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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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funkelten vor Vergnügen, das Blau so strahlend, daß sie den Blick nicht wenden konnte.
    »Ich habe noch nie ein Kind gehabt.«
    Sie klang so hilflos und furchtsam und seltsam verloren.
    »Nur Lotti. Sie war mein Kind.«
    »Zarabeth, wir werden Lotti nie vergessen. Ihr Platz bleibt in unserem Herzen. Sie war ein besonderer Mensch, und wir werden sie nie vergessen. Sie wird immer bei uns bleiben.« Er holte tief Luft. »Ich kann nicht mit Sicherheit davon ausgehen, daß Egill noch am Leben ist. Ich wäre ein Narr zu versprechen, daß wir ihn finden und zurückbringen. Wenn er wie Lotti gestorben ist, werden beide Kinder in unserem Herzen bleiben. Dieses Kind . . . Wir werden beten, daß es zu einem starken Mann heranwächst und gesund und glücklich wird wie seine Eltern.«
    Sie bettete ihre Wange an seine Brust, er legte sein Gesicht an ihren Kopf.
    »Was wird geschehen?« fragte sie mit gedämpfter Stimme.
    Magnus öffnete den Mund, als hinter ihm ein wütendes Gebrüll laut wurde. Er fuhr herum, hielt Zarabeth an sich gedrückt und sah, wie Ragnar versuchte, auf die Beine zu kommen. Eldrid versuchte, ihn auf das Lager zu drücken. Doch er brüllte und fluchte und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. Er stieß Eldrid unsanft von sich, richtete sich auf und stand auf schwankenden Beinen.

26
    Zarabeth konnte Ragnars Schmerzen nicht ertragen. Hätte sie Ingunns Hals zwischen den Fingern gehabt, hätte sie mit Sicherheit so lange zugedrückt, bis alles Leben aus ihr gewichen wäre. Ragnar schlotterte vor Schmerz und Wut darüber, was Ingunn ihm, was sie Magnus und Malek angetan hatte.
    »Orm hat mir den Schwerthieb versetzt«, wiederholte er ein ums andere Mal. »Sie hat zugesehen. Sie stand neben ihm und hat zugeschaut. Sie sagte ihm, daß ich sie geprügelt habe. Geprügelt, Magnus!« Ragnar hielt keuchend inne, sein Gesicht war grau vor Schmerz und schweißnaß. »Sie sagte ihm, er solle mich nicht töten, ich verdiente es, lange zu leiden dafür, was ich ihr angetan habe. Ich solle mein weiteres Leben als elender Krüppel zubringen.«
    Eldrid versuchte, ihn zu beschwichtigen; ihre Hand tätschelte seinen Arm. Er wischte sie ungeduldig weg.
    »Leg dich hin, Ragnar«, befahl Magnus, wartete die Antwort des Freundes jedoch nicht ab. Er hob ihn einfach von den Füßen und legte ihn flach auf den Rücken. »Nun bleibst du liegen. Was hast du vor? Willst du Orm verfolgen? In deinem Zustand? Spar dir deine Wut auf oder benutze sie, um gesund zu werden. Wir brechen alle bald auf, und du wirst dabei sein. Nein, Ragnar, zügle deinen Zorn, und gehorche Eldrid. Keiner von uns möchte dich unter der Erde haben. Am wenigsten ich.«
    Zufrieden, daß sein Freund endlich wieder Frieden gab, wandte Magnus sich an seine Frau. »Wie fühlst du dich?«
    Sie fühlte sich schwach und schwindlig, und ihr Magen drohte sich umzudrehen. »Mir gehts gut«, sagte sie mit einem tapferen Lächeln. Magnus schüttelte den Kopf und nahm sie in die Arme. »Ihr beide ruht euch aus. Ich denke, Ragnar wird früher wieder auf den Beinen sein als du. Nein! Ruhig, Zarabeth. Ich möchte dich gesund und guter Dinge sehen.«
    Mit diesen Worten packte er sie in ein paar Decken und legte sie unter einen Baum. In wenigen Minuten war sie eingeschlafen.
    Es war wirklich merkwürdig, dachte Zarabeth später, die Sklavenhütte war als einzige von den Flammen verschont geblieben. Harald schickte weitere Männer von seinem Hof herüber, und die Aufbauarbeiten begannen. Es war ein langsamer Prozeß, weil aus den rauchenden Holztrümmern gelegentlich noch die Flammen hochschlugen.
    Das Geräusch fallender Bäume war ihr mittlerweile vertraut. Das entrindete, saftige Holz roch würzig nach frischem Harz. Für die Dachbalken konnte nur Eiche verwendet werden, und da es nur wenige Eichen gab, dauerte es eine Zeit, bis Suchtrupps die richtigen Bäume ausfindig gemacht hatten. Alles dauerte seine Zeit.
    Helgi blieb, um Zarabeth zu helfen, Essensvorbereitungen und andere häuslichen Arbeiten zu überwachen. Die Männer errichteten strohgedeckte Hütten für den Übergang. Bald würde es regnen, und die Leute brauchten einen trockenen Unterschlupf.
    Während des Wiederaufbaus zog Magnus einige Männer ab, die sich um die Fertigstellung der Reparaturarbeiten auf der Seewind kümmerten. Der Zorn rumorte in seinem Innern und wuchs jedesmal, wenn er die Zerstörung seines Hofes überblickte. Sein Großvater hatte den Namen Malek für das Gehöft ausgesucht, doch niemand

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