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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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entlang. Eines Abends, als der Mond voll und gelb tief über den Trauerweideninseln stand, hörte ich, wie etwas hart auf einer Seite gegen das Boot schlug, wie eine große hölzerne Faust, die ihre Knöchel über die Planken rollen läßt. Ich setzte mich in meiner Koje auf und blickte durch das Gazefenster nach draußen. Dort sah ich ein Hausboot, mit dem Deck nach unten. Es drehte sich in der Strömung, und verwickelte Fischernetze hingen aus einem Fenster wie Spinnweben aus einer Augenhöhle.
    Ich dachte an, die Hunderte von Menschen, die im Cameron Parish entweder unter einer Flutwelle erdrückt worden waren oder ertranken, deren Leichen tief in die Sümpfe entlang des Calcasieu River gespült worden waren, und wieder trug mir der Wind diesen durchdringenden, üblen Geruch in die Nase. Ich konnte nicht mehr einschlafen, bis die Sonne wie eine rote, geschmolzene Kugel durch den Nebel am anderen Ende der Bucht aufstieg.
    Wir brauchten nicht lange, um die Bauminsel zu finden, wo Elrod Sykes das Skelett eines Indianers oder Schwarzen gesehen zu haben behauptete. Wir überquerten den weiten Bogen des Atchafalaya in einem Boot des Sheriff’s Department, an dessen Heck zwei Außenbordmotoren montiert waren, fuhren durch einen Kanal zwischen Reihen von Sandbänken hindurch, deren Kuppen, in der Sonne getrocknet, wie die Rücken eines ganzen Schwarms springender Delphine aussahen, überquerten eine lange Bucht und ließen das Boot auf ein schmales Strandstück gleiten, das schwarz in eine dichte Ansammlung von Trauerweiden und eine Kette von gefluteten Schlund- und Sandlöchern mündete.
    Elrod Sykes trat vom Bug in den Sand und stierte in die Bäume. Er hatte das Hemd ausgezogen und verwendete es dazu, sich den Schweiß von der gebräunten Brust und den Schultern zu wischen.
    »Dahinten ist es«, sagte er und wies die Richtung. »Man sieht meine Fußabdrücke, wo ich reingegangen bin, um zu pinkeln.«
    Der Deputy aus dem St. Mary Parish setzte sich eine Stoffmütze auf den Kopf und besprühte Gesicht, Hals und Arme mit Insektenschutz. Dann gab er mir die Sprühdose.
    »Wenn ich Sie wäre, würde ich das Hemd anziehen, Mr. Sykes«, sagte er. »Früher hatten wir hier mal ’ne Menge Fledermäuse. Das war, bevor die Moskitos sie alle aufgefressen haben.«
    Sykes lächelte freundlich und wartete, bis die Dose mit dem Insektenspray an ihn weitergereicht wurde.
    »Jede Wette, Sie werden’s nicht glauben«, sagte der Deputy, »aber hier ist es schon so trocken gewesen, daß ich einen Catfish mit einer Wasserflasche über den Damm hab laufen sehen.«
    Sykes’ Augen zogen kleine Fältchen in den Winkeln, dann ging er uns voran in die Düsternis.
    »Der Junge ist ganz schön weit weg von seinen Hollywood-Muschis, stimmt’s?« sagte der Deputy hinter mir.
    »Wie wär’s, wenn Sie’s mal sein ließen mit dem Humor?« erwiderte ich.
    »Was?«
    »Der Mann ist im Süden aufgewachsen. Seien Sie nicht so herablassend.«
    »Herabla –«
    Ich ließ ihn stehen und schloß zu Sykes auf, als er aus den Weiden in eine flache Mulde zwischen den Bäumen und einer Sandbank trat, in der das Wasser stand. Es war heiß und roch nach totem Hornhecht.
    »Da«, sagte er. »Direkt unter den Wurzeln dieses toten Baums. Ich hab’s euch ja gesagt.«
    Eine sonnengebleichte Zypresse, von der die Rinde abgefallen war, lag quer auf einer Sandbank, der vom Wasser glattgespülte Stumpf wurmstichig, und in den Wurzelverästelungen, wie im Griff einer gichtigen Hand, lag ein Skelett, zusammengekrümmt wie ein Embryo, umhüllt von einem dichten Netz getrockneter Algen und sonstigem Treibgut.
    Was man an Knochen sah, war blankpoliert und so verwittert, daß es fast schwarz war, aber Teile der Haut waren getrocknet, bis sie die Farbe und Beschaffenheit ausgedörrten Leders aufwiesen. Eine dicke, rostige Kette war um Arme und Brustkorb geschlungen, genau wie Sykes gesagt hatte. Die Enden waren mit einem Vorhängeschloß verbunden, das so breit wie meine Hand war.
    Ich brach einen Ast von einer Weide, wischte das Laub mit meinem Puma-Messer beiseite und kniete vor dem Skelett nieder.
    »Was meinen Sie wohl, wie er unter diese Wurzeln geraten ist?« sagte Sykes.
    »’57 war hier ein übler Hurrikan«, sagte ich. »Da hat’s Bäume wie den wie Karotten aus dem Boden gerissen. Ich nehme an, die Leiche dieses Mannes hat sich in irgendwelchen treibenden Bäumen verfangen und ist später auf dieser Sandbank darunter geraten.«
    Sykes kniete sich neben

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