Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
nach Fischlaich, und Wolken, so dunkel und ineinander verschlungen wie frisch aufgegangene purpurne Rosen, ballten sich in einer langen, welligen Linie am Horizont im Süden.
Später, nachdem ich Alafair nach Hause gebracht und kurz im Department vorbeigeschaut hatte, fuhr ich nach Opelousas, um noch einmal mit Ben Hebert, dem alten Gefängnisvorsteher, zu reden. Ein Schwarzer, der in Heberts Garten Laub zusammenrechte, sagte mir, wo ich ihn an einem bestimmten Bayou kurz hinter der Stadt finden konnte.
Er saß auf einem umgedrehten Plastikeimer unter einem Baum, in den Händen eine Angelrute, die hinaus ins Sonnenlicht ragte, am Schilfrand der dazugehörige rote Schwimmer. Schief auf seinem Kopf saß ein verbeulter Strohhut, und er rauchte eine selbstgedrehte Zigarette, die vom Speichel ganz naß war, ohne sie dabei aus dem Mundwinkel zu nehmen. Weiße Fettwülste an Hüften und Bauch quollen zwischen Hemd und Hose hervor wie Schweineschmalz aus einem übervollen Waschzuber.
Drei Meter weiter saß eine Mulattin mittleren Alters ebenfalls angelnd auf einem umgedrehten Eimer. Sie hatte einen kleinen runden Kopf, und am Knöchel trug sie ein 10-Cent-Stück wie ein Amulett. Um sie herum lagen auf dem Boden lauter leere Bierdosen. Sie spuckte Schnupftabak zur einen Seite und bewegte die Leine ein wenig, die durch einen Riß in einer Seerose hing.
Ben Hebert schnippte seine Zigarette in die Strömung, wo sie aufzischte und in einem braunen Strudel verschwand.
»Was wollen Sie denn schon wieder?« sagte er. Er hatte eine Bierfahne, und seine Kleidung roch nach getrocknetem Schweiß und Urin, daß einem die Augen tränten.
»Ich muß wissen, womit DeWitt Prejean sein Geld verdient hat«, sagte ich.
»Was müssen Sie wissen?« Seine Lippen waren so dunkelrot, als ob sie aufgemalt wären, die Zähne klein und gelb wie Maiskörner.
»Sie haben mich gehört.«
»Lassen Sie mich, verdammt noch mal, in Ruh.«
Ich setzte mich am Uferrand ins Gras.
»Es liegt nicht in meiner Absicht, Sie zu belästigen, Mr. Hebert«, sagte ich. »Aber Sie behindern die Ermittlungen einer polizeilichen Untersuchung, und das bringt für uns beide gewisse Probleme mit sich.«
»Er hat... Ich weiß nicht, was er getan hat. Was für einen Unterschied macht das?« Er warf der Mulattin einen schiefen Blick zu.
»Sie scheinen ein gutes Gedächtnis für Einzelheiten zu haben. Warum versagt das bei DeWitt Prejean?«
Die Frau stand von dem Eimer auf und entfernte sich etwas am Ufer. Die Leine mit dem Korkschwimmer zog sie einfach mit.
»Niggerarbeit hat er gemacht«, sagte Hebert. »Rasenmähen, Abflußrohre saubermachen, tote Ratten unter Häusern wegschaffen. Was zum Teufel meinen Sie denn, was der gearbeitet hat?«
»Das ist es nicht. Ich glaube, daß er noch eine andere Arbeit gemacht hat.«
Seine Nasenflügel waren geweitet, als ob aus seinem eigenen Schoß ein übler Geruch aufstieg.
»Er war mit einer weißen Frau von hier im Bett. Ist es das, was Sie wissen wollen?«
»Wer war die Frau?«
»Hab ich Ihnen doch gesagt. Die Frau von einem Krüppel, der im Krieg was abgekriegt hat.«
»Hat er sie vergewaltigt?«
»Wen kümmert das?«
»Aber der verkrüppelte Mann hat Prejean nicht aus dem Gefängnis geholt, Mr. Hebert.«
»War ja nicht das erstemal, daß dieser Nigger wegen weißen Frauen Ärger gehabt hat. Da hat’s mehr als einen gegeben, der ihn gern auf dem Scheiterhaufen gesehen hätte.«
»Wer hat ihn aus dem Gefängnis geholt?«
»Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal.«
»Mr. Hebert, Sie verfügen wahrscheinlich über eine ziemlich gute Menschenkenntnis. Seh ich so aus, als ob ich einfach wieder verschwinde?«
Die Haut an seiner Brust war ungesund weiß, Knoten grüner Adern schimmerten durch sie hindurch.
»Damals war alles besser«, sagte er. »Sie wissen, daß das stimmt.«
»Was für einen Job hat er gemacht, Ben?«
»LKW-Fahrer.«
»Für wen?«
»Unten in Lafayette war das. Für ’nen Weißen dort hat er gearbeitet, bis er hierherkam. Über den Weißen weiß ich nichts. Wenn Sie das behaupten wollen, sind Sie ’n gottverdammter Lügner.« Er beugte sich vor, um an mir vorbei nach der Mulattin zu sehen, die jetzt in einer Baumgruppe von Trauerweiden angelte. Dann fuhr sein Gesicht wieder zu mir herum. »Hab sie mitgebracht, weil sie für mich arbeitet. Weil ich’s mit dem Ein- und Aussteigen mit dem Wagen nicht mehr so gut schaffe.«
»Was für ’nen LKW hat er gefahren?« fragte ich.
»Bier.
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