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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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gegeben. Nur die Tränen waren geflossen. Er haßte sie, und er haßte sich.
    »Nein, ich möchte nur von hier fort«, sagte Magnus. »Meine Männer langweilen sich und verlieren die Geduld, sagt mir Ragnar. Sie wollen auf Raubzug gehen, um ein paar fette englische Mönche und ihre Klöster von ihrem Gold und ihren Kunstschätzen zu befreien und damit ihre eigenen Truhen zu füllen.« Er seufzte. »Vielleicht fahren wir nach England. Oder wir verfolgen Orm und nehmen ihm all das Gold wieder ab, das er geraubt hat.«
    Mattias sagte abwesend: »Haftor Ingolfsson wird Orm töten. Und das ist sein gutes Recht.« Er schaute seinen Vater an, der sich einen verspannten Muskelstrang in der Schulter rieb. »Ich stimme Magnus bei. Wir schließen die Versammlung morgen und brechen auf. Auch auf mich wartet eine Frau zu Hause, die ich glücklich machen muß.«
    Harald brummte, dann ächzte er, als Magnus den verspannten Muskel in seiner Schulter zu massieren begann. »Nur Freya weiß, warum sie dir mehr Liebe schenkt, als du verdienst. Du rammelst sie wie ein Hase, und die arme Frau muß dein unbeholfenes Getatsche ertragen . . .«
    Mattias lachte und knuffte seinen Vater scherzhaft in die Seite. »Ich und ein Rammler? Glyde ist es doch, die jeden Abend das Bett neben sich tätschelt und mich mit liebeskranken Augen ansieht.«
    Magnus hörte ihre Scherze nur mit halbem Ohr. Er sehnte sich nach Zarabeth, und er machte sich Sorgen um sie, obgleich er seine Gedanken an sie verdrängte. Andere Männer gesellten sich zur Gruppe, doch Magnus wollte allein sein und sonderte sich ab. Er fühlte sich verwundet, seit dem Tag, an dem Lotti und Egill gestorben waren, seine Wunden waren in seiner Seele, niemand konnte sie sehen. Er spazierte an den Rand des riesigen Lagers und blickte auf die unzähligen Zelte mit ihren Feuerstellen davor, die Rauch in den Himmel spien. Dann wandte er sich um und blickte auf die schneebedeckten Berge in der Ferne. Egill war ihm erneut im Traum erschienen — er lebte, war aber abgerissen und schmutzig. Dieser verfluchte Traum nagte an ihm, versetzte ihn in äußerste Unruhe. Nein, sein Sohn war tot, ebenso wie Lotti tot war. Er mußte sich damit abfinden. Wenn er es nicht schaffte, wie konnte er es von Zarabeth erwarten?
    Er wollte heim nach Malek.
    Er mußte Zarabeth Wiedersehen.
    Orm hatte sie nach zehn Schritten eingeholt, packte sie um die Mitte, riß sie hoch und zog sie an sich. Lachend drückte er sein Gesicht an ihren Hinterkopf. Dann, ohne Warnung, wirbelte er sie herum und schlug zu.
    Nicht sehr fest, nur so hart, daß der Abdruck seiner Hand auf ihrem Gesicht zu sehen war. »Ein kleiner Vorgeschmack«, meinte er, sein Gesicht ganz nah an ihrem. Er studierte ihren Ausdruck, hoffte Tränen in ihren Augen zu sehen. Doch sie blieben trocken, und er war versucht, sie noch mal zu schlagen. Nein, für den Anfang war es genug.
    »Du hast mich gezwungen, dich zu schlagen. Sei nicht dumm, Zarabeth. Mach so etwas nie wieder, sonst lernst du mich von einer anderen Seite kennen.«
    Zarabeth konnte nicht anders. Sie rammte ihm ihre
    Faust in den Bauch und versuchte sich zu entwinden, schlug ihm ihre Fingernägel ins Gesicht und fügte ihm tiefe Kratzer zu. Er grunzte voller Abscheu und schlug ihr die Faust ins Gesicht. Sie sackte bewußtlos gegen ihn. Er hob sie auf die Schulter, blickte nach oben zur Umzäunung, ob jemand den Vorgang beobachtet hatte. Niemand zeigte sich.
    Er trug sein Schwert in der Rechten, und seine Linke umfing ihr Hinterteil, damit sie ihm nicht von der Schulter rutschte.
    Als er den Föhrenwald weiter oben auf dem Abhang erreichte, kam ihm einer seiner Männer entgegen.
    »Bei Odin, sieh dir diese Haare an — diese Farbe. Laß mich mal anfassen.«
    »Finger weg!« knurrte Orm. »Wir müssen fort. Wenn wir uns beeilen, erreichen wir das Lager noch vor Sonnenuntergang.«
    »Sie ist fort«, sagte Eldrid immer wieder.
    Magnus schüttelte den Kopf. Nein, es durfte nicht wahr sein.
    »Vor zwei Tagen. Sie ist einfach verschwunden. Nach dem Sturm. Sie ging durch das Tor, und niemand hat sie seither gesehen. Ich bin zu alt für so etwas, Magnus. Das Mädchen konnte sich nicht eingewöhnen. Sie trauert, und sie wollte weg. Laß sie laufen. Vielleicht kommt sie von selber wieder.«
    Magnus hatte gute Lust, die Alte zu schlagen. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging zu Hollvard, dem alten Mann, der die Palisadentore von Malek seit zwei Jahrzehnten bewachte.
    »Ja, Magnus, ich habe gesehen, wie

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