Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
wieder. Die Flasche war warm und von einer dicken Staubschicht überzogen. Zwanzig Minuten später hatte Hogman immer noch keine Pause eingelegt und spielte unverdrossen weiter.
»Wollen Sie noch eins?« sagte der Barkeeper.
»Ja, doch. Wie wär’s, wenn Sie diesmal ein bißchen Eis reintun oder mir ein kaltes geben?« sagte ich.
»Der Gentleman will ein kaltes«, sagte er, an niemand bestimmten gerichtet. Dann füllte er ein hohes Glas mit kleingestoßenem Eis und stellte es mit einer weiteren staubigen Flasche Seven Up auf die Theke. »Warum könnt ihr ihn nicht in Ruhe lassen? Er hat seine Zeit abgesessen, oder?«
»Seh ich so aus wie die Schmier?« sagte ich.
»Sie
sind
die Schmier, Chief. Sie und der andere da draußen.«
»Welcher andere? Wovon reden Sie, Partner?«
»Der Weiße, der da vorhin in dem blauen Mercury draußen war.«
Ich kletterte vom Barhocker und blickte durch die herabgelassenen Rolläden und die gewundenen Neonröhren einer Dixie-Bierreklame auf den Parkplatz.
»Ich seh keinen blauen Mercury«, sagte ich.
»Weil er abgehauen ist, Chief. Als ihm gedämmert ist, daß das hier ein Club für Schwarze ist, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
»Wie hat der Kerl ausgesehen?« sagte ich.
»Weiß. Weiß hat er ausgesehen. Hilft Ihnen das weiter?« sagte er, warf ein Geschirrtuch in die Metallspüle und ging über den Dielenboden zum anderen Ende der Bar.
Schließlich streifte Hogman den Harmonikahalter und den Gitarrengurt ab, blickte mich voll an und ging durch eine Tür hinter einem Vorhang, die nach hinten in einen Lagerraum führte. Ich folgte ihm. Er saß auf einem Holzstuhl, inmitten von aufgestapelten Bierkästen, und machte sich über einen Blechteller mit Schweinekoteletts, Gemüse und Cornbread her, der auf einem weiteren Stuhl stand.
»Hab heut noch keine Gelegenheit gehabt, was zu essen. Das Filmstarleben läßt mir kaum noch Zeit. Willst du auch was?« sagte er.
»Nein, danke.« Ich lehnte mich an einen Stapel Kartons mit Bierflaschen.
»Die Lady, die mir diese Koteletts gebraten hat, weiß zwar nicht, was Gewürze sind, aber das Zeug schmeckt nicht schlecht.
»Komm zur Sache, Sam.«
»Du denkst, ich halt dich nur zum Narren, ja? Okay, also die Sache ist so. Vor langer Zeit in Angola, da hab ich mal Ärger gehabt wegen so einer kleinen Schwuchtel. Nich meine kleine Schwuchtel, verstehst du, von so unnatürlichem Kram hab ich die Finger gelassen, ’s war eine Schwuchtel, die einem Typ namens Big Melon gehört hat. Big Melon hat für zwei von den Wärtern Marihuana angebaut und verkauft. Er und seine Schwuchtel hatten ’n richtig kleines Feld hinter dem Mais.«
»Hogman, das klingt leider alles ziemlich vage.«
»Du weißt ja immer Bescheid, du hast ja immer ’n schlauen Spruch auf der Lippe. Deshalb drehst du dich im Kreis, deshalb können dich diese Kerle ja auslachen.«
»Welche Kerle?«
»Die Kerle, die den Nigger umgebracht haben, den du im Atchafalaya ausgegraben hast. Willst du jetzt mal schön geduldig sein, oder willst du’s lieber auf deine Art tun?«
»Ich warte gespannt auf deine Geschichte, Hogman.«
»Siehst du, diese zwei Wärter, die hatten ein prima Geschäft laufen. Big Melon und sein Boy haben das Zeug angebaut, getrocknet, in Tüten verpackt, und die Wächter haben’s dann in Lafayette verkauft. Manchmal haben sie’s selbst runtergebracht, manchmal haben es auch der Scharfrichter und ein anderer Cop für sie abgeholt. Niemand durfte in die Nähe von diesem Stück Land hinter dem Maisfeld kommen, dafür haben sie gesorgt. Aber ich war damals so eine Art Halbkapo, in Camp 1, und ich bin immer quer übers Feld, um den Weg zum Schweinepfuhl abzuschneiden. So bin ich drauf gekommen, daß die dahinten Rauschgift anbauen. Big Melon steckt also dem Wärter, daß ich weiß, was sie da treiben, daß ich sie verzinken werd, und dann hat sein Boy mir ein Gurkenglas mit selbstgebrautem Alkohol untergeschoben, damit ich meinen Job als Kapo und die anderen Vergünstigungen verlier.
Ich hab dem Wärter gesagt, es ist nicht recht, ich hab mir den Job hart verdient. Der, der hat nur gesagt: ›Hogman, wenn du dich hier mit den Falschen anlegst, stecken wir dich in die Kiste, und da kannst du dann bleiben, bis du weiß bist.‹ Das hat der Bossman gesagt. Ich hab ihm gesagt, daß es egal ist, wie lange sie mich da reinstecken, das macht’s immer noch nich recht. Sie haben gemeldet, ich sei aufmüpfig, und mich zum Baumwollpflücken verdonnert. Wo ich dort
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