten müssen!«, protestiert sie. » Die haben mir die Universität nicht auf dem Silbertablett serviert. Ich hab es selbst getan.«
    Amber unterbricht sie mit zusammengekniffenen Augen. » Ja, aber wir wissen doch beide, warum du die Chance dazu bekommen hast, oder?«
    » Warum?«, fragt Kirsty gedrückt.
    Amber spielt mit ihrem Teelöffel herum und starrt sie an. » Weil ich böse war und du nur irregeleitet. So stand es jedenfalls in den Akten. Es gibt doch nichts Besseres als eine lupenreine Aussprache bei einem Kind, um eine böse Hexe aus ihm zu machen, nicht wahr?«
    Die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus, der Sturzbach endet abrupt, als ob ihr die Puste ausgegangen ist.
    » Mein Gott, Bel«, sagt Kirsty. Sie will das nicht glauben. Ein Kind ist ein Kind. Das ist doch so, oder etwa nicht? » Es tut mir so leid, so unendlich leid. Ich bin sicher, dass es nur so ein Lotterieding war. Das muss es gewesen sein.«
    Wieder wendet Amber ihren Blick ab, ihr Gesichtsausdruck hinter den dunklen Gläsern ist undurchdringlich. » Tja, also«, meint sie. » Glaub nicht, du könntest einfach hier reinspazieren und dir meine Vergebung abholen. Dies ist nicht der Zeitpunkt für eine Absolution, Jade. Nur damit du’s weißt. Ich finde es nicht in Ordnung, dass man dich gefördert und mich bestraft hat. Egal, was die übrige Welt denkt. Ich war nicht mehr verantwortlich für das, was wir getan haben, als du. Und jetzt ist mir klar, dass ein Teil von mir dich hassen wird, bis zu dem Tag, an dem ich sterbe.«

KAPITEL 22
    An Schlaf ist nicht mehr zu denken, bevor ihre Schicht beginnt, und so geht Amber schon früher zur Arbeit. Sie ist ruhelos und verunsichert und möchte unter Menschen sein, weil Menschen das beste Mittel sind, um das Denken abzustellen. Sie kommt nie als Besucherin ins Funnland, doch plötzlich hat sie Lust auf die hämmernden Bässe der Musik, das künstliche Gelächter der Fremden und den atemlosen Wirbel aus Licht und Bewegung, ohne dabei an die Verteilerkästen und die Kolben, die Flaschenzüge und Kräne, den Rauch und die Spiegel denken zu müssen, die das alles zum Leben erwecken.
    Sie kommt durchs rückwärtige Tor herein. Jason Murphy ist nicht da, stellt sie fest. Dafür beobachtet ein hagerer, ernster Schwarzer, den sie nicht kennt, wie sie ihre Karte durchzieht und ihren Spind öffnet. Sie nickt ihm zu, was er mit einem gleichgültigen Nicken quittiert, weder freundlich noch unfreundlich, weder neugierig noch gelangweilt. Sie stellt ihre Tasche ab, die Jacke behält sie jedoch an, und befördert Schlüssel und Geld in die Handtasche.
    Von der Walzerbahn her ertönt die Melodie von » We Are Family«, von der Geisterbahn » Blue Suede Shoes« und von der Wasserrutsche » Echoe Zone«. Ihr Gehör hat sich so an diese sich ständig wiederholenden Sinnesattacken gewöhnt, dass sie die Songs einzeln hören kann und weiß, dass jeweils » I Feel For You«, » Rock Around the Clock« und » Once in a Lifetime« folgen werden. Irgendwo legen Vic und sein Kumpel Dave gerade ihren Sister-Sledge-Tanz hin, ihr Quäntchen Showbiz mit männlichem Schulterspiel und dem typischen Handgefuchtel. Ein bisschen Theater, das die Kundschaft zum Lachen bringt und ihr das Gefühl gibt, eine übermütige Improvisation miterlebt zu haben– die sie, wenn sie sich lange genug am selben Fleck aufhielten, immer elf Minuten nach jeder vollen Stunde zu sehen bekämen. Genau wie sich siebzehn Minuten nach jeder vollen Stunde die Studenten an der Schlange vor der Achterbahn » spontan« in Take That verwandeln, sich an die Brust klopfen und mit choreografierter Hemmungslosigkeit an den Schritt fassen.
    Mechanisch lässt sie den Blick über die Stempelkarten im Gestell schweifen. Neben dem Magnetkarten- hat

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